Wetter/Cuxhaven. Lara Grünert (19) aus Wetter will 3500 Kilometer bis tief in den Norden Norwegens radeln. Tolle Landschaften und ein Zusatzwunsch begleiten sie.

Nach dem Abitur wartet auf viele junge Leute die spannende Frage: Was nun? Auch Lara Grünert hat sich monatelang mit der Zeit nach dem Schulabschluss beschäftigt. Die 19-Jährige hat sich dann für eine ungewöhnliche Antwort entschieden: Sie will aus Wetter rund 3500 Kilometer zum Nordkap strampeln. Wobei sich im Gespräch mit ihr diese XXL-Radtour eher nach einem nachvollziehbaren Ausflug als nach einem unwägbaren Abenteuer anhört.

Die Wetteranerin hat ein prägnantes Motto für ihren mehrwöchigen Trip: „Viel sehen, wenig zahlen.“ Kürzlich startete hier in ihrer Heimatstadt die besondere Fernreise zum fast nördlichsten Punkt Europas. Radfahren habe ihr schon immer Spaß gemacht. Verstärkt habe sich das in der Corona-Zeit, da entwickelte sich ihr damals neues Rennrad zunehmend zum geschätzten Hobby. Noch eine Aussage lässt keinen Raum für weitere Fragen wie jene nach einem E-Bike: „Natürlich fahre ich ohne Motor.“

Täglich 100 Kilometer angedacht

Ihre Lust auf lange Fahrten mit zwei Reifen lebte Lara Grünert erstmals im Sommer 2022 aus. Da strampelte sie in zwei Tagen alleine nach Holland. Daraufhin entstand die Idee, das auszuweiten. Als sie dann einen Reisebericht von den Lofoten und vom berühmten Globus am Nordkap in Norwegen sah, erkundigte sie sich im Internet nach diesen Zielen. „Da hat es gewissermaßen Klick gemacht und ich wusste: Da will ich mit dem Rad hin. Ich mag auch Herausforderungen und keinen Strandurlaub.“

Die konkreten Planungen begannen dann Anfang dieses Jahres. Zugleich ging es auch darum, „die Eltern etwas zu beruhigen“. Die Schülerin schaute sich viele Videos von der Gegend und ganz Skandinavien an. Ihr war klar: „Ich möchte dort wild campen und nehme nur das Nötigste mit, man braucht bei solchen Fahrten auch recht wenig.“

Für die rund 3500 Kilometer lange Strecke plant die 19-Jährige zwischen eineinhalb und zwei Monaten ein, ehe es dann auch auf dem Rad zurück nach Wetter gehen soll. Mit einem bekannten Routenplanungssystem entwickelte sie eine Fahrstrecke, wobei ihr ein moderner Tacho bei der Navigation wichtige Dienste leisten soll. In diesen Tagen rollt Lara Grünert durch Norddeutschland, in Kürze steht Dänemark auf ihrem Fahrplan, ehe sie mit der Fähre nach Schweden übersetzen will. An der Westküste Norwegens entlang peilt die Schulabgängerin („Ich hatte Erdkunde als Abi-Fach“) dann vor ihrem Endziel noch die Lofoten an. Und vielleicht lässt sich schon auf dieser Inselgruppe ein Traum erfüllen: „Ich freue mich auf schöne Landschaften. Und wenn ich zudem noch Polarlichter sehen könnte, wäre das das i-Tüpfelchen.“

Polarlichter in der Nähe von Troms in Norwegen.
Polarlichter in der Nähe von Troms in Norwegen. © WAZ FotoPool | Joachim Kleine-B ning

Für ihre Fahrt zum Nordkap hat sich die Wetteranerin einige Gedanken zur Ausrüstung gemacht. Dazu zählen: ein großes und leicht aufzubauendes Zelt, Isomatte, Schlafsack, ein noch ungewohnter Campingkocher („Es wird wohl oft Nudeln geben“) und Klamotten für alle Wetterlagen. Alles muss sich gut am Rad befestigen lassen. Besonderheit: Lara Grünert hat keinen Gepäckträger, die Utensilien hat sie auf das gesamte Rad – ein hochwertiges Gravel-Bike mit festeren Reifen – verteilt. „Es lässt sich noch hoch heben“, berichtete sie kurz vor dem Aufbruch und ging davon aus, dass sie sich tagsüber in Bäckereien oder auch mal nur mit Riegeln verpflegt.

Rund 100 Kilometer will sie täglich zurücklegen. „Das ist auch zu schaffen, aber mal gucken, wie ich mit dem Gepäck klar komme.“ Abends will sie dann in Deutschland entweder Campingplätze ansteuern oder kostenlos in Gärten übernachten, die sie auf einer entsprechenden Internetseite fand. Hotels kommen wohl nicht infrage. Eine grobe Route habe sie vor Augen, wobei es auch Abweichungen auf dem Weg Richtung Nordeuropa geben könne. In Skandinavien selbst wolle sie meist kurzfristig entscheiden, wo sie schläft. „Diese Spontanität, genau das ist ja das Schöne. Ich lasse die Dinge einfach auf mich zukommen.“

Angst hat sie nur vor Gewittern. Ein Unwohlsein löst der Gedanke aus, dass sie mal einen Berg nicht hochkomme oder kein passabler Zeltplatz zur Verfügung stehe. „Die Vorfreude ist aber schon groß, ich bin recht entspannt“, erzählte sie am Abend vor ihrer Abfahrt, als sie sich noch mit Freunden verabredet hatte. Da verschwendete sie auch noch keinen Gedanken an einen Platten oder eine Panne. Ein Loch im Reifen könne sie reparieren, „hoffentlich muss ich das aber gar nicht. Außerdem habe ich noch ein kleines Erste-Hilfe-Set dabei.“

Vorfreude und Instagram-Kanal

Am meisten freue sie sich auf die Seen in Skandinavien, auf die Lofoten und schöne Gebiete speziell in Norwegen. Als Alternative hatte sie mal kurz wegen des ebenfalls freien Campens Schottland in Erwägung gezogen – doch das Nordkap faszinierte sie mehr. Als wichtigstes Utensil könnte sich das Handy herausstellen. Kurzerhand hat sie für die Reise auch im Internet ein Instagram-Konto eingerichtet. Unter der Kennung @luiseelara können Interessierte verfolgen, dass sie bereits den Teutoburger Wald durchquert hat und nach einem Zwischenstopp in Cuxhaven ihre Reise mit der Fähre gen Norden fortsetzte. Weitere Bilder sollen folgen.

Eventuell will sie sich bei einer entsprechenden Gelegenheit einer Gruppe anschließen. Oder auch nicht und alleine immer weiter nach Norden vordringen, „da kann ich mein eigenes Tempo fahren.“ Sie beschreibt sich selbst als nicht besonders kontaktfreudig. Abenteuer-lustig sei sie hingegen schon. Und: „Ich mache gerne was mit Action.“

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Dementsprechend fielen die Reaktionen im Vorfeld der Reise auch nicht besonders heftig oder überrascht aus. Manche aus ihrem Freundeskreis erkundigten sich nach Gepäck und Logistik, andere lobten sie angesichts dieser „coolen Idee“, die Lara Grünert selbst gar nicht einmal für so verrückt hält. Einzige Verpflichtung an jedem Tag: zuhause anrufen.

Derzeit will die 19-Jährige, die etwas Geld für die Tour gespart hat, die Unbeschwertheit genießen. Und was steht dann an? „Mal gucken, wahrscheinlich jobben.“