Wetter/Hagen. Die angeklagte Mutter aus Wetter schweigt weiter. Dafür gab’s klare Aussagen vom psychiatrischen Sachverständigen zur Schuldfähigkeit.

„Ich habe meinem Sohn was angetan.“ Ein Satz, gefallen im Notruf, der die Ungeheuerlichkeit einer Tat auf den Punkt bringt, den gewaltsamen Tod eines kleinen Jungen, der eine ganze Stadt erschüttert. Eine Tat, zu der die angeklagte Wetteranerin (43) vor dem Schwurgericht in Hagen keine Angaben machen wird. Nun äußerte sich der psychiatrische Sachverständige zur Frage ihrer Schuldfähigkeit.

Es war einer dieser Momente, wie es sie in diesem Prozess bereits einige gab. Sekunden, die für eine Gänsehaut sorgten. Es handelte sich um den Notruf, den die 43-Jährige am frühen Morgen des 3. Februar tätigte. Der Beamte der Hagener Leitstelle brauchte einige Anläufe, um die Frau am anderen Ende zum Reden zu bringen. Mit leiser, kaum verständlicher und schwerer Stimme nannte sie ihm erst ihre Adresse und dann ihren Namen. Im Folgenden sprach sie zunächst davon, dass ihr Sohn „verunfallt“ sei und gab danach an: „Mein Sohn ist schon seit gestern Morgen tot und liegt in der Badewanne.“ Dann: „Ich habe große Angst bekommen. Ich habe, ich war schuld. Ich habe meinem Sohn was angetan. Ich habe ihm was auf den Kopf gehauen und ihn in die Badewanne gelegt.“ Sie habe auch versucht, sich selbst etwas anzutun, könne nicht laufen. Der Beamte, der bemerkenswert ruhig blieb, wollte sie daraufhin mit Kollegen vor Ort verbinden. Sie lehnte es ab und betonte: „Ich will das nicht noch einmal erzählen.“ Er kündigte an, ihr jemanden zu schicken. Sie bedankte sich.

Mutter sagt nur etwas zu ihrem Lebenslauf

Kurz darauf würden Polizisten den toten Jungen (9) und seine schwer verletzte Mutter finden. Auch sicherten sie eine Bratpfanne und Messer. An der Pfanne, die als Schlagwerkzeug in Betracht kommt, das würde eine Untersuchung im Folgenden ergeben, befanden sich DNA-Spuren des Kindes und auf dem Bett im Schlafzimmer Teile, die der Pfanne zugeordnet werden konnten.

Die Frau auf der Anklagebank, von der sich alle eine Antwort auf das Warum erhofften, wird diese nicht geben. Ihr Verteidiger Dirk Löber erklärte: „Sie fühlt sich nicht in der Lage, sich zur Tat zu äußern.“ Er sprach von fehlender Erinnerung und Verdrängungsmechanismen. Sie sei nicht in der Lage, sich mit der Tat auseinanderzusetzen. Lediglich zu ihrem Lebenslauf gab die Wetteranerin Auskunft – zu ihrer Kindheit, dem beruflichen Werdegang, ihrer Beziehung zu dem Vater des Jungen und zwei Therapien wegen einer depressiven Symptomatik.

Urteil für Freitag erwartet

Tatsächlich kam auch der psychiatrischer Sachverständige Dr. Nikolaus Grünherz zu der Annahme einer depressiven Störung und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und Borderline-Anteilen. Allerdings war es ihm besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Angeklagte seiner Überzeugung nach nicht wahnhaft gewesen sei. Auch sah er keinen Zusammenhang zwischen der Tat und einem Cannabis-Konsum. „Aus meiner Sicht hätte sie sich zu jedem Zeitpunkt auch anders entscheiden können.“ Eine Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nahm er nicht an. Somit war die Schuldfähigkeit im Moment der Tat nicht eingeschränkt und schon gar nicht aufgehoben. Und damit stand auch die Anordnung der Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik für ihn nicht zur Debatte.

Im Gespräch betont Rechtsanwalt Philippos Botsaris, der den Vater des Jungen vertritt, mit Blick auf das Gutachten: „Das ist das, was mein Mandant die ganze Zeit gesagt hat, dass er keine schwere Depression bei ihr festgestellt hat. Da sehen wir uns durch das Gutachten bestätigt.“

Was das Abspielen des Notrufs im Prozess betraf, zeigte er sich froh darüber, dass sein Mandant das nicht habe mit anhören müssen, nachdem selbst ihm als Profi das Gehörte unter die Haut gegangen sei. „Wenn man sich vorstellt, was in der Wohnung zu dem Zeitpunkt geschehen war.“

Das Verfahren wird am Freitag fortgesetzt. Geplant sind die Plädoyers und vermutlich auch die Urteilsverkündung.