Herdecke. Technische Betriebe: Zu den Privatisierungsüberlegungen gab’s erst keinen Kommentar der Koalition. Jetzt zeigt die massive Kritik daran Wirkung

Die Koalition von CDU, Grünen und FDP zeigt sich beim Thema Zukunft der Technischen Betriebe (TBH) zufrieden mit dem nach geheimer Beratung getroffenen Mehrheitsbeschluss des Rates, die Gründung eines Mischunternehmens zeitnah auszuschreiben. Die Entscheidung, die Tür für eine Unternehmensform mit starker privatwirtschaftlicher Beteiligung aufzustoßen, „zeigt Weitsicht und gutes Timing“, heißt es in einer Presseerklärung der drei Parteien, die ansonsten stark mit dem Finger auf die SPD im Herdecker Rat zeigen.

Auf die Anfrage der Lokalredaktion zur Teilprivatisierung der Technischen Betriebe hatten sich CDU, Grünen und FDP zunächst dazu entschieden, keine Stellungnahmen abzugeben. Dies sei vor allem der Tatsache geschuldet, dass es im Wesentlichen um Informationen aus nichtöffentlichen Sitzungen gehe, bei deren Weitergabe die Politiker ihrer Pflicht als Mitglieder des Rates nicht nachkommen und sich im Zweifel sogar strafbar machen würden. „Wir verstehen es als unsere Verantwortung, nichtöffentliche Inhalte auch so zu belassen. Wir sind schockiert, dass dies in anderen Fraktionen und bei anderen Mandatsträgern offenbar nicht so genau genommen wird und zudem wissentlich falsche Informationen verbreitet werden“, so die Koalitionäre in der aktuellen Mitteilung. Wörtlich heißt es: „Die Behandlung des Themas im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung hat nichts mit Intransparenz zu tun, sondern ist für bestimmte Angelegenheiten in der Gemeindeordnung und der Geschäftsordnung des Rates vorgegeben“, meint Patrick Wicker, Vorsitzender der CDU-Fraktion.

Andreas Disselnkötter, Sprecher der Grünen-Fraktion, erinnert daran, dass es die SPD gewesen sei, die sich in den Haushaltsberatungen 2019 „hochmotiviert und öffentlichkeitswirksam“ Gedanken dazu gemacht habe, „städtisches Tafelsilber, nämlich das Kanalnetz, zu veräußern.“ Er fährt fort: „Die gespielte Aufregung von Die Partei und SPD wirkt in diesem Zusammenhang doch reichlich grotesk.“ Die Beratungen über die SPD-Initiative fanden damals in öffentlichen Sitzungen statt. Auch beim Vorschlag von AHE-Chef Johannes Einig, mit den Technischen Betrieben zu kooperieren, waren Presse oder interessierte Bürger nicht ausgeschlossen.

Noch ist nichts entschieden

In der gemeinsamen Pressemitteilung der Koalitions-Parteien wünscht sich Disselnkötter „einen verantwortungsvolleren und ehrlicheren Umgang.“ Dieser beginne schon mit der Ausgangslage der Technischen Betriebe, führt Wilhelm Huck von der FDP aus. Wer so tue, als wären die TBH ein kerngesundes Unternehmen, liegt fernab der Realität. Richtig sei, dass der Bereich des Kanalnetzes einen Überschuss dargestellt habe, welche die stark defizitären übrigen Bereiche ausgeglichen hatte. „Wir mussten zudem eine Pandemie, den Ausbruch eines Krieges und drastische Kostensteigerung in nahezu allen Bereichen erleben. Die Belastungen haben sich jenseits des Kanalnetzes noch einmal deutlich verschlechtert“, so Wilhelm Huck.

Die Idee, einen privaten Partner mit ins Boot zu holen, fuße auf den zahlreichen Herausforderungen und Problemen, denen sich die TBH aktuell oder zukünftig stellen müssten: „Wir sehen heute einen stark defizitären Betrieb im Bereich der Serviceleistungen für die Bürgerinnen und Bürger, Personalknappheit in allen Bereichen, stetig steigende Anforderungen durch sich wandelnde Gesetze und ein immer komplizierteres Marktumfeld.“

Disselnkötter betonte, dass man aber erst am Anfang eines Prozesses stehe. Eine Ausschreibung bedeute, dass für alle Fragen und Problembereiche genaue Kriterien und Anforderungen an einen Bieter festgelegt würden. Zudem stehe es überhaupt noch nicht fest, ob es eine solche gemischtwirtschaftliche Gesellschaft geben werde oder nicht.