Wetter. Zu schnell durch Engstellen: Seit der Großbaustelle am zentralen Kreisel fahren immer mehr Leute in Wetter am Getränkemarkt vorbei ins Schöntal.

Seit Dezember 2022 dominiert eine Großbaustelle Alt-Wetter. Die Erneuerung der Bahnbrücke unter dem Kreisverkehr an der Friedrich-, Ruhr- und Kaiserstraße hat sich in vielfacher Hinsicht ausgewirkt. Beispielsweise hinsichtlich der Umleitungen. An die haben sich alle gewöhnen müssen. Doch eine Episode hat erst in der vergangenen Woche öffentliches Interesse geweckt, und zwar durch einen Unfall. Wie berichtet, sind auf dem Weg zu einem Getränkemarkt im Schöntal zwei Autos zusammengestoßen. Vertreter von ortsansässigen Firmen berichten, dass das auf dieser Abkürzungsstrecke quasi nur eine Frage der Zeit war.

Lkw-Verbot und Tempo 20

Es handelt sich um einen Verbindungsweg zwischen der Ruhr- und Wasserstraße. Die obere Einfahrt nahe der Bahngleise wirkt wie ein Abbiegen auf ein Privatgrundstück. Zwei Lkw-Verbotsschilder weisen darauf hin, dass hier bis zum Ende am Wertstoffland des Stadtbetriebs Wetter nur Autos und kleine Transporter herfahren dürfen. Und das mit höchstens 20 km/h, wie eine weitere Tafel nach wenigen Metern anzeigt. Daran halten sich einige nicht, wie eine Stichprobe der Lokalredaktion am Dienstagmittag ergab. Zu der Zeit kam es auch immer wieder zu einem Begegnungsverkehr.

Vorbei an Parkplätzen

Das ist insofern erwähnenswert, als es dort im Umfeld von verschiedenen Parkplätzen Engstellen und keinen Bürgersteig gibt. Mitunter laufen aber Personen über diese inoffizielle Abkürzungsstrecke, über die ortskundige Autofahrer Zeit sparen können. Die eigentlich vorgesehene Route führt weiter die Ruhrstraße hinunter und am Demag-Werk vorbei bis zur Overwegbrücke, ehe es dann links in die langgezogene Wasserstraße geht. Der Unterschied: Der offizielle Weg ist knapp einen Kilometer lang, die kürzere Variante rund 400 Meter. Weiterer Unterschied: Wer am Getränkemarkt entlang rollt, muss keine Ampeln beachten.

An dem Verbindungsweg hoch zur Ruhrstraße ist neben Parkbuchten kein Platz für einen Begegnungsverkehr.
An dem Verbindungsweg hoch zur Ruhrstraße ist neben Parkbuchten kein Platz für einen Begegnungsverkehr. © WP | Steffen Gerber

Zurück zum Unfall. „Tatsächlich ist jetzt das passiert, von dem alle Beteiligten erwartet haben, dass es passieren wird, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden“, sagt auf Anfrage Patrick Zengerling. Der Prokurist und Finanz-Leiter bei AVU-Gewerberaum, die im Schöntal die großen Hallen verwaltet, hatte im Gespräch mit weiteren Beteiligten bereits im vergangenen Jahr auf die Verkehrsgefahren hingewiesen. „Wir sind – und waren es auch schon vor dem Unfall – im regen Austausch mit der Stadt und der Polizei.“

Maßnahmen geplant

Zengerling erklärt, dass AVU-Gewerberaum sich Maßnahmen wie eine Temposchwelle, neue Beschilderung oder Fahrbahneingrenzung durch Steinpoller überlegt habe. „Die befinden sich in der Umsetzung. Tatsache ist, dass ein Teil der Mieter mit dem Wunsch an uns herangetreten ist, gemeinsam mögliche Lösungen zu erarbeiten. Inwieweit die neuesten Ereignisse Tempo in die Diskussion mit der Stadt und der Feuerwehr bringen, bleibt abzuwarten. Wir werden von unserer Seite aus auf jeden Fall erneut den Kontakt suchen.“

Die Sicht der Polizei

Bei der Polizei kann er sich ein Vorsprechen gewissermaßen sparen. Aus der Pressestelle der Behörde des Ennepe-Ruhr-Kreises heißt es, dass die zuständigen Stellen vor knapp drei Wochen durch einen Anlieger im Rahmen eines Ortstermines von der Situation erfuhren.

Auf dem Verbindungsweg zwischen Ruhr- und Wasserstraße darf niemand schnell fahren, manche tun es doch.
Auf dem Verbindungsweg zwischen Ruhr- und Wasserstraße darf niemand schnell fahren, manche tun es doch. © WP | Steffen Gerber

Außerdem heißt es: „Die Verbindung zwischen Ruhr- und Wasserstraße existiert schon seit mehreren Jahren, aber das Verkehrsaufkommen hat sicher durch die umfangreichen Baumaßnahmen im Umfeld deutlich zugenommen. Bei der gesamten Strecke zwischen Ruhrstraße und Wasserstraße handelt es sich eigentlich um ein Firmengelände, auf dem teilweise ein Fahrbahnverlauf markiert wurde“, teilt Sprecherin Jennifer Boeke auf Anfrage mit.

Meinung von Ortsansässigen

Das Fitnessstudio FSW befindet sich zwischen dem Getränkehandel TrinkGut und der Firma TQ-Systems, dessen Werksleiter Ruben Förstmann die Situation zwischen Ruhr- und Wasserstraße „seit langem mit großer Sorge beobachtet.“ Er fordert: „Hier muss dringend etwas passieren, denn ansonsten drohen angesichts der gefahrenen Geschwindigkeiten noch ernstere Personenschäden. Das Gelände ist für Fahrzeugverkehr in der Frequenz nicht ausgelegt.“ Und: „Eine Sackgassenlösung wäre einfach umsetzbar und sofort wirksam.“

Aus der Sicht des Fitnessstudios hat Marina Pietruck als Leiterin von EMS Energetix eine zwiespältige Meinung zu dem Thema. Einerseits habe die erhöhte Verkehrsfrequenz dazu geführt, dass mehr Leute auf ihr Angebot und jenes von FSW aufmerksam wurden. Quasi eine ungewollte Werbemaßnahme. „Andererseits kann ich bestätigen, dass einige hier entlang rasen und Fußgänger schon sehr aufpassen müssen.“ Schon vor der Großbaustelle am Kreisel Friedrichstraße haben laut Pietruck viele die Abkürzungsstrecke genutzt. „Jetzt fällt es aber mehr auf, allein schon aufgrund der Masse.“ (gerb)

Eine Straße im Sinne der StVO ist es „sicherlich nicht. Es gibt keine Gehwege, große Parkflächen sind lediglich durch eine Markierung von der ‚Straße‘ getrennt, und andere Teile sind deutlich zu schmal, so dass kein Begegnungsverkehr möglich ist. Begrenzungszäune ragen bis unmittelbar an die Fahrbahn heran“, so die Polizei weiter.

Keine Unfallhäufung, aber höhere Gefahr

Das führt zu folgender Erkenntnis: „Die Unfallgefahr ist sicher als höher anzusehen, da es keine Trennung zwischen Fahrzeug- und Fußgängerverkehr und auch keine durchgängige Verkehrsführung gibt. Eine Unfallhäufung hat sich aber bislang nicht ergeben.“ Den Angaben der Behörde zufolge hat sich in den letzten drei Jahren dort kein meldepflichtiger Unfall ereignet. Bei dem genannten Zusammenstoß vom 6. Februar 2024 handelte es sich demnach „um einen Unfall mit Sachschaden, der nicht im ursächlichen Zusammenhang zur geschilderten Problematik steht.“

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Die Behörde im Ennepe-Ruhr-Kreis sieht daher auch keinen Grund, auf der Abkürzungsstrecke im Schöntal tätig zu werden. „Bislang liegt dieser Bereich nicht im Fokus unserer Maßnahmen, da er polizeilich völlig unauffällig ist. Ein lediglich erhöhtes Verkehrsaufkommen bedingt keine polizeilichen Maßnahmen.“ Der abschließende Satz untermauert dies: „Bislang hat es keine Gespräche zwischen der Polizei (Direktion Verkehr) und der Stadt Wetter zu dieser Thematik gegeben.“ Aus dem Rathaus stehen krankheitsbedingt Antworten auf Fragen der Lokalredaktion noch aus.