Herdecke. Auch nach Corona herrscht große Unbedarftheit bei der Anschaffung von Haustieren. Tierärzte helfen und geben Tipps.

Digitales Röntgen, Ultraschall oder ein eigenes Labor - was nach Humanmedizin klingt, ist die Ausstattung in der Tierarztpraxis von Dr. Silke Jaeger. Ihre Praxis steht für moderne und hochwertige Medizin, sagt sie nicht ohne Stolz. Aber eine solche Ausstattung hat ihren Preis. Womit die Tierärztin schon mitten drin ist in den Problemen ihrer Branche. Auch die Tierhalter werden diese Probleme zu spüren bekommen, ist sie überzeugt.

Die Kunden erwarten geringe Kosten, sagt die Tierärztin aus Herdecke, und vielfach werde andernorts auch nach dieser Erwartung abgerechnet. „Tiermedizin war von je her zu billig“, stellt sie fest, und blickt kritisch auf Kollegen, die die vom Gesetz geschaffenen besseren Abrechnungsmöglichkeiten nicht nutzen - auch, weil sie nicht investieren wollen.

Silke Jaeger ist 56 Jahre alt und damit ein Kind der geburtenstarken Jahrgänge. Wenn die Babyboomer mal ihre Praxen aufgeben, „droht ein ganzer Berufsstand den Bach hinunter zu gehen“, sagt sie. Heutzutage sei kaum noch jemand bereit zu investieren und eine Praxis zu leiten. Immer schwieriger werde es, Personal zu bekommen. Als Chef oder Chefin sei man wegen vieler Vorgaben „sehr stranguliert.“

Inflation schlägt durch beim Tierarztbesuch

So weit die Branche. Ihr eigener Betrieb hat sich seit den Anfängen im Dezember 2003 dennoch stetig entwickelt. Begonnen hat Silke Jaeger an der Dortmunder Landstraße. Da war es „sehr, sehr schnell viel zu klein“, sagt sie und erklärt, warum sie Am Dallberg ein Gewerbegrundstück gekauft hat. 175 Quadratmeter hat sie hier für die Behandlung von Kleintieren. Allein vier Tierärzte teilen sich die Arbeit, vier tiermedizinische Fachangestellte kommen hinzu. Eine Praxismanagerin gibt es auch.

Die Zeit ist nicht gut für das Durchsetzen höherer Gebührensätze. Silke Jaeger und ihr Team spüren, dass die Inflation ihrer Kundschaft das Geld aus der Hand nimmt. Folge: notwendige Operationen werden aufgeschoben. Und manchmal sind es finanzielle Gründe, dass nicht alle Dienste der Praxis in Anspruch genommen werden. Das gilt etwa für Untersuchungen im Vorfeld von OPs. Viele Erkrankungen seien durch Blutanalysen aufgefallen. Wer das nicht buchen möchte, muss unterschreiben, dass er diesen Teil des Risikos trägt.

Verantwortung ist vielen Tierkäufern gar nicht bewusst

Mag sich das Praxissterben bereits abzeichnen, so ist aktuell der Bedarf für Rat und Hilfe beim Tierarzt oder der Tierärztin so groß wie nie. Dafür hat auch Corona gesorgt. Silke Jaeger kennt massenhaft so genannte „Pandemiehunde“. Sie wurden angeschafft, als Corona zwischenmenschliche Kontakte eingeschränkt hat und Familien oder auch Alleinstehende auf den Hund gekommen sind. Viele Besitzer seien längst nicht mehr so glücklich, weiß Silke Jaeger. Sie kennt aber auch viele Vierbeiner, die ihr Herrchen oder Frauchen nachhaltig von sich überzeugt haben.

Nach wie vor gebe es eine große Unbedarftheit vor der Anschaffung von Haustieren. Tiere brauchen Futter und oft auch besondere Zuwendung. „Das machen sich viel zu viele Käufer gar nicht bewusst.“ Silke Jaegers Tipp: Vor der Anschaffung mit Menschen vom Fach reden. In ihrer Praxis ist das möglich. Eine Impfung oder ein Gesundheitscheck seien ja noch kalkulierbar, können Interessenten in der Beratung erfahren. Bei einem Notfall stünden aber auch schnell schon mal über 1000 Euro auf der Rechnung für die tierärztliche Behandlung. Doch dafür gebe es ja Krankenversicherungen.