Wetter/Herdecke/Düsseldorf. Matthias Küstermann will nicht hinnehmen, dass sein Sohn ausgegrenzt wird, nur weil dieser ein Pflegekind ist. Jetzt findet er Mitstreiter.

Kirsten Stich war fassungslos über das, was Matthias Küstermann der Zeitung über seine Probleme als Pflegevater geschildert hatte. Als Landtagsabgeordnete hat die SPD-Politikerin den Familienvater aus Wetter jetzt zu einem „Parlamentarischen Frühstück“ eingeladen - gerade zur rechten Zeit: Der Landtag beschäftigt sich aktuell mit Gesetzesvorlagen zum Schutz von Pflegekindern.

Pflegekind als Störfaktor?

Küstermann hatte in der Zeitung und auch im Radio über Ungerechtigkeiten und Ausgrenzungen berichtet, die Pflegekinder und ihre Eltern im Alltag, in der Schule und Kita erdulden und erleiden müssen. Matthias Küstermann, selbst Vater von drei Pflegekindern, war entsetzt darüber, dass sogar Freunde sich eine Schule ganz frei von vermeintlichen Störfaktoren wie Pflegekindern wünschten. Bei der Schulanmeldung des jüngsten Pflegesohnes sah sich die Familie teils diskriminierenden, gar faschistoiden Äußerungen ausgesetzt.

Kirsten Stich spricht von Mobbing

„Das ist Mobbing!“, befand Kirsten Stich und setzte alle Hebel in Bewegung, um Matthias Küstermann Gehör im Düsseldorfer Landtag zu verschaffen. Er war nicht der einzige „Frühstücksgast“: Zum Gespräch gebeten war der Verein PAN, der Pflegefamilien und Adoptivfamilien in NRW vertritt. Kirsten Stich hatte einen Kontakt zum PAN-Vorsitzenden hergestellt. Der hatte dann den Pflegevater aus Wetter mit auf die Gästeliste gesetzt.

Zuhörer aus allen Parteien

90 Minuten hat der Austausch gedauert. „Es war sehr offen“, erinnert sich Matthias Küstermann. „Das Thema wird wahr genommen“, stellte der Wetteraner fest. Abgeordnete aller Landtagsparteien waren beim Frühstück vertreten wie auch andere Pflegeeltern, die ihre Probleme schildern konnten. Zum Teil rannten sie offene Türen ein: Einige der Zuhörer sind selbst Pflegeeltern, weiß Küstermann und nennt Lorenz Bahr, seit Juni 2022 Staatssekretär im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.

Unmissverständliches Stopp-Schild nötig

Es hat Matthias Küstermann hart getroffen, dass sein sechsjähriger Sohn nur als Pflegekind und nicht als Mensch gesehen worden ist bei der Frage nach der Einschulung. „Man darf nicht auf den Menschen zielen“, sagt er. Matthias Küstermann kommt aus einer christlichen Familie und ist selbst bei der Kirche beschäftigt. Er will zeigen, „dass die Zurücksetzung von Minderheiten, hier insbesondere von Pflegekindern, keinen Platz haben darf bei uns.“ Gesellschaft, Politik und Öffentlichkeit müssten ein unmissverständliches Stopp-Schild setzen.

Rückendeckung nimmt zu

Das scheint wiederholt der Fall gewesen zu sein, seit der Familienvater aus Wetter sich Anfang des Jahres erstmals öffentlich Luft verschafft hatte. Bürgermeister Frank Hasenberg hatte gleich reagiert, auch die grüne Landtagsabgeordnete Verena Schäffer aus Witten hat eine Rückmeldung gegeben. Herdeckes Sozialbeigeordnete Bettina Bothe hat sich der Sache der Pflegekinder und Pflegeeltern angenommen. Und auch mit der ESV konnte Küstermann sprechen, ging es doch nicht nur um die Ablehnung von Pflegekindern, sondern auch von Menschen mit Behinderungen.

Reicht es ihm, dass die Sensibilisierung der Politiker wie der Bevölkerung Fortschritte gemacht hat? Matthias Küstermann weiß, dass konkrete Aktivitäten immer wieder angeschoben werden müssen. Über den Einsatz von Kirsten Stich sagt er jedenfalls: „Sie leistet wohltuend viel.“