Wetter. Er hat einen anderen Lkw beim Einscheren so schwer gerammt, dass Teile geflogen sind. Dennoch sagt der Fahrer, er habe nichts bemerkt.

Schreckmoment pur: Bei einem Überholvorgang auf der A1 in Wetter zog ein Lkw-Fahrer zu früh rüber und touchierte einen fremden Truck. Danach entfernte sich der 35-jährige Mann aus Norddeutschland vom Ort des Geschehens, obwohl der andere Fahrer verletzt wurde und massiver Sachschaden entstand. Nun hatte der Vorfall ein juristisches Nachspiel in Wetter.

Das Video der Dashcam, die das Geschehen, das sich am Morgen des 1. Juli auf der A1 im Bereich Wetter aufzeichnete, ließ erahnen, wie groß der Schock gewesen sein dürfte. Gerade noch unterhielt sich der Lkw-Fahrer aus Meckenheim über Funk oder Freisprechanlage angeregt mit einer anderen Person, als auf der Bildfläche neben seinem Fahrzeug plötzlich ein anderer Lastwagen auftauchte und nach rechts zu ihm rüber zog. Es knirschte, Teile flogen umher.

Der getroffene Fahrer, der eine überaus schmerzhafte Verstauchung im Schulterbereich erlitt und zwei Wochen arbeitsunfähig war, kam auf dem Seitenstreifen zum Stehen. Der Unfallverursacher setzte seine Fahrt unbeirrt fort. Von knapp 13 000 Euro Schaden am Lkw des Geschädigten ganz zu schweigen.

Fahrlässige Körperverletzung und Unfallflucht brachten dem Mann, der die Verantwortung für die Kollision trug und dessen Führerschein Mitte November eingezogen wurde, Anfang Januar einen Strafbefehl mit 50 Tagessätzen à 30 Euro Geldstrafe sowie verbleibenden fünf Monaten Sperrfrist zur Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis ein. Er legte Einspruch ein.

Unfall nicht bemerkt

Diesem Einspruch folgte nun die Verhandlung vor dem Amtsgericht Wetter und der angeklagte 35-Jährige erklärte, dass er sich nicht an den Unfall entsinnen könne oder ihn vielmehr nicht bemerkt habe. Er sei zu seinem Zielort gefahren und habe dort Schäden an seinem Lkw festgestellt. Beim Blick auf sein Handy habe er dann sieben Anrufe in Abwesenheit gesehen – einen von seinem Chef und sechs von der Polizei. Aber es komme hin, es sei zu der Zeit vor Ort gewesen.

Sein Verteidiger mutmaßte, dass der Angeklagte in Sekundenschlaf gefallen sein könne, weil er beim Überholen so früh wieder eingeschert sein. Eine Theorie, die beim Anblick des Videos nach Auffassung des Gerichts eher unwahrscheinlich erschien. Der andere Lkw-Fahrer wurde gehört. Der 48-Jährige war nach wie vor tief beeindruckt von dem Erlebnis und verhehlte nicht, dass ihm das Ganze einen ordentlichen Schrecken einjagte. Der andere Lastwagen sei neben ihm aufgetaucht, rüber gezogen, habe sein Fahrzeug getroffen und dann verschwunden. „Ich weiß nicht, ob er überholen wollte oder was passiert ist.“ Darüber hinaus erinnerte sich der Meckenheimer lebhaft an die Schmerzen, mit denen er zwei Wochen kämpfte und die er nur mit Schmerzmittel in den Griff bekam.

Nach dieser Aussage, dem Video der Dashcam und in Anbetracht der Tatsache, dass die Sperrfrist zur Erteilung der Fahrerlaubnis bei Rechtskraft des Strafbefehls bereits ab Anfang Januar lief und damit Anfang Juni endete, nahm der Unfallverursacher seinen Einspruch zurück. Offenbar eine weise Entscheidung, da, wie Richter Martin Ulrich betonte, das Ganze auch durchaus mit einer höheren Geldstrafe und einer längeren Sperrfrist hätte enden können.