Herdecke. Nächste Runde im Streit um die Technischen Betrieben Herdecke: Bilanzen werden unterschiedlich interpretiert. Ein Duo wehrt sich gegen Vorwürfe.
Die Finanzlage der Technischen Betriebe Herdecke (TBH) hat in der jüngeren Vergangenheit zu Verwerfungen geführt. Das setzte sich nun im Hauptausschuss fort. Dort hatte die Stadtverwaltung einen Zwischenbericht aus dem vierten Quartal 2022 vorgestellt.
„Nach unserer Lesart“ sah Patrick Wicker als CDU-Fraktionsvorsitzender die Umsatzerlöse „deutlich niedriger“ als erwartet. Weniger Aufwendungen beim Personal seien erkauft mit einer höheren Belastung durch die vorhandenen Beschäftigten. Der erwartete Jahresüberschuss von 712.000 Euro bleibe hinter den letzten Jahre zurück. „Besonders bedenklich“ sehe es bei den Investitionen aus, die weit hinter den Ansätzen zurück geblieben seien. Wicker: „Wir leben gefühlt von der Substanz“. Insgesamt zeige der Zwischenbericht „keine gute Perspektive auf.“
Der Beigeordnete und Kämmerer Dennis Osberg, der seit einigen Monaten auch noch die TBH kommissarisch (kaufmännisch) leitet, sprach angesichts von Inflation und Energiepreissteigerung von einem „ordentlichen“ oder auch einem „sehr guten Ergebnis.“ Der Jahresüberschuss liege weniger als 50.000 Euro unter dem Planwert. Seine Betrachtung: „Die Technischen Betriebe stehen wirtschaftlich nicht schlecht da.“ Sie sind „weiter wirtschaftlich gut aufgestellt.“ Zwar sei zu wenig gebaut worden im Jahr 2022, das habe aber an „massiven Personalproblemen“ gelegen, die aktuell aber behoben seien. Osberg wörtlich: „Der Bereich Straßenbau hat gelitten.“
Zwei Personen im Fokus
Unterdessen geraten zwei Personen aus der Koalition beispielsweise bei Leserbriefschreibern immer mehr in den Fokus. Aufgrund der beruflichen Anstellung und eines persönlichen Engagements fragen manche nach der Rolle von Patrick Wicker und Andreas Disselnkötter, dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen.
Zur Einleitung: Die Koalition aus CDU, Grünen und FDP sieht viele Chancen durch eine Umwandlung der TBH in eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft mit einer Privatfirma-Beteiligung. Bei ihren Argumenten verweisen die Befürworter immer wieder auf ein Modell im Kreis Unna, und zwar auf die Wirtschaftsbetriebe Lünen. Diese haben die Stadt und der Konzern Remondis gemeinsam gegründet, es handele sich um ein Erfolgsmodell.
Vorläufige Zahlen
Die Stadt Herdecke teilte in ihrer Vorlage für den Hauptausschuss mit, dass sich die prognostizierten Gewinne der Technischen Betriebe nach den Abschlussbuchungen für das Wirtschaftsjahr 2022 noch ändern werden.
Am 2. März sind die Betriebe auch Thema im Rat.
Nun der Schwenk nach Herdecke. Patrick Wicker arbeitet als Geschäftsführer bei der Firma GWA REsource Kreis Unna GmbH. Remondis hält 50 Prozent Anteile an diesem Betrieb aus der Wertstoff- und Abfallwirtschaft. Der zweite Gesellschafter ist der Kreis Unna. Wichtig zu wissen: Auch das hiesige Entsorgungsunternehmen AHE, das manche als potenziellen TBH-Partner sehen, gehört zur Remondis-Gruppe. Daher deuten nun einige an, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende im Verfahren womöglich befangen sein könnte.
„Ich habe nie ein Geheimnis aus meiner beruflichen Anstellung gemacht. Zu keinem Zeitpunkt habe oder werde ich Vor- oder Nachteile aus meinem ehrenamtlichen Engagement durch meinen Arbeitgeber erhalten“, teilt Wicker auf Anfrage der Redaktion mit. „Die Rolle eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens ist mir also nicht fremd. Und ich kann im Gegenteil meine berufliche Fachkenntnis in die Gremienarbeit der Stadt Herdecke einbringen. Auf meinen Wunsch hin hat die Stadt Herdecke zwei Mal eine mögliche Befangenheit geprüft, welche in beiden Fällen nicht bestand. Es ist schade, dass das Fehlen von inhaltlichen Argumenten durch böswillige Verleumdungen ersetzt wird. Dies wird aus meiner Sicht dem großen zeitlichen und arbeitsintensiven Einsatz eines jeden Ehrenamtlichen, welcher sich zum Wohle der Stadt Herdecke einsetzt, nicht gerecht.“
Disselnkötter: Rat entscheidet
Auch Andreas Disselnkötter äußert sich zu Vorwürfen, die durch sein Engagement beim Herdecker Verein Pro Kid aufkommen. Dieser wiederum unterhalte Kontakte zu AHE. „Neben meiner kommunalpolitischen Tätigkeit bin ich vielfältig ehrenamtlich tätig. So auch beim Verein Pro Kid, der für seine Arbeit mit schwer- und chronisch erkrankten Kindern auf Unterstützung angewiesen ist. Der Verein wird durch die gemeinsame Ausrichtung eines Spendenlaufs am 4. Juni 2023 durch die AHE unterstützt, an dem sich die Herdecker Feuerwehr, der Zweibrücker Hof, der Salon Rani, Grundschulen plus Sportverein beteiligen. Es geht um einen guten Zweck abseits aller politischen Fragen in Herdecke“, so der Grünen-Politiker.
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„Im Zusammenhang mit der Ausschreibung für eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft werden vom Rat der Stadt Herdecke Bedingungen festgelegt. Am Ende bekommt dasjenige Unternehmen den Zuschlag, das ein entsprechendes Angebot zum Wohle der Stadt Herdecke macht. Andere Entscheidungsgründe gibt es nicht für mich. Und am Ende entscheidet der Rat, ob es eine solche Gesellschaft geben wird“, sagt Disselnkötter.