Wetter. Für eine umfassende Sanierung müssen die Schüler für fünf Jahre in Container umziehen. Und auch die Turnhallensanierung kostet Zeit und Geld.
Mehr Licht in den Fluren, eine bessere Orientierung: Barbara Porepp sieht darin einen „deutlichen Segen für künftige Elterngenerationen.“ Die FDP-Politikerin muss es wissen, kommt sie doch direkt vom Elternsprechtag im Geschwister-Scholl-Gymnasium zur Vorstellung des Gutachtens für eine Sanierung des GSG. Um ein ganzes Bündel von Maßnahmen geht es - und eine Gesamtinvestition von weit mehr als 20 Millionen Euro.
„Man ist in diesen Sackgassen verloren“, stellt Wibke Ebert fest. Sie ist geschäftsführende Partnerin im Dortmunder Architektenbüro Lindler Lohse. 16 Köpfe zählt das Team, das sich hier auf Schulbauten spezialisiert hat. Der Vorschlag fürs Geschwister-Scholl-Gymnasium: Ausblicke schaffen, in den sonnenlichtlosen Fluren und mit leicht schräg angeordneten Wänden „spannende Flächen“ und Räume herrichten.
Völlig neue Innenräume sollen entstehen, die zu den modernen Unterrichtskonzepten passen. Klassenräume verlieren an Bedeutung, Räume und Ecken zum gemeinsamen Lernen gewinnen an Gewicht. Dazu kommt als Riesenaufgabe für den Gebäudekomplex aus dem Jahr 1976 ein zeitgemäßer Brandschutz und vor allem ein komplett neues Dach. Bei der Schule ist das nötig, bei der eingebundenen Turnhalle auch.
Risse und Blasen im Flachdach
2019 sind die Räume für die Naturwissenschaften saniert worden. Jetzt taugen sie als Vorbild für andere Schulen, berichtet Birgit Gräfen-Loer, Fachbereichsleiterin fürs Bauen bei der Stadt Wetter. Auch der Austausch der Fenster ist Jahr für Jahr vorangetrieben worden. Rund die Hälfte ist derzeit erneuert und doch in Teilen schon wieder 15 Jahre alt. Die ganz große Sanierung aber steht noch aus, selbst wenn sie in den Haushaltsplanungen der Stadt für die nächsten Jahre schon auftaucht.
In der Sprache der Verwaltung liest sich die Zustandsbeschreibung so: „Der Großteil der Bausubstanz sowie Elektrik, Lüftung und sämtliche Dachflächen stammen aus dem Ursprungsbaujahr. Insbesondere die mäßig bis nicht gedämmten Flachdächer neigen aufgrund ihres Alters zu Riss- und Blasenbildung, sind vermehrt undicht, verursachen damit Schäden in den Innenräumen und müssen zwingend saniert werden. Die Fassade besteht aus vorgehängten Waschbetonplatten, die einem unzulänglichen energetischen Standard entsprechen.“
Containeranlage für die Bauzeit
Bei einem solch grundlegenden Um- und Ausbau kann der Unterricht nicht einfach weiter laufen. Die Idee: Es gibt zwei große Bauabschnitte für die Schule und durchgehend eine Container-Anlage auf dem benachbarten Sportgelände. Während des ersten Bauabschnitts wechselt die erste Hälfte der Schülerinnen und Schüler in die Container, während des zweiten Bauabschnitts die andere Hälfte. Die Sanierung der Turnhalle könnte danach, aber auch parallel laufen.
Die Stadt Wetter steht mit dem immensen Sanierungsbedarf ihrer größten Schule nicht allein da. Bundesweit gebe es einen Sanierungsstau bei Schulen von 130 Milliarden Euro, berichtet Wibke Ebert. Bauen im Bestand sei eine Herzensangelegenheit ihres Architektenbüros, sagt sie, und stellt fest: „Deutschland ist fertig gebaut.“ In den vorhandenen Dimensionen zu erneuern sei eine große Chance, auch wenn das während der Umbauphase mehr Probleme macht als ein Neubau an einem anderen Ort und ein einfacher Umzug.
Die zwingenden Ausgaben belaufen sich allein beim Gymnasium auf über 21 Millionen Euro: 1,3 Mio. Euro davon sind für die Schadstoffsanierung angesetzt, 9 Mio. Euro für den Brandschutz und die Sanierung innen, 3 Mio. Euro Minimum fürs Dach, dazu noch einmal 8,1 Mio. Euro fürs Technische, einschließlich Verkabelung. Beim Dach ist ein Kiesdach denkbar (150.000 Euro extra) oder ein Gründach (für knapp 900.000 Euro mehr). Für die Aufarbeitung der Fassade sind 2,4 Mio. Euro eingesetzt, eine energetische Sanierung nicht eingerechnet. Eine neue Fassade vor der alten liegt, egal ob aus Holz oder aus Stahl, bei über 2,5 Mio. Euro. Hier könnten allerdings reichlich Fördermittel fließen. Bei der Turnhalle geht es mit 4,7 Mio. Euro für das Nötigste los.
Für Wolfgang Cornelsen fühlten sich die aufgelisteten Zahlen „sehr heftig“ an, allerdings sei die Grundsanierung „mehr als überfällig.“ Wäre es nicht besser, gleich alle Fenster wieder raus zu reißen, wollte er wissen. Im Grunde ja, gab Wibke Ebert zur Antwort. Die Gutachterin schlug allerdings eine Einzelfallprüfung vor. Für vier Züge und zwei weitere Klassen reicht das Raumkonzept. Karen Haltaufderheide-Uebelgünn von den Grünen fürchtete, „dass die Schule schon wieder zu klein sein könnte, wenn sie fertiggestellt ist.“
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Dazu müsste erst einmal mit dem Bau begonnen werden. Aktuell geht es um die Vorentwurfsplanung. Die genaue Planung müsste folgen. Der erste Bauabschnitt könnte dann in zwei Jahren beginnen. Fünf Jahre würde allein am Gymnasium gebaut. Zwei Jahre kommen nebenher oder anschließend bei der Turnhalle hinzu. Aktuell haben ein Gründach und eine dezentrale Lüftung gute Chancen. Zum einstimmigen Votum der beiden Fachausschüsse zählte auch eine energetische Sanierung der Außenhaut, wobei der spätere Einspareffekt bei der teuersten Lösung der größte wäre.
John Fiolka (SPD), der die Sitzung leitete, sah Wetter auch angesichts der Einigkeit aller Parteien „auf dem Weg, ein gutes Gymnasium zu bekommen.“ Wie weit die tatsächlichen Kosten über die jetzt vorgestellten Zahlen hinaus gehen werden, konnte Wibke Ebert nicht kalkulieren. Zur möglichen Baupreisentwicklung hinein bis ins nächste Jahrzehnt stellte sie fest: „In den Krisen der vergangenen Jahre haben wir gelernt: Morgen ist fast alles anders.“