Herdecke. Fast sieht es normal aus im Café Wenning in Herdecke. Aber es war eine harte Zeit und ist auch jetzt nicht leicht.
Mit einer ausgefallenen Idee machte Konditormeister Guido Behrens zu Beginn der Pandemie von sich reden: Er baute eine Kuchenrutsche. Und obwohl die Krise sein Café längst nicht mehr so einschränkt, wie sie dies über viele Monate getan hat, ist die Rutsche noch in Betrieb. Ein Zeichen dafür, dass längst nicht alles wieder so ist wie vorher. Guido Behrens erinnert sich an harte Zeiten, die er gemeinsam mit Ehefrau Claudia durchlebt hat. Aufhören? Nein, das war zu keinem Zeitpunkt eine Option.
Als Guido Behrens seine Rutsche konstruierte, waren die Mitarbeiter des Traditionscafés Wenning bereits in Kurzarbeit; die beliebten Himbeerschiffchen sowie Mohn-, Herren- und Sahne-Nuss-Torte gab es ab April 2020 nur noch am Wochenende, nachdem zwei Wochen zuvor die Türen des Cafés bewusst geschlossen blieben. „Wir mussten die Situation für uns sondieren und haben deswegen erstmal alles komplett runtergefahren“, erinnert sich der Konditormeister. Das Café blieb geschlossen, aber als Lebensmittel-produzierendes Gewerbe war der Außer-Haus-Verkauf auch in der Krise erlaubt. Um in dieser unsicheren Corona-Zeit auf Nummer sicher zu gehen, baute Behrens seine Kuchenrutsche. „Um Distanz zum Gast zu wahren, unsere Leute zu schützen und dennoch den Geld- und Warenverkehr in Schwung zu halten. Damals war das nur für vier Wochen gedacht, da sind inzwischen 14 Monate draus geworden“, sagt er und schüttelt den Kopf.
Von Mai bis Ende Oktober 2020 durften Besucher wieder vor Ort Kaffee und Kuchen genießen - dann kam der zweite Lockdown, der das Café bis vor drei Wochen erneut in die Schließung zwang. „Der Sommer zwischen den Lockdowns war der anstrengendste überhaupt“, so der Konditormeister in der Rückschau. „Platzzuweisungen, Rückverfolgungen, Hygieneleitsysteme, die einem echt alles abverlangt haben, und nicht enden wollende Diskussionen, was geht und was nicht“, zählt er auf. Und ergänzt: „Da gab es Begegnungen mit Gästen, die will man nicht mehr. Einige wollten sich nicht steuern lassen, und so gab es teilweise wirklich absurde Diskussionen. Und verletzende Äußerungen, auch meinen Mitarbeitern gegenüber. Wir machen das seit über 30 Jahren, aber so was haben wir noch nicht erlebt.“ Seine Frau und er seien einiges gewohnt, „aber das hat Nerven gekostet und setzte komplett neue Maßstäbe“. Irgendwann sei dann tatsächlich mal die Frage aufgetaucht, ob Aufwand und Ertrag noch in vernünftiger Relation stünden „Es war nicht so“, resümiert Behrens, „aber wir haben trotzdem weitergemacht. Was wäre denn die Alternative gewesen? Alles runterfahren und schauen, was Vater Staat für uns tut?“
Kunden bei Kaffee und Kuchen
Seit drei Wochen dürfen Besucher nun wieder Platz nehmen – nachdem sie vom Personal an einen Tisch begleitet wurden. Das komplette Team ist jetzt wieder am Start. Es besteht aus 15 Fest- und Teilzeitangestellten plus Aushilfen. Alles musste aufgebaut und eingekauft werden; noch gelten die Abstandsregeln, und so benötigt das Betreiber-Paar Behrens auch noch deutlich mehr Personal als zuvor. „Das Geld, was wir vorher nicht verdient haben, das geben wir jetzt noch mal aus und gucken, dass wir es umsetzen“, sagt Guido Behrens und schmunzelt; denn er weiß: „Von der Normalität sind wir noch weit entfernt, auch wenn es bei uns voll aussieht.“ Es sehe von außen nach irre viel Kunden aus, aber er biete auch eine große Tortenauswahl. „Die Leute dürfen nur zu zweit ins Geschäft, suchen aus, und das dauert. Deswegen habe ich ja auch den Pavillon aufgebaut, damit die Leute beim Warten nicht im Regen stehen. Abstandshalter, Pavillons, Seile und mehr ergänzen das Corona-Schutz-Sortiment.
Noch einmal blickt Guido Behrens gedanklich zurück und sagt: „Nackenschläge gibt es immer. Das war jetzt einer, der ein bisschen mehr weh getan hat.“ Dann lenkt er den Blick auf seine Kunden, die draußen und auch drinnen an den Tischen sitzen und bei offensichtlich angeregten Gesprächen Kaffee und Torte genießen: „Die Leute sind glücklich, ich weiß, auch wenn man nach wie vor aufpassen muss.“