Herdecke. Verdacht auf Insolvenzverschleppung und Betrug an Convivo-Spitze: Das bringt neue Unruhe während der Übernahmephase der Herdecker Seniorenheime.
Der größte Schrecken liegt hinter den Herdeckern, als plötzlich alle Seniorenheime in der Stadt durch die Insolvenz von Convivo bedroht schienen. Nun gibt es für nahezu alle Häuser eine Lösung. Nur für das Seniorenheim in Kirchende gibt es weiter keinen Interessenten. Jetzt kommen aus Bremen, der Stadt der Convivo-Zentrale, neue Nachrichten: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen frühere Geschäftsführer der insolventen Pflegeheimgruppe. Es besteht in vier Fällen der Verdacht der Insolvenzverschleppung und in einem Fall der Verdacht des Betrugs, wie die Anklagebehörde der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage mitgeteilt habe.
Zunächst berichtet eine regionale Fernsehsendung von der finanziellen Schieflage des Konzerns, der nach eigenen Angaben zu den größten Pflegeheimbetreibern in Deutschland zählt. Schnell verbreitete sich die Nachricht auch in Herdecke, einer Stadt, in der es ausschließlich Altenheime in Regie von Convivo gab. Die Bremer hatten im Januar Insolvenzanträge für die Unternehmensgruppe gestellt. Bereits ein halbes Jahr zuvor könnte Convivo zahlungsunfähig gewesen sein, vermutet die Staatsanwaltschaft. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass bei Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag spätestens nach drei Wochen gestellt werden muss. Der Staatsanwaltschaft liegen zudem Hinweise vor, dass ein zweckgebundenes Darlehen in Höhe von zwei Millionen Euro von einem Beschuldigten nicht entsprechend verwendet worden sein könnte. Daraus ergibt sich der Verdacht des Betrugs.
Auslastung in Herdecke war gut
Die Deutsche Presse-Agentur hat frühere Geschäftsführer der Firma kontaktiert. Einer ließ mitteilen, dass er keine Kenntnisse vom Inhalt des Verfahrens habe. Er habe über seinen Anwalt Einsicht in die Akten beantragt und könne zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Angaben machen. Der Betrugsvorwurf richte sich seinem Verständnis nach nicht gegen ihn. Ein weiterer früherer Geschäftsführer ließ über seinen Anwalt mitteilen, dass er sich nicht zu dem Verfahren äußern werde. Der Anwalt wies darauf hin, dass sich der Vorwurf des Betrugs nur gegen einen Ex-Geschäftsführer richte. Zeitweilig hatte die Staatsanwaltschaft andere Angaben gemacht, diese aber berichtigt. Anfragen an weitere ehemalige Geschäftsführer blieben unbeantwortet.
Convivo betrieb nach eigenen Angaben ehemals mehr als 100 Pflegeeinrichtungen, die meisten davon im Nordwesten Deutschlands, und beschäftigte rund 4800 Mitarbeiter. Der Website nach kümmerte sich die Gruppe um mehr als 18.000 Menschen. Die Insolvenz von Convivo befeuerte eine Debatte darüber, ob sich die Pflegebranche in einer Krise befindet. Convivo sprach von einer „Strukturkrise“, gegen die sich die Firma lange gestemmt habe. Teils waren die Häuser schlecht ausgelastet, was aber nicht für Herdecke galt. Zu Buche geschlagen hätte auch teures Ersatzpersonal für ausgefallene Mitarbeiter in der Pflege.
Insolvenzverwalter unterstützt Aufklärung
Im März erklärten die Insolvenzverwalter, dass sie mit Übernahmeinteressenten über Paket- oder Einzellösungen sprächen. Für erste Einrichtungen habe es bereits Einigungen gegeben, dazu zählten auch die in Herdecke. Zu den Ermittlungen teilten die Insolvenzverwalter mit, dass staatsanwaltschaftliche Untersuchungen so gut wie bei jedem Insolvenzverfahren erfolgten. Die Aufklärungsarbeit der Ermittlungsbehörde werde vollumfänglich unterstützt, heißt es auf Nachfrage der Redaktion. „Die laufenden Insolvenzverfahren der Convivo-Gruppe werden weiter planmäßig von uns durchgeführt.“