Wetter/Herdecke. „Es ist wichtig, dass jedes Kind schwimmen lernt“, sagt die DLRG und appelliert an die Eltern. Was die Grundschulen in Wetter und Herdecke sagen.

Die Zahl der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, hat sich deutschlandweit verdoppelt. Das ergab eine Studie der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) aus dem Jahr 2022. Jedes fünfte Kind im Grundschulalter kann nicht schwimmen, damit hat sich die Situation in den vergangenen Jahren stark verschlechtert. Dabei spielt auch die Pandemie eine Rolle, durch die es praktisch keinen Schwimmunterricht gab. Die Folgen sind auch in Wetter und Herdecke zu spüren.

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„Die Situation hat sich maßgeblich durch Corona verschlechtert“, sagt Bärbel Brünger, stellvertretende Vorsitzende des Bezirks Hagen/Ennepe-Ruhr der DLRG. „Zum einen, weil die Schwimmausbildungen pausieren mussten, zum anderen, weil sich insgesamt die motorischen Fähigkeiten der Kinder verschlechtert haben. Die Kinder haben dadurch Schwierigkeiten und das Schwimmenlernen dauert dementsprechend länger.“ In Wetter komme noch hinzu, dass das Hallenbad in Oberwengern lange weggefallen war, weil das Bad über 20 Monate hinweg saniert wurde. „Dadurch hat sich eine riesige Warteliste ergeben und dementsprechend gibt es einen Rückstau, was die Schwimmkurse betrifft“, erklärt Bärbel Brünger. „Aber in Wetter und in Herdecke merken wir, dass den Kommunen die Schwimmbäder am Herzen liegen und dass diese gepflegt werden.“ Das Hallenbad Bleichstein in Herdecke muss beispielsweise laut einer Meldung vom 17. Januar bis Ende der Woche wegen eines technischen Defekts geschlossen bleiben.

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Erstklässler haben schon Schwimmunterricht

Auch in der Grundschule Schraberg in Ende machen sich die Nachwirkungen der Pandemie und die langen Wartelisten für Schwimmkurse bemerkbar. „Uns ist aufgefallen, dass immer weniger Kinder zum Schulbeginn schwimmen können“, sagt Schulleiterin Sabine Jessinghaus. Die Zahlen der DLRG findet sie „unfassbar und hochdramatisch.“ An der Grundschule Schraberg versuche man, dem entgegenzuwirken: auch die Erstklässler haben schon Schwimmunterricht. „Unser Ziel ist es, keinen zu entlassen, der in der vierten Klasse nicht schwimmen kann“, erklärt die Schulleiterin Jessinghaus. „Wir haben allerdings auch das Glück, dass wir ein Schwimmbad in der Schule haben, das frisch saniert ist. Das ist natürlich Luxus pur.“

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Die Grundschule in Volmarstein beobachtet keine Defizite beim Schwimmunterricht. Eher im Gegenteil: „Wir haben nur wenige Kinder, die Angst vor Wasser haben“, sagt Schulleiterin Bianca Steinke. „Unsere Klassen sind, was das Schwimmen angeht, tatsächlich ziemlich fit. Wir geben in der zweiten und vierten Klasse Schwimmunterricht und das hat sich für uns bewährt.“ Sie gibt aber zu: „Vielleicht hängt das aber auch mit unserem Standort zusammen.“ Die Schule nutzt das Lehrschwimmbecken in Volmarstein an der Köhlerwaldstraße.

Wassergewöhnung schon ein Problem

Im gleichen Schwimmbad gibt auch die Grundschule Grundschöttel den Klassen zwei, drei und vier Schwimmunterricht. „Wir haben bezüglich der Schwimmfähigkeit der Kinder keine Probleme beobachtet“, sagt Sabine Sommerfeld. „Insgesamt haben 168 Kinder Schwimmunterricht und davon können 115 bereits schwimmen.“ Dass die Mehrheit der Kinder auch unabhängig vom Unterricht schwimmen kann, führt sie auf „engagierte Eltern“ und „private Schwimmkurse“ zurück.

An der Werner-Richard-Schule in Herdecke lernen die Kinder in der dritten und vierten Klasse schwimmen. „Wir haben beobachtet, dass die Schwimmfähigkeit der Kinder deutlich abgenommen hat“, sagt Schulleiter Matthias Wittler. Etwa 30 bis 40 Prozent der Kinder an der Grundschule könnten zu Beginn des Unterrichts noch nicht schwimmen. Er habe auch den Eindruck, dass die Zahlen dahingehend eher steigen als sinken. „Aber das war auch schon vor Corona so. Vor zehn Jahren war es eher noch die Ausnahme, aber heute sind es immer mehr Kinder, die noch kein Seepferdchen haben, wenn sie in die Grundschule kommen.“

Das Problem sei auch, dass die Kinder oft an unterschiedlichen Punkten seien, erklärt Wittler. „Manche können schon schwimmen, andere noch gar nicht und wiederum andere, haben noch gar keine Wassergewöhnung. Das ist im Unterricht dann herausfordernd, wenn ich Schwimmer und Nichtschwimmer habe und zusätzlich noch Kinder, die eigentlich noch nie im Wasser waren.“ Auch motorisch seien nicht alle Kinder auf dem gleichen Stand: „Das ist immer sehr individuell. Für manche Kinder ist Brustschwimmen motorisch eine Herausforderung.“ Trotz der unterschiedlichen Schwimmlevel der Schüler „klappt es in der Regel, dass die Kinder am Ende ihrer Grundschulzeit mindestens das Seepferdchen haben, aber das bedeutet ja an sich noch kein sicheres Schwimmen.“

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Bärbel Brünger von der DLRG sieht die ganze Entwicklung mit Besorgnis: „Schwimmen ist eine wichtige Voraussetzung im Leben, deswegen ist es wichtig, dass jedes Kind schwimmen lernt.“ Konkrete Zahlen gebe es für 2023 zwar noch nicht, „aber wir gehen davon aus, dass die Quote der Kinder, die Schwimmen können, unter 50 Prozent gefallen ist.“ Die DLRG befürworte auch, wenn Eltern neben dem Unterricht mit ihren Kindern schwimmen gingen. „Dafür müssen sie ja keine Schwimmlehrer sein. Es hilft schon in der Freizeit ins Schwimmbad zu gehen, damit sich das Kind ans Wasser gewöhnen kann.“