Herdecke. Beim Tomaten-Anbauer Babkus in Herdecke öffnet der Laden. Ohne den Krieg in der Ukraine hätten Kunden schon zwei Monate früher kommen können.

Babette Seim ist voller Vorfreude. Am Abend sollen die ersten Tomaten für diese Saison geerntet werden. Das ist gerade passend für die Eröffnung des Ladens im Gewächshaus an der Wittener Landstraße. Samstag können erstmals Kunden kommen. Das ist gut zwei Monate später als sonst im Jahr. Grund: Russlands Krieg gegen die Ukraine und die in der Folge stark gestiegenen Gaspreise. Die Sonne ist billiger, braucht aber länger.

Vervielfacht habe sich der Gaspreis, sagt Markus Seim. Zusammen mit seiner Frau Babette steht er hinter der Tomatenzucht Babkus in Herdecke. Vor allem habe ihm kein Anbieter einen verlässlichen Gaspreis für das Jahr über nennen können, fährt Seim fort. Die Folge: Statt um die Weihnachtszeit hat der Betrieb erst Ende Februar mit dem Ziehen der Pflanzen begonnen.

Aus den zwei Monaten kalkulierter Verzögerung sind noch einmal zwei Wochen mehr geworden. Das Wetter hat nicht mitgespielt. Das Wetter war enttäuschend für die Seims, aber auch gnädig. Nachtfrost, der die erste Ernte gefährdet hätte, gab es diesmal nicht. Im vorigen Jahr war das anders. Da halfen alle Heizversuche nichts. Ein Teil der Gurkenernte überlebte den Temperatursturz nicht. Jetzt sieht es gut aus in der Halle mit den Gurken. Sie ist eines der Treibhäuser, die Babkus von der Gärtnerei Tafel übernommen hat.

Jede Woche tausende von Kisten

„Ein Treibhaus ist ein Phänomen“, schwärmt Markus Seim. Eine Stunde Sonne reiche für 25 bis 28 Grad Innentemperatur, die sich dann bis zu zehn Stunden halten lässt. Alles heizt sich auf, berichtet er, Wasser, Erde, die Pflanzen. So lässt sich dann auch mal eine Nacht überstehen, in der die Außentemperaturen leicht unter Null sinken.

Babette Seim dekoriert zum Teil mit selbst geschaffenen Kunstwerken. Die Gurkenstauden links stehen für Kundschaft bereit, die selbst ernten will.
Babette Seim dekoriert zum Teil mit selbst geschaffenen Kunstwerken. Die Gurkenstauden links stehen für Kundschaft bereit, die selbst ernten will. © Klaus Görzel

Die Sonne hat ihr Werk verrichtet. Die Menschen in den langgezogenen Glashäusern auch. Babette Seim kommt frisch mit einer Armschiene vom Arzt. Eine Sehnenscheidenentzündung. Beim Pflanzen hat sie sich überanstrengt. Der Einsatz hat sich gelohnt. „Wenn die Tomaten am Strauch hängen, bin ich zufrieden“, sagt sie. Die Zeit der Pflege ist vorbei. Die nächste Stufe der Zufriedenheitsrakete wird am Samstag gezündet: Dann hat der Laden von 9 bis 14 Uhr geöffnet. Im zweiten Jahr ist das jetzt der Fall.

Seit vier Jahren baut das Paar an der Wittener Landstraße Tomaten und Gurken an. 3000 bis 4000 Kisten gehen in der Saison pro Woche raus, berichtet Markus Seim. Bei der kleinen Feinkost liegen drei Kilo in der Kiste, bei den gelben Strauchtomaten etwa sind es fünf Kilo. In Herdecke wird produziert, bei einem Bauern in Lünen und in den Niederlanden. Hier wachsen die anspruchsvollen, frühen Sorten.

Alle Beschäftigten gehalten

Die zwei Monate Wartezeit Anfang des Jahres waren hart. „Es gibt keine politische Unterstützung“, beklagten Babette und Markus Seim. Für die Rüstung sei Geld da, nicht aber für einen Gaspreisdeckel bei der Lebensmittelproduktion. Obwohl jetzt erst später und verkürzt Geld reinkommt, hat Babkus alle Beschäftigten gehalten. Drei Erntehelfer sind das, zwei Aushilfen und zwei Fahrer.

Personal, Dünger, Wasser oder Sprit fürs Ausfahren sind teurer geworden sind. Trotzdem bleibt es beim Kilopreis von 6,90 Euro wie im Vorjahr auch. Das dürfte die Kundschaft freuen. Qualitätsbewusste Hausmenschen und Hobbykochende kommen genauso gerne wie Gastronomen aus der Umgebung. Bonsmanns Hof nennt Markus Seim als Abnehmer in Herdecke und die Liebbar und den Korkenzieher, Diergardts „Kühler in Grund“ in Hattingen wie auch Overkamp in Dortmund.

Nicht nur Tomaten und Gurken finden sich im Ladenteil des vordersten Gewächshauses. Babette Seim ist auch Künstlerin. Davon profitiert der ganze Verkaufsraum. Ein Teil der Keramikarbeiten stammt von ihr. Sie sitzt auch an der Töpferscheibe, erklärt sie, und stellt dann klar: Von ihrer Kunst kommt die Überlastung nicht. Die Schiene hat sie sich bei der Arbeit mit den Pflanzen geholt. Ihr scheint das den Preis mehr als wert zu sein.

Ein Fest für Köche

Im Juli oder August soll es eine besondere Veranstaltung bei Babkus geben.

Köche aus der gehobenen Gastronomie werden im Gewächshaus kochen.

Babkus liefert nur Wasser und Tomaten. Das Equipment bringen die Köche mit.

Die Idee stammt von David Moore. Er ist Sänger und leidenschaftlicher Koch.