Herdecke. Trotz Lockerungen zur Nutzung durch Dienstleister stehen in der Fußgängerzone Herdeckes oft Ladenlokale leer. Zwangsverwaltung installiert.
Wenn es um Probleme in der Herdecker Fußgängerzone geht, stehen meist zwei Aspekte im Vordergrund. Da wäre einerseits die Vorgabe, dass sich im Erdgeschoss der Ladenlokale nur Einzelhandelsbetriebe und keine Dienstleister ansiedeln dürfen. Das geriet kürzlich wieder in den Fokus, weil die Stadtverwaltung – wie berichtet – einem Friseur die Geschäftsgenehmigung entzog. Andererseits breitet sich schon seit vielen Jahren Unruhe aus, da vor allem im oberen Teil der Einkaufsmeile verhältnismäßig viele Leerstände ins Auge stechen.
Auf eine Belegung folgt ein Leerstand
Das lässt sich präziseren: Die dortigen Rathausarkaden sind sowohl aus der Sicht des Wirtschaftsförderungs-Amtes als auch der Werbegemeinschaft Herdecke das wohl größte Sorgenkind. Diese Geschäftszeile umfasst die Adressen Hauptstraße 39 bis 41b. Aktuelle Lage: In der unteren Zeile wechseln sich Belegung und Leerstand ab. Drei Räumlichkeiten sind momentan ungenutzt. Die scheinbar schwierige Vermietung ist bekannt, 2017 lockerten Stadtverwaltung und Politik die Vorgaben, so dass dort unterhalb des Ratssaals auch Dienstleister wie ein Friseursalon oder Nagelstudio zum Zuge kommen konnten. Das soll in der Fußgängerzone aber nicht die Regel werden oder sich gar ausbreiten.
Probleme schon lange bekannt
Zum Kernproblem: Schon in einer Analyse aus 2011 galten die Rathausarkaden als problematischer Standort. Das liege etwa am ungünstigen Zuschnitt der Geschäftsräume auf zwei Ebenen, mitunter geht es – Stichwort Barrierefreiheit – über Stufen in eine Art Keller. „Bereits seit 2011 war eine komplette Vermietung der vorhandenen Ladenlokale für eine Einzelhandelsnutzung nicht mehr beziehungsweise nur für wenige Monate möglich.“ Daher 2017 die Lockerungen bei den Genehmigungen für „nicht störende Gewerbetriebe“, obwohl es den Angaben zufolge immer wieder Anfragen gab beziehungsweise gibt.
Doch auch in den Folgejahren blieb der Durchbruch aus, bis heute stören sich Passanten am Erscheinungsbild dieser Häuserzeile mit verschiedenen Besitzern. Doch nun könnte neuer Schwung in die Vermarktung dieser offenbar problematischen Immobilie kommen, wie die Stadt Herdecke auf Anfrage mitteilt und zunächst auf Probleme eingeht: „Mit der Eigentümerin mehrerer Ladenlokale in den Rathausarkaden war die Kontaktaufnahme in den vergangenen Monaten und Jahren schwierig bis unmöglich. Mietinteressenten haben genauso wenig jemanden ans Telefon bekommen oder Antworten auf Nachrichten erhalten wie die Stadtverwaltung selbst“, so die Bestandsaufnahme.
Zwangsverwaltung angeordnet
Der neue Sachstand betrifft nun veränderte Verhältnisse: „Zwischenzeitlich wurde gerichtlich eine Zwangsverwaltung angeordnet. Die Stadt Herdecke hat deshalb die Hoffnung, dass sich dahingehend eine deutliche Verbesserung ergibt. Erste Gespräche zwischen Stadt und Zwangsverwalter haben stattgefunden und waren positiv.“ Vielleicht helfe ja auch, so ließe sich ergänzen, das aktuelle Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“, wodurch Geschäftsleute vorübergehend eine reduzierte Miete zahlen.
Optiker zwischen Hoffnung und Sorgen
Gespannt ist Imad El-Masri, wie sich seine direkte Nachbarschaft in den nächsten Monaten entwickelt. Der Inhaber des Fachgeschäfts Optik mit Stil kennt die Rathausarkaden wie kaum ein anderer. 2005 hat er mit seiner Frau Ayse das 1995 gegründete Brillenstudio übernommen. Bis 2017 befand sich der Betrieb an der Hauptstraße 39c, seither direkt daneben in Nummer 39b mit mehr Quadratmetern. Und zwar als Eigentum. „Der Umzug damals war richtig und wichtig, das haben wir durch den gestiegenen Kundenzuspruch gemerkt. Wir haben uns damals bewusst für die obere Fußgängerzone entschieden, weil das Ladenlokal genau unseren Vorstellungen entsprochen hat“, sagt der Optiker, der sich auch in der Werbegemeinschaft als Schatzmeister engagiert.
Die Gesamtsituation der Immobilie mit dem langen Säulengang bezeichnet Imad El-Masri als „schlecht und nicht förderlich. Die Leute reden über den Leerstand, das ist quasi in aller Munde. Und meistens herrscht Einigkeit, dass dies hier ein schwieriges Pflaster sei. Viele betrachten die obere Fußgängerzone eher als Durchgang und gehen mit einem anderen Ziel an den Rathausarkaden vorbei.“ Seine Frau und er wollen dem entgegenwirken, indem sie sich immer wieder um eine schöne Schaufenster-Dekoration bemühen. „Unser Geschäft lebt zudem von einer funktionierenden Mund-zu-Mund-Propaganda und guten Google-Bewertungen.“
Hintergund
Die Ladenlokale gehören privaten Eigentümern. Lediglich der Ratssaal im Obergeschoss ist im Besitz der Stadt Herdecke. Die könnte nach einem politischen Beschluss aus 2017 auch ausnahmsweise Anlagen für gesundheitliche Zwecke in der Fußgängerzone zulassen.
In den Arkaden fanden etliche Geschäftsleute eine berufliche Heimat. Alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, zumal alteingesessenen Herdeckern aus ferner Vergangenheit auch noch der Ratskeller einfallen könnte. Manch einer kennt womöglich auch noch das Reformhaus, das dort in der Hauptstraße ansässig war. In den vergangenen Jahren versuchten sich dort unter anderem mal ein Bio-Café mit entsprechendem Sortiment, ein Modegeschäft oder auch eine Physiotherapie-Praxis.
Gleichwohl würde er befürworten, wenn sich das äußere Erscheinungsbild der Arkaden verbessert. Graue Optik, schwarze Schieferplatten, massive Betonsäulen, zurückversetzte Eingänge: An der Häuserzeile aus den 1970-er Jahren scheiden sich die Geister. Den überdachten Gang vor den Ladenlokalen empfindet Imad E-Masri als recht dunkel. Generell würde eine Auffrischung oder gar Umgestaltung „schon was bringen, damit könnte man den Blick auch mehr zu den Geschäften lenken.“ Zudem wäre eine Renovierung auch ein sichtbares Zeichen für einen Aufbruch. Mitunter könne der Eindruck entstehen, dass für diese Örtlichkeit nichts getan werde.
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Der Optiker bleibt bei seiner Meinung, dass die Rathausarkaden trotz des jahrelangen Leerstands viel Potenzial für Geschäftsleute bieten. El-Masri begrüßt aber grundsätzlich die ablehnende Haltung bezüglich der Ansiedlung von Dienstleisternin der Fußgängerzone und bedauert, dass über ihm trotz möglicher Fördergelder zur Fassadengestaltung vor einiger Zeit nichts passiert sei. Von einer Eigentümerseite sei zuletzt wenig geschehen, auch das Interesse an bestehenden Mietern in seiner unmittelbaren Nachbarschaft habe sich in Grenzen gehalten. Dementsprechend habe sich in der jüngeren Vergangenheit auch wenig in Sachen Vermarktung getan. „Was da im Hintergrund läuft oder zuletzt besprochen wurde, weiß ich nicht. Ich hoffe aber, dass es besser wird.“