Herdecke. Der Markt ist leer gefegt: Für das Autohaus Möller in Herdecke wird es immer aufwändiger, Personal zu finden. Die Firmenleitung hat Ideen

Ein schneller Werkstatttermin, eine kostenlose Wagenwäsche nach einer größeren Reparatur – es sind die schönen Dinge, an die sich Kunden schnell gewöhnen. Und die plötzlich nicht mehr selbstverständlich sind. Gerade in der Werkstatt fehlt es an Mitarbeitenden. Kraftfahrzeugmechatroniker, Wagenwäscher und Werkstatthelfer sind Mangelware. Die Serviceabteilung des Autohauses bleibt besetzt, bekommt aber immer mal wieder die Verärgerung der Kunden ab.

Nach Corona hat das Autohaus Möller im Gahlenfeld den Personalmangel besonders zu spüren bekommen. „Wir sind auf Wachstumskurs – und dafür brauchen wir neue Mitarbeiter. Der Markt scheint aber leer gefegt zu sein.“ Fachkräfte bevorzugen Jobs bei Autoherstellern oder großen Zulieferern, weiß Geschäftsführer Christian Möller von Gesprächen mit Branchenkollegen bundesweit. Die Folge: „Es ist sehr schwer, Facharbeiter wie Kfz-Mechatroniker zu finden“, sagt Möller. Noch düsterer ist die Lage bei Werkstatthelfern und Fahrzeugpflegern. „Wir suchen immer auch Autowäscher, die von Hand waschen“, nennt Julia Möller ein Beispiel. Sie kümmert sich im Herdecker Autohaus ums Personal und um Azubis.

Geschäftsführer Möller: Ohne Migranten wird nichts mehr gehen

Gerade für die Anlerntätigkeiten findet sich kaum noch jemand. Nur eine von drei Aufbereiterstellen bei Möller ist gerade besetzt. Das hat auch etwas damit zu tun, dass Jugendliche Ausbildungsberufe bevorzugen, weil sich darauf besser aufbauen lässt. Also gibt es Zertifikate, die aufwerten sollen, was Aufbereiter in der Werkstatt leisten. Und auch für Azubis gibt es Lockmittel. Vier Meister im Betrieb bieten ihre Kompetenzen an, die Agentur für Arbeit fördert Nachhilfeprojekte. Manchmal fangen die bei der deutschen Sprache an. „Ohne Migranten wird in den nächsten Jahren gar nichts gehen“, ist Christian Möller überzeugt. Aktuell haben zwei der drei Azubis in der Werkstatt eine Migrationsgeschichte.

Die Werkstattberufe sind komplexer geworden. Kfz-Mechatroniker müssen die Mechanik genauso im Griff haben wie die immer ausgefeiltere Bordelektronik. Da gehen die Azubis schon mal ziemlich aufgeregt in ihre Prüfungen, weiß Julia Möller. Gute Vorbereitung, auch im Betrieb, soll ihnen helfen. Damit ist ein großer Widerspruch nur teilweise aufgelöst: „Die Anforderungen werden höher, die Qualifikation der Bewerber dagegen sinkt.“

Rechtzeitig an Service-Termine denken

Wo lange der Realschulabschluss reichte, so Julia Möller, wäre hinsichtlich der gestiegenen Anforderungen ein höherer Schulabschluss wünschenswert. Aus Mangel an Bewerbungen, aber auch aufgrund von geänderten Berufswünschen der Schulabgänger bekommen mittlerweile auch Hauptschüler einen Ausbildungsvertrag. Das Einstiegslevel ist gesenkt, das Bewerberverfahren grundlegend vereinfacht worden. Genutzt werden die Sozialen Medien, um auf die Jobs im Service und in der Werkstatt aufmerksam zu machen. Das Telefon reicht oder eine Nachricht auf WhatsApp. Viel Drumherum mit formalen Bewerbungen und schriftlichem Lebenslauf ist nicht mehr nötig, um im Gespräch zu sein für eine Beschäftigung.

Nicht nur der liebgewordene Service oben drauf bedarf größerer Anstrengungen als früher. Bemerkbar macht sich das vor allem bei der Terminabsprache. Zehn Tage oder zwei Wochen Vorlauf waren mal üblich, wenn ein Besuch in der Werkstatt planbar war. Sechs Wochen sind da mittlerweile ‘raus geworden. Damit sich der Frust der Kunden und eine Überbelastung der Fahrzeuge in Grenzen hält, gibt es bei dem Autohaus Mail-Hinweise gut zwei Monaten vor einer anstehenden Inspektion. Meist reicht das, weil die Wartungsintervalle an Zeiträume gekoppelt sind. Eng wird es höchstens bei Vielfahrern, die diese Zeitintervalle durch hohe Fahrleistungen unterschreiten. Da kann es schon mal drängender werden, dass Luftfilter oder Motoröl rechtzeitig ausgetauscht sind. Rechtzeitig an die Inspektion zu denken, kann Christian Möller da nur empfehlen, auch „wenn die Jungs in der Werkstatt kämpfen“ – so gut es geht.

Nicht alle Kunden zeigen Verständnis, die meisten aber schon, so Julia Möller. Vom Schreiner oder Zahnarzt seien die Kunden ja ebenfalls Warterei gewöhnt. Damit die Autos auch ohne ausreichend Wäscher in der Werkstatt trotzdem nicht ungewaschen bleiben, gibt’s Gutscheine für die Waschanlage.

Hilfsbereite Unternehmer

Die Not beim Autohaus wie auch bei Hanisch Sicherheit hat auch Matthias Zankl, Stadtverbandsvorsitzender der Herdecker CDA, erkannt. Nach einem Gespräch mit Christian Möller und Marco Hanisch stellt Zankl fest: „Beide Unternehmen stehen für moderne Technik und eine große Bandbreite an Berufen, für die Personal fehlt.“ Dramatisch sei die Lage mittlerweile, so der Chef beim CDU-Arbeitnehmerflügel CDA.

Im Rahmen eines Gespräches kamen die Drei auch auf das Thema Vandalismus und die defekte Nestschaukel an der Werner Richard Schule zu sprechen. Zankl: „Ich war total begeistert, wie schnell die beiden Unternehmer hier mit an Bord waren.“ Die finanzielle Situation der Stadt Herdecke sei nach wie vor angespannt, und „es tut gut zu wissen, dass es Menschen gibt die in solchen Momenten mit anpacken und für die Menschen vor Ort etwas verändern.“