Ende. 2010 pflanzen Babette und Markus Seim im eigenen Garten in Herdecke Tomaten an. Aus dem Experiment entstand die Firma Babkus. Ein Erfolgsmodell.

Strom kommt aus der Steckdose, Tomaten kommen aus Holland. Heißt es im Volksmund. Das ist weder komplett richtig noch total falsch. Wobei Babette und Markus Seim ihre Energie mittlerweile fast vollberuflich nutzen, um mit Tomaten zu handeln. Und ein Weg führt die Herdecker Eheleute, die ihre Firma den Vornamen entsprechend Babkus tauften sowie unter diesem Titel ihr Gemüse verkaufen, wöchentlich in die Niederlande.

Wer Babette und Markus Seim in Westende besucht, findet in deren Garten keine Nachtschattengewächse mit den meist roten Früchten. Das war vor zehn Jahren anders. Als Experiment pflanzten die Grafikerin und der Markthändler hinter einem Stall Samen von Strauch- und Cherrytomaten. Hintergrund: Die Paradiesäpfel aus den Supermärkten schmeckten dem Paar fast nie. Für den Eigenbedarf legten sie ein paar Stauden an. „Als unsere Freunde die Tomaten probierten und diese wegen des tollen, weil intensiven Geschmacks lobten, ermunterten sie uns: Wir sollten das doch vermarkten.“

Babette Seim hielt das zunächst für eine „Schnapsidee. Wir haben übrigens in der Zwischenzeit auch versucht, einen Tomatenschnaps herzustellen – der war aber nicht wirklich lecker“, sagt die 50-Jährige schmunzelnd. Und blickt zugleich zurück auf eine spannende Entwicklung, da sie mit ihrem Mann (54) mittlerweile von dem Groß- und Einzelhandel nur mit diesem Gemüse leben kann. „Dabei sind wir damals ohne Zucht-Vorkenntnisse gestartet. Wir bieten aber keinen Direktverkauf an.“ Dafür liefern die Beiden verschiedene Sorten weiterhin vor allem an Hofläden in der Region und auch darüber hinaus. Allerdings hat sich in der letzten Dekade schon einiges geändert.

Am 28. März 2019 öffnete der Mint Markt in Herdecke am Nacken (Ringstraße), dort gibt es Tomaten von Babkus.
Am 28. März 2019 öffnete der Mint Markt in Herdecke am Nacken (Ringstraße), dort gibt es Tomaten von Babkus. © Steffen Gerber

Los ging es mit einer Probier-Kiste. Als Hobby. Schon kurz nach den ersten Erfolgen der Marke Selbstanbau (Samen von alten Sorten kamen 2010 per Internetbestellung aus Österreich) stand fest: Der Garten reicht nicht aus, Gewächshäuser müssen her. Die Suche nach passenden Örtlichkeiten führte zunächst zu einem befreundeten Landwirt nach Dortmund. Es folgten von dort erste Lieferungen 2011.

Nach Dortmund auch Holland-Anbau

Die Nachfrage stieg weiter, Markus Seim nutzte seine Marktkontakte. Nach anfänglicher Skepsis ließ sich 2012 ein Holländer kurz hinter der Grenze überzeugen, ebenfalls ausschließlich Babkus-Tomaten anzupflanzen. Vertraglich verfügen die Herdecker mittlerweile über drei Anbaugebiete. Gesamtgröße: zwölf Hektar. Zu den Kunden zählen vor allem große und kleine Supermärkte sowie viele Bauern. „Mit unserem Geschäft geht es seit neun Jahren nur bergauf“, berichtet Babette Seim und blickt nach Mannheim, wo Freunde 2020 die erste Zweigstelle des Händler-Duos eröffneten.

Was mit sechs Sorten begann, hat sich auf ein professionelles Niveau mit 20 Tomatenarten weiterentwickelt. Mit dem Schriftzug „Frisches Früchtchen“ als Logo. „Uns kommt es bis heute einzig auf den Geschmack an“, sagt die 50-Jährige. Ihr Liebling heißt Rosalie. Die sei süß, schön rosa gefärbt und lasse sich gut einlegen, da sie Gewürze aufnehme. Generell stehen sowohl verschiedene Größen als auch Farben zur Auswahl. „Schwarz polarisiert“, meint die Herdeckerin und denkt an ihren „schwarzen Muck“.

Auch Olivenöl aus Italien im Sortiment

Babette Seim könnte stundenlang über Tomaten fachsimpeln und Gesundheitsaspekte erklären, wonach das Lycopin dieses Gemüses freie Radikale im Körper freisetze und vor Krebs schützen soll. „Corona hat unser Geschäft bislang zum Glück nicht beeinträchtigt.“

Die Herdeckerin, die sich als Hobby mit Keramik beschäftigt und gerne töpfert, ist auch Mitglied im Kunstverein Art-EN-reich in Wetter. Die 50-Jährige deutet an, dass die Firma Babkus 2021 weitere Filial-Pläne umsetzen möchte.

Als eine Art „Nebenprodukt“ stellen die Herdecker seit einiger Zeit auch Olivenöl in Italien her: Dank persönlicher Beziehungen gehören rund 250 Bäume auf einem Grundstück in Apulien zum Babkus-Betrieb.

Ob Ochsenherzen mit dem „perfekten roten Fleisch“ über Bauer-Franz-Sorten im Mini-Paprika-Format und gelbe Tröpfchen bis hin zu klassischen Cherry- oder Snack-Tomaten: Die gehören bei den Seims, da „wir gutes Essen mögen“, mittlerweile zu fast jeder Mahlzeit dazu. Auch mal als Chips, Butter oder exotische Sauce zum Speiseeis. Als leidenschaftliche Köchin habe sie auch viele Rezepte mit dem Liebesapfel entwickelt und veröffentlicht diese auf ihrem Instagram-Kanal.

Persönlicher Kontakt wichtig

„Uns ist nach wie vor der persönliche Kontakt zum Händler wichtig, daher sind wir in der Woche viel unterwegs, wobei all das immer noch Spaß machen soll und wir auf natürliche, ungespritzte Pflanzen setzen“, sagt die Herdeckerin. Zu all dem gehört – europäischem Recht entsprechend – viel bürokratische Arbeit.

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Mittlerweile beschäftigen die Eheleute auch einen Fahrer. Da Babette Seim schon von einer gewissen Liebe zu den Pflanzen berichtet und nicht ohne Grund eine Sorte Amor genannt hat, dürfte dieser Satz auch künftig gelten: „Tomaten bestimmen unser Leben.“ Und: „Ich persönlich will noch die perfekte Honigtomate züchten.“

Babkus-Tomaten gibt es zum Beispiel in Herdecke im Mintmarkt am Nacken (Ringstraße), eine kleinere Auswahl im Käse-Geschäft „Say Cheese“ in der Fußgängerzone, im Essen des Restaurants Dieckmanns an der Wittbräucker Straße, auf Hagens Wochenmarkt am Vorberg-Stand oder auf dem Wittener Hof Sander.