Herdecke. Weil er kein Händler ist, sondern Dienstleister: Salvatore Musumeci darf den Salon in Herdecke nicht mehr öffnen. Die Stadt sieht sich im Recht.

Haare schneiden ist sein Metier. Und sein Problem. Denn Salvatore Musumeci darf keine Haare schneiden, zumindest nicht da, wo er seit Anfang des Jahres sein Haarstudio hat: in der Herdecker Fußgängerzone an der Ecke von Hauptstraße und Alter Stiftsstraße. Sein Geschäft ist stillgelegt. Macht er trotzdem wieder auf, droht ihm ein Zwangsgeld von 2000 Euro – zusätzlich zu den 1500 Euro, die er jetzt schon überweisen soll. Im Betreff der Ordnungsverfügung steht als Grund dafür eine „nicht genehmigte Nutzungsänderung Ladenlokal in Frisörsalon.“

Bebauungsplan legt Nutzung fest

Ein Friseur, der nebenbei Färbemittel oder Pflegeartikel verkauft, ist etwas anderes als ein Händler von Färbemitteln oder Pflegeartikeln, der auch frisiert. Das hat Salvatore Musumeci in den letzten Wochen bitter lernen müssen. Die Ware, die er in seinem Haarstudio gegenüber von der Parfümerie Pieper verkauft, hat die Stadt jedenfalls nicht überzeugt. Sie geht davon aus, dass Musumeci doch in erster Linie sein Geld mit Frisieren und damit als Dienstleister verdient – und das darf in diesem Bereich der Herdecker Innenstadt nun mal nicht sein.

Die Stadt beruft sich dabei auf Anfrage der Redaktion zunächst einmal auf die Bebauungspläne für die Fußgängerzone. Sie regeln, „dass im Erdgeschoss nur Einzelhandelsnutzungen zulässig sind.“ Salvatore Musumeci weiß das schon länger. Ein Schaufenster hat er trotzdem nicht. Im untersten Bereich der hohen Außenfenster hat er stattdessen eine blickdichte Folie aufbringen lassen mit dem Namen seines Studios. So hält er Gaffer ab. Und: Ein bisschen „stylish“ aussehen solle es bei ihm schließlich auch, sagt er.

Kundenfreundlicher Zugang in bester Lage

Dabei war er so froh, dass er diesen Standort im unteren Bereich der Fußgängerzone gefunden hatte. Lange Jahre war er im Quartier Ruhraue, dann wechselte er ins abgelegene Gahlenfeld. Viel Kundschaft hat er dabei verloren, sagt er, auch weil eine Reihe von Treppen zu seinem Studio führten. Hier an der Gabelung zur Alten Stiftsstraße sind es nur wenige Stufen, die auch ältere Kunden überwinden müssen. Und das Studio wirkt hell und geräumig. Bloß dass die Tür im Augenblick zugeschlossen bleiben muss.

Der Logik der Stadt will Salvatore Musumeci einfach nicht folgen. Seit die Stadt die Schließung durchgesetzt hat, kann er jetzt auch seine Ware nicht mehr verkaufen, führt er an. Er sagt aber auch: „Das ist kein Laden für Verkauf allein. Ohne Haare kann ich auch keine Pflege verkaufen.“ Das Dilemma lässt sich aus seiner Sicht leicht lösen: Die Stadt müsse ihre Verfügung nur zurücknehmen und gestatten, was sie an anderer Stelle in der Fußgängerzone für alle gut sichtbar bereits zugelassen habe – etwa mit dem Beratungszentrum eines Internet-Glasfaseranbieters für Herdecke ein Stück weiter hoch an der Hauptstraße.

Für Glasfaseranbieter wird eine Ausnahme gemacht

Die Stadt bringt der Hinweis nicht in Verlegenheit. „Aufgrund der Wichtigkeit für die Versorgung der Herdecker Bevölkerung mit Glasfaseranschlüssen“ habe sie die Büronutzung für einen befristeten Zeitraum zugelassen. Und Ausnahmen von der Händlervorgabe seien durchaus zulässig. So ist auch nicht auszuschließen, dass es in dem Gebäude, das über viele Jahre Restaurants beherbergt hat, wieder ein Gastrobetrieb aufmacht. Wenn eine Einzelfallprüfung zu diesem Ergebnis kommt, so die Stadt. Für Frisör Salvatore Musumeci hat sie diese Ausnahme bisher nicht gemacht.

Der kann nicht verstehen, warum an diesem Standort wieder Handel erzwungen werden soll, obwohl sich hier in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Händlern die Klinke in die Hand gegeben haben. „Die haben alle nichts verdienen können“, fasst er die Schließungen von Bioladen oder Stoffhandel zusammen. Und er als Frisör könne sich halten und dürfe nicht frisieren, jedenfalls nicht als Haupterwerb. Einer entsprechenden Frage der Redaktion weicht die Stadt aus: Ist ihr ein weiterer Händlerniedergang oder ein Leerstand lieber als die Nutzung durch den Friseur? Antwort: „Auf Grundlage des Baurechtes wird jedes Mal eine Einzelfallentscheidung getroffen.“

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Die Härte bei Frisör Musumeci hat vermutlich diesen Hintergrund: Herdecke wünscht sich möglichst Handel für den von Autos befreiten Teil der Hauptstraße. Handel bringt Frequenz und Leben in die City. Das könnte bei einem kontaktfreudigen und bestens vernetzten Frisör doch auch so sein, gibt einer seiner Stammkunden aus Wetter zu bedenken. Aber die erste Ausnahme macht das Verwehren der zweiten umso schwerer. In Wetter beispielsweise lagen bis vor Kurzem drei Frisörbetriebe an der zentralen Kaiserstraße dicht beieinander. Vermutlich nicht das, was sich Politik und Verwaltung in Herdecke unter einer lebenigen Innenstadt vorstellen.