Wetter. Im Krieg wurde sie zerstört. 1953 feierte Wetter die Einweihung der Overwegbrücke. Gehalten hat sie 70 Jahre. Jetzt muss sie ersetzt werden.
„Das ist Lotte Otthoff“, sagt Gerda Lamle und deutet auf die Frau ganz vorn auf dem Schwarz-Weiß-Foto, das vor ihr auf dem Tisch liegt. „Sie war Angestellte bei der Stadtverwaltung und musste bei der Einweihung der Overwegbrücke das Seil halten, das dann durchtrennt wurde. Da war ein großer Auflauf, und es gab offensichtlich viele Reden, bevor dann die Offiziellen gemeinsam über die neue Brücke marschiert sind“, so die Wetteranerin. Im Jahr 1953, also genau vor 70 Jahren, fand das Ereignis statt. Aus diesem Anlass hat Gerda Lamle Fotografien aus dem Archiv ihres verstorbenen Mannes und Fotografen Joachim Lamle herausgesucht.
Kindheitserinnerungen
Bei genauem Betrachten der historischen Fotos wird nahe der Brücke ein Fachwerkhaus sichtbar, das Ruhrschlösschen genannt wurde. „In dem Fachwerkhaus, das am Anfang der Wasserstraße stand, wohnten mehrere Mieter. Später war in dem Gebäude die erste Küche der Demag untergebracht“, weiß Gerda Lamle und ergänzt, das es sich bei einem der Redner auf den Fotos um den damaligen Bürgermeister Röntgen handele
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. Die Seniorin selbst hat noch Kindheitserinnerungen an die vorige Ruhrbrücke, die 1945 gesprengt wurde. „Ich bin im Schöntal aufgewachsen, und sonntags gingen wir oft durch die Aue am Wasserwerk vorbei bis nach Volmarstein und zurück bis zur Overwegbrücke spazieren. Aber ich war ein Faultier und bin nur mitgegangen, wenn meine Eltern mir versprachen, dass ich am Ende des Weges eine Knickerbrause bekomme.“
Und erklärt dazu: „Gegenüber vom Ruhrschlösschen stand ein Wasserhäuschen, also ein Kiosk. Und da gab es die Fläschchen, die oben mit einer Glasmurmel verschlossen waren. Die musste man reindrücken, weswegen es auch Knickerbrause hieß. Und nur deswegen bin ich überhaupt mitgegangen“, erzählt Gerda Lamle und lacht.
Komplett marode
Ganze 70 Jahre hat die Overwegbrücke nun dem Verbindungsverkehr zwischen den Ortsteilen Volmarstein und Oberwengern jenseits der Ruhr sowie Alt-Wetter diesseits der Ruhr standgehalten. Nun ist sie so marode, dass sie nicht mehr saniert werden kann und durch ein neues Brückenbauwerk ersetzt werden muss. Die massiven Schäden, die nun an der Overwegbrücke festgestellt wurden, haben weitreichende Folgen: Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen dürfen sie nicht mehr benutzen. Berührt davon sind alle Linienbusse, die nun einen Bogen über die neue Ruhrbrücke Richtung Gedern nehmen müssen. Das berührt vor allem aber den Lkw-Verkehr. Seit auch noch die direkte Verbindung nach Vorhalle abgeklemmt ist, müssen die schweren Fahrzeuge einen Riesenumweg über Herdecke in Kauf nehmen.
Plan durcheinander
Aber vielleicht kommt die neue Brücke nun doch schneller, als bisher in Aussicht gestellt. Grund sind Probleme an einer anderen Großbaustelle: das Kreuzungsbauwerk über der Bahn, das ebenfalls erneuert werden muss. Vorgesehen war, dieses in drei Abschnitte gegliederte Projekt im Jahr 2024 zu Ende zu bringen und danach mit der Overwegbrücke zu beginnen.
Doch der Zeitplan ist durcheinander geraten, so dass der Landesbetrieb Straßen NRW in Aussicht gestellt hat, vorübergehend das Kreuzungsbauwerk wieder fit zu machen und auch die Friedrichstraße nach Vorhalle wieder zu öffnen. Die Behörde hat für die Overwegbrücke einen „frühestmöglichen Beginn der Arbeiten im Blick“ und kann sich offenbar vorstellen, vor Abschluss des Neubaus Kreuzungsbauwerk mit der Overwegbrücke zu beginnen.
Sonderprüfung am 18. Juni
Übrigens: Die Regionalniederlassung Südwestfalen von Straßen NRW plant für Sonntag, 18. Juni, wieder eine Sonderprüfung an der Overwegbrücke. Dafür muss dieser Abschnitt der B 234 in Wetter von 7.30 bis 16 Uhr voll gesperrt werden. Die Sonderprüfung über der Ruhr ist, bedingt durch den baulichen Zustand des Bauwerkes, engmaschig alle sechs Wochen erforderlich. Um den Verkehrsfluss so wenig wie möglich zu belasten, sind die Sperrungen sonntags geplant.
Zur Geschichte der Brücke
1898 bis 1899 erbaut, 1945 zerstört: Am 2. April 1945, wird die Brücke zwischen 5.30 und 6 Uhr gesprengt. Dabei wird ein Pfeiler komplett zerstört und damit die unterstützenden Bögen.
Auf Befehl der englischen Militärregierung wird im Juni 1945 mit dem Wiederaufbau begonnen. Im gleichen Monat richten die Demag und die Stadt Wetter jeweils Fähren ein. Die letztere muss später ihren Betrieb wieder einstellen. Für den Wiederaufbau wird eine Pontonbrücke errichtet, die Fußgänger gegen eine Gebühr benutzen können.
Anfang 1946 wird bei einem Hochwasser der Steg weggeschwemmt, anschließend aber wieder aufgebaut. Im August 1946 stellt die Demag einen hochwassersicheren Stahlträger zur Verfügung, der den Pontonsteg ersetzt.
Mai 1951: Ein Raupenbagger wird herangezogen, um die Trümmer aus dem Ruhrbett zu entfernen, sodass der Wiederaufbau beginnen kann.
Die Brücke wurde nach dem damaligen Landeshauptmann des Provinzialverbandes Westfalen, Karl Overweg, benannt. Sie ist 8,60 m breit und hat eine Gesamtlänge von 161 Metern.