Wetter. Von Tragehilfen bis Ölspuren: Feuerwehr Wetter fordert bei Jahresdienstbesprechung ein Überdenken der Einsatzgründe und Bürokratieabbau.

Sie sind da, wenn es brennt. Das ist ihre Aufgabe, zu der sie sich freiwillig und ehrenamtlich gemeldet haben. Doch gehören die Einsätze, die die freiwillige Feuerwehr heutzutage fährt, wirklich in ihren Aufgabenbereich, oder werden sie nur gerufen, weil es einfach und kostengünstig ist? Diese Frage stellte Wehrleiter Ralf Tonetti am Freitagabend bei der Jahresdienstbesprechung der freiwilligen Feuerwehr Wetter auch an die anwesenden Vertreter der Politik und Verwaltung.

Ehrungen, Beförderungen, Einsetzungen

Bei der Jahresdienstbesprechung gab es folgende Personalien: Jubiläum Peter Rose (50 Jahre bei der LE Alt Wetter/Ehrenabteilung); Pascal Stederoth (LE Alt-Wetter) und Leon Nimsch (LE Volmarstein) wurden zu Brandmeistern befördert. Entlassen wurden Peter Wösthoff (Einheitsführer Esborn), Nick Friedel (stellvertretender Einheitsführer Esborn) und Patric Poblotzki (stellvertretender Einheitsführer Alt-Wetter). Eingesetzt wurden Nick Friedel (Einheitsführer Esborn), Peter Wösthoff (stellvertretender Einheitsführer Esborn) und Ina Langenbach (stellvertretende Einheitsführerin Alt-Wetter). Aus der Jugendfeuerwehr wurde zudem Tim Lohmann in die Löscheinheit Alt-Wetter übernommen.

Vergleich über zehn Jahre

Es ist die Rede von Feuerwehrchef Ralf Tonetti zum Abschluss des offiziellen Teils der Veranstaltung, der aufhorchen lässt. Seit zehn Jahren ist er im Amt. Ein guter Zeitpunkt, um Vergleiche zu ziehen. „2013 hat die Feuerwehr Wetter 290 Einsätze gefahren. 2023 waren es 435, das sind 145 Einsätze mehr“, erklärt er, bevor er einen genaueren Einblick in das Zahlenwerk gibt. 57 Tragehilfen, 53 Personen hinter verschlossener Tür und 29 Ölspuren waren 2023 unter den Einsätzen. Das bedeute, so Tonetti, dass ein Großteil der Einsätze, die im Vergleich zu 2013 zusätzlich gefahren werden mussten, aus Reinigen der Straße, Tragen von Patienten und Öffnen von Türen bestand, die aus dem Ehrenamt gestemmt werden.

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„Wie erkläre ich das den Arbeitgebern?“

„Hier muss man mal hinterfragen, ob das wirklich Aufgaben der Feuerwehr sind oder diese nur an die Feuerwehr gehen, weil es doch so einfach ist. Straßen NRW hat keinen Bereitschaftsdienst, das ist zu teuer, die lassen das von uns machen. Der gewerbliche Krankentransport lässt Freiwillige der Feuerwehr kommen, um ihren Job zu machen. Wie erkläre ich das den Arbeitgebern? Dass sie mich freistellen sollen, um die Straße zu fegen?“, fragt Tonetti. Damit spricht er auch einen Aspekt an, der zuvor schon bei Bürgermeister Frank Hasenberg angeklungen war. Der Dank an die Arbeitgeber, die die freiwilligen Einsatzkräfte für ihren Dienst von der Arbeit freistellen. Das betrifft in Wetter immerhin 152 aktive Kameradinnen und Kameraden. „Aber auch der Bürger sollte wieder zur Selbsthilfe fähig werden und bei verschiedenen Sachen erst überlegen, ob er das Problem nicht auch selbst lösen kann, wie zum Beispiel den kleinen Ast von der Straße räumen oder den Haupthahn abdrehen, damit kein Wasser mehr läuft. Auch ist die Feuerwehr nicht der verlängerte Arm der Justiz, um dem Nachbarn zu zeigen, dass er kein Gartenfeuer machen darf“, so Tonetti weiter.

Peter Rose ist seit 50 Jahren bei der Feuerwehr. Dafür erhält er die Urkunde und die Ehrennadel mit den Glückwünschen und Dank von Bürgermeister Frank Hasenberg. 
Peter Rose ist seit 50 Jahren bei der Feuerwehr. Dafür erhält er die Urkunde und die Ehrennadel mit den Glückwünschen und Dank von Bürgermeister Frank Hasenberg.  © WP | Yvonne Held

Bürokratie nimmt weiter zu

Ein weiterer Kritikpunkt Tonettis ging erneut in Richtung Politik. Denn auch vor zehn Jahren schon hatte er den hohen Aufwand der Bürokratie bemängelt. Seitdem hat sich einiges verändert, jedoch nicht zum Besseren. Im Gegenteil: Immer mehr Statistiken, Analysen, Beurteilungen und Auswertungen müssten erstellt werden. „Ich habe die Frage gestellt, wo denn die Statistiken und Auswertungen sind, die uns mal sagen, wie viele Unfälle oder sogar Tote durch diesen immens hohen Aufwand verhindert werden konnten, wie viele Personen nicht gerettet wurden, weil die Feuerwehr 15 Sekunden später kam oder einer zu wenig waren. Leider habe ich auf diese Frage bis heute keine Antwort bekommen“, so Tonetti. „Es kann nicht sein, dass ein freiwilliger Einheitsführer die Hälfte seiner Zeit zum Schreiben von Nachweisen, Teilnehmerlisten, Genehmigungen und Einsatzberichten verwendet, damit dann die Wehrleitung diese Berichte zusammenfasst und auswertet, um diese an anderen Stellen zu melden, damit ein Nachweis im Falle eines Falls erbracht ist. Das erinnert an Asterix und Obelix ,Passierschein A38 aus dem Haus der Verrückten´“, meint der Wehrführer. Er habe in der Vergangenheit mehrfach im Landtag genau zu diesem Thema gemeinsam mit anderen Organisationen vorgesprochen. Das Resultat: Immer wieder wurde versprochen, die Bürokratie abzubauen. „Liebe Politiker, lassen Sie es mich wissen, wenn es losgeht, damit ich es nicht verpasse“, bittet Ralf Tonetti sarkastisch.

Eigentlich sollte Thomas Schuckert schon 2023 als stellvertretender Feuerwehrchef verabschiedet werden, doch das musste aus gesundheitlichen Gründen verschoben werden. Dieses Jahr ist es soweit und sichtlich angefasst, bedankt und verabschiedet sich Wehrleiter Ralf Tonetti (links) von seinem ehemaligen Stellvertreter Thomas Schuckert (rechts). Dank kommt auch von Bürgermeister Frank Hasenberg (Mitte). 
Eigentlich sollte Thomas Schuckert schon 2023 als stellvertretender Feuerwehrchef verabschiedet werden, doch das musste aus gesundheitlichen Gründen verschoben werden. Dieses Jahr ist es soweit und sichtlich angefasst, bedankt und verabschiedet sich Wehrleiter Ralf Tonetti (links) von seinem ehemaligen Stellvertreter Thomas Schuckert (rechts). Dank kommt auch von Bürgermeister Frank Hasenberg (Mitte).  © WP | Yvonne Held

Flexible Ausbildung

Ein weiteres Anliegen hat der Feuerwehrchef zudem, dass ebenfalls nicht nur die Blauröcke betrifft. Um das Ehrenamt zukunftssicher aufzustellen, müsse gewährleistet werden, dass Ausbildungszeiten flexibler gestaltet werden können, um einen Einstieg und die Weiterbildung auch neben Schule, Ausbildung, Studium und Job Platz zu ermöglichen. Es fehle eine Kinderbetreuung ohne große Bürokratie. Sonderleistungen, wie sie in der Arbeitswelt inzwischen Standard seien, wie Jobrad oder Bahncard, seien wünschenswert.