Herdecke. Viele Anzeigen wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Diebstahl. Polizei sieht „keinen Anpassungsbedarf“ beim Einsatzkonzept (mit Video).
Wenn die Maiwoche gefeiert wird, ist Herdecke vier Tage lang in einem „Ausnahmezustand“. Und das nicht allein, weil in der Innenstadt zahlreiche Besucherinnen und Besucher aus der gesamten Umgebung zusammenkommen und – wie in diesem Jahr – bei bestem Wetter friedlich und ausgelassen feiern (wir berichteten). Sondern auch, weil ein eigentlicher Nebenschauplatz für Unruhe sorgen kann: Auch in diesem Jahr kamen mehrere hundert Jugendliche auf dem Bleichstein zusammen, um zu feiern und zu trinken. Und auch in diesem Jahr kam es zu Raufereien und Schlägereien, wenn auch nur vereinzelt. Die Polizei spricht in ihrer Bilanz von „einer gelungenen Maiwoche“.
„Guter Einsatz“ aus polizeilicher Sicht
„Wir haben insgesamt - für die Maiwoche und am Bleichstein - 20 Strafanzeigen gefertigt“, präzisiert Polizei-Pressesprecher Christoph Neuhaus das Fazit. Körperverletzung, Sachbeschädigung, aber auch Diebstahl seien darunter gewesen. Drei Leute seien in Gewahrsam genommen worden, an den vier Tagen wurden mehr als 30 Platzverweise ausgesprochen. „Wenn man überlegt, dass wir rund 2000 Jugendliche hatten und nur drei Ingewahrsamnahmen, war das aus polizeilicher Sicht ein guter Einsatz“, erklärt Christoph Neuhaus. „Für eine Veranstaltung dieser Größe, die vier Tage lang geht, ist das eine gelungene Maiwoche, die nicht auffälliger oder unauffälliger war als andere.“ Allerdings steche der Übergriff auf den Reporter am Mittwochabend „negativ hervor“. Es liege aber eine „relative gute Beschreibung“ des vermeintlichen Täters vor. Die Ermittlungen laufen, man hoffe auf Zeugenhinweise.
Bis zu 700 Jugendliche am Bleichstein
Gerade am Mittwoch- und Freitagabend war das Gelände am Bleichstein gut besucht: „Mittwochabend waren es bis zu 450 Jugendliche, Freitag in der Spitze bis zu 700“, so der Pressesprecher. Mit 200 und bis zu 250 jungen Menschen ging es an den beiden anderen Maiwochen-Tagen deutlich ruhiger zu. Dennoch sprechen Beobachter von „unschönen Szenen“, die sich auf den Wiesen entlang der Ruhr abgespielt haben: „Viele sehr junge Jugendliche machen auf den Wiesen offenbar ihre ersten Erfahrungen mit derartig viel Alkohol, suchen gezielt Eskalation und Provokation.“ Trotz Glasverbot „deckten sich die Jugendlichen reihenweise mit ganzen Bierkästen, Bierflaschen und Hochprozentigem ein“, schildert der Beobachter, der selbst an den Abenden vor Ort war. Der Supermarkt im Mühlencenter, der zwischen Stadtfest und Bleichstein-Wiesen liegt, ist dafür eine beliebte Anlaufstelle, wie lange Schlangen an den Kassen zeigten.
Weniger Scherben auf der Wiese
„Das Glasverbot ist eine Verfügung der Stadt Herdecke“, erklärt Christoph Neuhaus. „Da war das Ordnungsamt mit starken Kräften vor Ort.“ Und auch die Polizei habe Jugendliche immer wieder darauf angesprochen. „Während der Maiwoche wurde auch auf der Wiese darauf hingewirkt, dass die Personen vorhandene Glasflaschen entsorgen“, erklärt auch Lena Siegel, Pressesprecherin der Stadt Herdecke. „Zu hundert Prozent ließe sich das Glasverbot nur mit einer Sperrung der Wiese umsetzen, was 2019 so rigoros umgesetzt wurde aber zu einer – nicht erwünschten – Verdrängung der Ansammlung an die Ruhr bzw. in die Innenstadt geführt hat.“
Nach Einschätzung des Ordnungsamts habe sich die Anzahl der mitgeführten Glasflaschen über die letzten Jahre deutlich reduziert“, so Siegel. Das bestätigt auch Christoph Neuhaus: Insgesamt habe ich noch bei keiner Herdecker Maiwoche – wie ich sie aus den letzten Jahren kenne – so wenig Scherben gesehen wie bei dieser“, sagt der Polizeihauptkommissar, der in der Vergangenheit auch selbst schon während des Herdecker Stadtfests als Einsatzabschnittsführer im Bereich Bleichsteinwiese vor Ort war. „Da war die Wiese übersät mit Glasflaschen, der ganze Sand musste gesiebt werden“, erinnert er sich. Das sei in diesem Jahr anders gewesen.
Sicherheitskonzept greift
Der Polizeipressesprecher ist sicher, dass das Sicherheitskonzept der Stadt greift. Und auch Lena Siegel macht deutlich, dass „die konsequente Bestreifung durch Polizei, Ordnungsamt und Sicherheitsdienst dazu geführt hat, dass die Ansammlung am Bleichstein weitgehend friedlich verlaufen ist.“ Eine Zusammenarbeit, die sich über die Jahre auch bewährt hat: „Die Abstimmung zwischen allen Beteiligten wie Ordnungsamt, Sicherheitsdienst, Johannitern, THW und DLRG ist sehr gut“, so Neuhaus, der den Eindruck hat, „dass die Jugendlichen auch wissen: Wir sind vor Ort. Und so lange sie friedlich feiern, dürfen sie sich auf den Bleichsteinwiesen aufhalten“, macht er deutlich. „Aber sie wissen auch: Ändert sich das, ist für sie die Feier beendet.“
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An den Abenden der Maiwoche war das spätestens gegen 1 Uhr nachts der Fall, in der Nacht von Freitag auf Samstag gegen 0.30 Uhr. Dann wurde der Bereich am Bleichstein geräumt. „Viele sind um diese Zeit aber auch schon eigenständig gegangen“, betont Neuhaus, der davon ausgeht, dass auch im nächsten Jahr auf das Einsatzkonzept zurückgegriffen werde: „Einen großen Anpassungsbedarf sehe ich da nicht.“
Sauftum statt Brauchtum? WDR berichtet von der Maiwoche
Dass die Herdecker Maiwoche sich „zu einem Magneten für junge Leute entwickelt“ habe - darüber berichtete auch die Aktuelle Stunde am 11. Mai im WDR-Fernsehen. Vom letzten Abend der 48. Stadtfestausgabe sammelt und zeigt der dreiminütige Beitrag Eindrücke und Meinungen zur Situation in der Innenstadt und vor allem auf den Bleichsteinwiesen. Das Brauchtum der Maiwoche sei „längst Sauftum“ geworden, heißt es in der Ankündigung des Moderators. Auch vom „Ballermann-Feeling“ im Ruhrgebiet wird gesprochen.
„Es eskaliert wirklich“
„Es eskaliert meiner Meinung nach wirklich“, wird auch eine Besucherin der Maiwoche zitiert. Ein junger Mann schildert eine Beobachtung von einer Person, „die in den Bach geschmissen wurde“. Und ein anderer Besucher auf der Bleichsteinwiese bestätigt, „dass doch immer wieder mal Spannungen auftreten.“ Ein anderer ist überzeugt, dass man, „wenn man alleine ist und jemanden doof anguckt, schon mal einen drüberbekommen kann.“ Das ist in ähnlicher Form Reporter Florian Fernandez passiert, der bei der Ausübung seiner Tätigkeit mit Faustschlägen attackiert wurde (wir berichteten).
„Sicherheitsfaktor relativ hoch“
Die Bilder und Interviews machen deutlich: Auf dem Nebenschauplatz des Stadtfestes treffen viele junge - teils minderjährige - und oft alkoholisierte Menschen aufeinander. Deutlich wird aber auch, dass Sanitäter, Ordnungsamt und Polizei „rund um die Uhr im Einsatz“ sind. Auch das bestätigen Stimmen von Besuchern. Eine junge Frau fühlt sich „sicher“, ein Mann beurteilt den Sicherheitsfaktor „als relativ gut. Es sind viele Polizisten und das Ordnungsamt vor Ort.“
Maiwoche: Polizei, THW und Sanitäter am Bleichstein aktiv
