Herdecke. Bürger kämpfen für ihre Bücherei. Die Politik zeigt sich verständnisvoll, in der Sache aber unnachgiebig. Diese Positionen treffen aufeinander.
Im Dezember hat der Rat mit großer Mehrheit die Schließung der städtischen Bücherei in Herdecke beschlossen. „Es gab eine Menge Wirbel nach der Entscheidung“, hat jetzt Andreas Disselnkötter, Fraktionssprecher der Grünen, im Hauptausschuss festgestellt. Der Ausschuss musste sich noch einmal mit der Bücherei-Schließung beschäftigen. Vier Ehepaare hatten in einer gemeinsamen Eingabe gefordert, der Rat solle seinen Schließungsbeschluss zurücknehmen.
Disselnkötter sprach auch von dem vernommenen Vorwurf, dass die Stadtbücherei im Vorfeld der Entscheidung systematisch kleingehalten worden sei und von der „großen Sorge über das künftige Bücherangebot in Herdecke.“ Erweichen ließ er sich dadurch aber nicht: Die Vorschläge der Verwaltung als Alternative zum bisherigen Angebot seien gut. Besonders aus finanziellen Erwägungen „bleibt uns nichts anderes übrig, als an dem Beschluss festzuhalten.“
Fake-News: Gefährdete Gruppen nicht in Bücherei
Die Büchereiretter hatten ihren Eingabebrief nicht nur an die Verwaltung geschickt. Einer der Empfänger war auch Harald Müller, Fraktionsvorsitzender der CDU. Er berichtete von Gesprächen mit den Antragstellern und davon, dass sich für Fördermittel leider keine Chancen abzeichnen würden. „Wir haben als Politik ganz viel versucht“, versicherte Müller. Aber die Nutzungszahlen sprächen ihre eigene Sprache.
Wilhelm Huck (FDP) ließ sich auf die Argumentation der Bücherei-Retter ein, die angesichts der zunehmenden Gefahr von Fake-News die Wichtigkeit einer kritischen Lesefähigkeit herausgestellt hatten. „Ich bin 100 Prozent dieser Meinung“, erklärte Huck, fuhr dann aber fort: „Durch die Bücherei erreichen wir die Menschen aber nicht, die diesen Gefahren besonders ausgesetzt sind – die jugendlichen Nutzer.“ Folglich sei der Beschluss richtig, die Bücherei auslaufen zu lassen.
Stadt: Mehr Einsparung ist nicht möglich
Bei der Bücherei fallen hauptsächlich Personal- und Mietkosten an. Eine von zwei Mitarbeitenden ist mittlerweile im Ruhestand. Die Öffnungszeiten wurden verkürzt. Fazit der Verwaltung: Weitere Einsparungen sind nicht mehr möglich, wenn die Bücherei offen gehalten werden soll. Dagegen spreche ein hoher Investitionsbedarf beim Gebäude ebenso wie beim Personal. Einen sechsstelligen Betrag werde das kosten und das für eine Leistung, zu der die Stadt Herdecke nicht verpflichtet sei. Zudem fehlten Nutzer im Alter zwischen sechs und 60 Jahren. Die Stadt will nun verstärkt mit den Schulen und der Evangelischen Bücherei kooperieren.
Aus Sicht der vier Paare, die mit ihrer Eingabe die Bücherei noch einmal zum Thema gemacht haben, sind längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, bei Privatpersonen oder Stiftungen Unterstützung für eine städtische Bücherei zu finden. So war es auch aus Leserbriefen an die Redaktion herauszulesen. Am Ende blieb es aber bei der großen Schließungsmehrheit vom letzten Jahr. Dagegen stellten sich im für Eingaben zuständigen Hauptausschuss nur die Vertreter von AfD, die Linke und der PARTEI.