Herdecke. 60 Menschen sollen am Weg zum Poethen unterkommen. Bis die erste Flüchtlingsfamilien hier einzieht, gibt es noch viel zu tun.
Ein Container für den Grünschnitt, ein weiterer für Bauschutt: Auf dem Gelände am Weg zum Poethen wird gerade klar Schiff gemacht. Rund 60 Menschen auf der Flucht sollen hier unterkommen. Vornehmlich Familien. Die ersten der insgesamt 13 Wohnungen hat der Vermieter bereits übergeben. Bezogen werden können sie noch nicht. Die Stadtverwaltung muss noch Küchen und Schränke ordern. Ganz so schnell wird das neue Quartier am Abzweig vom Kirchender Dorfweg auch nicht gebraucht.
Neue Namensschilder an den Eingängen zählen die Wohnungen durch. Auf sechs Gebäudeteile insgesamt sind sie verteilt. Die Hausnummer 5, 7a, b, c und 7 bezeichnen die einzelnen Häuser, die teils freistehen oder miteinander verzahnt sind. Fast alle Wohnungen haben schon eine Zeit leergestanden. Der vorige Besitzer habe über Monate versucht, das Anwesen mit Hof zu verkaufen. Der neue Besitzer vermietet seit Dezember an die Stadt Herdecke. Laufzeit des Vertrages: 15 Jahre.
Wohnraum in der Stadt ist knapp
„Weil wir nicht wissen, was kommt“, erklärt Bettina Bothe, städtische Beigeordnete fürs Soziales, die lange Laufzeit. Neue Krisen auf der Welt hätten dafür gesorgt, dass die Wellen mit Menschen auf der Flucht immer kürzer aufeinander gefolgt wären. Eine Konsequenz für Herdecke: „Wir haben so gut wie keinen Wohnraum mehr“, stellt Kerstin Jakob, Leiterin des Sozialamtes, fest. Zuletzt waren es Menschen aus der Ukraine, die vor Krieg und Zerstörung nach Deutschland geflohen sind. Aktuell kommen wieder mehr Flüchtlinge aus Syrien und anderen arabischen Regionen.
In 15 Jahren kann viel passieren. Die Zahl der Flüchtlinge in der Stadt muss nicht auf dem jetzigen Niveau bleiben, damit sich der langfristige Mietvertrag auszahlt: Die Wohncontainer, die aktuell am Ahlenberg und am Kalkheck doppelstöckig stehen, sind teuer. Ihre Verträge müssen immer wieder verlängert werden. Auch die angemieteten Wohnungen Am Bremmen stehen nicht unbefristet zur Verfügung. Die 60 Plätze am Weg zum Poethen dürften sich also auf absehbare Zeit belegen lassen. Aktuell sollen sie ausschließlich von Familien genutzt werden.
Der Zuschnitt der Wohnungen und die Anordnung der Gebäude bietet sich dafür an. Für die Kleinfamilie mit einem Kind gibt es genau so etwas Passendes wie für die Großfamilie mit fünf oder sechs Kindern und der Großmutter in Begleitung. Die einzelnen Gebäuderiegel bilden einen Hof, der zu Treffen oder zum gemeinsamen Spiel einlädt und gleichzeitig etwas Schutz gewährt. Umsiedelungen soll es nicht geben. Die Stadt Herdecke geht davon aus, dass bei den Zuweisungen viele Familien dabei sein werden.
Hausmeister als Ansprechpartner
Für alleinstehende Männer gibt es andere Unterkünfte in der Stadt. Und für unbegleitete Jugendliche gilt sowieso ein anderes Verfahren: Sie müssen in Einrichtungen mit entsprechender Betreuung untergebracht sein. Das kann für Teenies, die aus der Heimat geflohen und Herdecke zugewiesen worden sind, durchaus zu Quartieren außerhalb von Herdecke führen. Aktuell kommen wenig neue Flüchtlinge. Im April aber, wenn das Wetter wieder offener wird, rechnen Kerstin Jakob und Bettina Bothe mit neuen Zuweisungen.
Ein Hausmeister wird am Weg zum Poethen dafür sorgen, dass immer ein Ansprechpartner vor Ort ist „und nichts aus dem Ruder läuft“, sagt Kerstin Jakob. Seit ein paar Wochen ist bekannt, dass Herdecke diese neue, größeres Quartier für geflüchtete Menschen bekommt. Stadt und der neue Vermieter seien mit Infos auf die Nachbarn zugegangen, so Bettina Bothe. Klar gebe es Nachfragen, aber Ängste wegen der Flüchtlinge seien nicht hochgekocht. Sie sei froh, „dass die Herdecker der Situation immer noch so offen gegenüberstehen.“