Herdecke. Die Herdecker Grünen waren in dem Heim zu Gast. Die Aufregung scheint sich gelegt zu haben, sagen sie und richten einen Appell an die Politik.
Schreie kranker Bewohner sorgten im Spätsommer für große Aufregung rund um das Vitus-Heim der ESV, der vormaligen Parkanlage Nacken. Seitdem hat sich viel getan. Es gab einen „Tag der Offenen Tür“ für einen besseren Kontakt zwischen Bewohnern und Anwohnern. Verschiedene Parteien waren zu Gast in der Einrichtung, in der schwerpunktmäßig Menschen mit Chorea-Huntington und höherem Pflegebedarf leben. Und die Stadt lässt weiter prüfen, ob die Evangelische Stiftung Volmarstein die veränderte Nutzung hätte anzeigen müssen.
Zuletzt waren die Herdecker Grünen zu Gast in der Einrichtung am Millöckerweg. Ratsfrau Irmingard Schewe-Gerigk, Fraktionsvorsitzender Andreas Disselnkötter und der sachkundige Bürger im Sozialausschuss des EN-Kreises, Peter Michael Stahlberg suchten das Gespräch. Pflegedienstleiter Steffen Ziese erläuterte ihnen die besondere Herausforderung in der Betreuung der mehr als 20 an Morbus Huntington erkrankten Menschen in der Einrichtung. Er wusste zu berichten: Diese sehr seltene, unheilbar erbliche Erkrankung des Gehirns tritt meist bereits ab dem 40. Lebensjahr auf und führt nach der Störung der Muskelsteuerung schließlich zum Verlust der Hirnfunktion insgesamt. Es handelt sich um einen sehr langfristigen Prozess, so dass die Verweildauer der Erkrankten ungefähr 16 Jahre allein in der Einrichtung betrage.
Stadt schweigt zu laufendem Prüfverfahren
Die Grünen erfuhren außerdem: Wegen dieser Verweildauer besteht ein besonders enges Verhältnis zwischen Pflegenden und Bewohnerinnen und Bewohnern. Auch aus diesem Grunde sei man sehr betroffen gewesen von der heftigen Reaktion einiger Nachbarn aufgrund von entstandenen krankheitsbedingten Geräuschen, die medial sehr für Aufmerksamkeit gesorgt hätten. Vom Leiter der Einrichtung, Daniel Berenbruch, hörten die Grünen, dass man an einem guten Miteinander mit den Nachbarn interessiert sei. Es wäre aber sicherlich besser gewesen, vorab mit den umliegenden Nachbarn zu sprechen, räumt Berenbruch ein.
„Wir haben auf die Kritik reagiert“, heißt es bei der Pressestelle der ESV auf Nachfrage. „Die lautierende Bewohnerin wohnt nun in einem Zimmer, das nicht unmittelbar an die benachbarten Häuser grenzt.“ Die Maßnahme habe offenbar geholfen, denn aktuell lägen der Stiftung keine Beschwerden vor. „Aktuell liegen keine Beschwerden vor“, heißt es auch bei der Stadt. Zu den seit Monaten währenden Prüfungen will sie nichts sagen. Es handele sich um ein laufendes Verfahren. Die Redaktion hatte Fragen zur Stoßrichtung, zu rechtlichem Beistand von außen und einem Zwischenstand gestellt.
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Beim Besuch der Vitus Höhe hat Irmingard Schewe-Gerigk das Verfahren der Stadt angesprochen, mithilfe des Baurechts eine mögliche Unrechtmäßigkeit der Einrichtung festzustellen. „Diese Reaktion überrascht auch deshalb, weil die Heimaufsicht des EN-Kreises bereits beim Umzug der Spezialpflege von Volmarstein nach Herdecke bestätigt hatte, dass die Erkrankung an Chorea-Huntington als Krankheitsbild in die Altenpflege integriert sei, die auch bis dahin dort untergebracht war“, so die Grünen. Andreas Disselnkötter versprach, sich im Bauausschuss nach dem Verfahren zu erkundigen.
Fazit des Besuchs: Inzwischen schienen sich die Bewohnerinnen und Bewohner an ihre neue Umgebung gewöhnt zu haben. Aber auch die Nachbarn hätten ihren Frieden mit der neuen Situation geschlossen, so dass es nun auch die Politik akzeptieren solle.