Wetter. Lara Grünert radelt 6500 Kilometer von Wetter zum Nordkap in Norwegen und zurück. Die 19-Jährige erzählt von schönen Gegenden und einem Unfall.

Eine Radtour über 90 Tage, 6500 Kilometer auf zwei Reifen, all das ohne Motorunterstützung: Lara Grünert hat ein besonderes Abenteuer erlebt. Einmal hin zum Nordkap in Norwegen und zurück. Die 19-Jährige musste auf ihrer Fahrt nur einmal einen Schlauch wechseln, lernte verschiedene Menschen kennen und hatte sowohl Glück als auch Pech mit dem Wetter. „Einen einzelnen Höhepunkt gab es nicht, sondern ganz viele“, berichtet die Wetteranerin mit leuchtenden Augen.

Glück im Unglück in Schwerte

Dabei begann die dreimonatige Reise durch Skandinavien bis in den Herbst hinein äußerst unglücklich. Als Lara Grünert sich in Richtung Norden aufmachte, wollte sie einige Minuten später mit ihrem voll bepackten Rennrad Schwerte passieren. „Da hat mir ein Auto die Vorfahrt genommen. Der Unfall ging glimpflich aus, ich kam mit ein paar Kratzern und beschädigten Taschen davon. Für mich war aber klar: Ich fahre weiter.“ Das schlechte Omen sollte sich noch hierzulande verflüchtigen, da bis zum Grenzübertritt westlich von Flensburg alles gut klappte. Zum Beispiel das kostenlose Zelten in Privatgärten.

Das Rennrad von Lara Grünert: kein Gepäckträger, aber viel Gepäck.
Das Rennrad von Lara Grünert: kein Gepäckträger, aber viel Gepäck. © WP | Privat

Auch in Dänemark setzte Grünert, die in diesem Jahr das Abitur bestanden hat, ihre Strategie fort. „Ich hatte stets eine grobe Orientierung, habe aber auch spontan Wege ausgesucht.“ In Skandinavien steuerte sie oft Naturlagerplätze mit einfachen Hütten, sogenannte Shelter an. Und machte vor allem in Schweden Bekanntschaft mit Mücken. „Dagegen half ein bestimmtes Öl. Das hat ziemlich gestunken, wirkte aber.“ Oft nutzte die Wetteranerin sich bietende Möglichkeiten und sprang zur Abkühlung nach einem langen Tag auf dem Sattel in ein Gewässer.

Schönes Schweden, beeindruckendes Norwegen

Die schwedische Landschaft mit vielen Seen, Bäumen und einigen Steigungen empfand die 19-Jährige spannender als jene in Dänemark. Dort waren aber die Radwege am besten. Im flachen Finnland wiederum durchquerte sie wieder viele Waldgebiete. Auch mal in Gemeinschaft. „Oft habe ich Studenten oder andere getroffen, die fast alle älter als ich waren.“ Der Großteil ihrer Zeltplatz-Bekanntschaften kam aus Deutschland, aber auch einige aus den Beneluxländern, Spanien, der Schweiz oder Australien steuerten dann wie sie den Polarkreis an. „Ich habe sehr viele Rentiere in freier Natur gesehen und mich tagtäglich darüber gefreut, Einheimische mögen die eher nicht so.“

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Nach einer Stippvisite im finnischen Rovaniemi, bekannt als Heimatstadt des Weihnachtsmanns, erreichte Lara Grünert dann Norwegen. Außerhalb der Hauptsaison war glücklicherweise nicht mehr allzu viel los auf den Straßen. Radwege? Fast immer Fehlanzeige. Der gefürchtete Tunnel bis zum Nordkap erwies sich dagegen als nicht so schlimm. Als sie dann nach zwei anstrengenden Bergen ihr eigentliches Ziel erreicht hatte, „fühlte sich das wie an einem normalen Tag an. Ich hatte dort auch nur 30 Minuten gutes Wetter, war aber schon auch etwas stolz, dort angekommen zu sein.“

Mit der Fähre zu den Lofoten.
Mit der Fähre zu den Lofoten. © WP | Privat

Zurück ging es dann über die Lofoten, worauf sich die Wetteranerin im Vorfeld sehr gefreut hatte. Doch auch dort und entlang der schönen Fjorde ließ sich die Sonne eher selten blicken. Dennoch beeindruckte sie die Insel Senja. „Und nach Oslo – dorthin bin ich mit dem Zug gefahren – wurde es dann auch wieder sommerlicher.“ Immer wieder konnte sie Fähren nutzen, auch auf dem Weg zurück nach Schweden in den Hafen von Helsingborg. Eigentlich wollte sie im Anschluss nicht nach Kopenhagen, ließ sich aber überzeugen und äußerte sich begeistert über ihren Besuch in der bekanntesten Stadt Dänemarks. Weiter ging es dann über Arhus, ehe sie dann ein einziges Mal an einem Ort übernachtete, den sie schon auf der Hinfahrt aufgesucht hatte.

Ein typisches Bild der Reise: Lara Grünert konnte sich in Schweden, Finnland und Dänemark oft in einem See oder Gewässer abkühlen.
Ein typisches Bild der Reise: Lara Grünert konnte sich in Schweden, Finnland und Dänemark oft in einem See oder Gewässer abkühlen. © WP | Privat

Die Abenteuertage ohne Nutzung des Rennrads kann Lara Grünert an einer Hand abzählen, wobei es auch kurze Etappen über 30 Kilometer gab. Körperlich steckte sie alles gut weg. Zweimal legte Lara Grünert an einem Tag mehr als 200 Kilometer zurück. Neben einer langen Etappe in Dänemark zog sie auch auf dem letzten Teilstück hinter Bremen bis zur Heimat Wetter trotz windiger Verhältnisse voll durch.

„Viele Verrückte unterwegs“

Ihre nächste Radtour will Lara Grünert hinsichtlich Verpflegung besser planen. In Deutschland radelte sie in dieser Hinsicht recht unbedarft los, ehe sie sich ab Finnland auch Vorräte anlegte. „Logisch, wenn der nächste Supermarkt sehr weit entfernt ist.“

Finanziell ließ sich dank sparsamer Lebensweise alles ganz gut stemmen. „Norwegen war aber richtig teuer, ein Glas Blaubeermarmelade hat sieben Euro gekostet.“

Ihr modernes Rennrad habe die lange Reise gut überstanden, abgesehen von einigen Lackkratzern. Da sie kein E-Bike hat, musste sie sich auch nie um Ladevorrichtungen kümmern. Gleichwohl seien ihr viele mit Respekt begegnet, da sie alles ohne Motorunterstützung meisterte. „Unterwegs waren insgesamt aber schon recht viele verrückte Fahrradfahrer, ich gehörte auf jeden Fall zu den Jüngsten.“

All das und zum Beispiel auch die Beobachtung von Polarlichtern dokumentierte sie in einem Internet-Tagebuch auf Instagram, wobei sie auf der Rückreise weniger fotografierte. Ihr Handy und Navi am Rad erwiesen sich als wichtige Wegbegleiter („In Deutschland hatte ich längere Zeit kein Netz, in Skandinavien immer“). Ihr Fazit: „Es war traumhaft schön. Die Strecke will ich eines Tages nochmal fahren.“ 2024 zieht es Lara Grünert wohl nach Großbritannien, vielleicht nach Schottland. Natürlich mit dem Rad. Ihr neues Urlaubs-Credo: „Nie wieder ohne ...“