Herdecke. In Herdecke gibt es zu wenig Betreuungsplätze für Kinder - und ein neues Angebot zumindest für neun Jungen und Mädchen

Fünf eigene Kinder waren der Traum von Bernd Oehmke. Bei Dreien war für seine Frau Britta Schluss. Erst einmal. Jetzt haben die Beiden ihre eigenen Kinder – und neun Jungen und Mädchen dazu. Die eigenen Kinder sind aus dem Gröbsten raus, die dazu gekommenen zwischen ein paar Monaten und drei Jahren alt. Britta und Bernd Oehmke betreiben seit letztem Herbst im Loerfeld eine Großtagespflegestelle, die bislang erste und einzige dieser Art in Herdecke. „BriBers Abenteuerhöhle“ haben sie als Namen ausgewählt.

Er hat seinen Vater früh verloren und wollte seitdem immer ein guter Vater sein, sagt Bernd Oehmke (54). Die eigenen Kinder wickeln, füttern und groß kriegen – „das war mein Lebensziel“. Einen Jungen und zwei Mädchen hat er zusammen mit seiner Frau, zwischen acht und 13 Jahren alt. Statt die ersten Jahre glücklich hinter sich zu wissen, hat er die Betreuung der Jüngsten zu seinem Beruf gemacht. Der Weg dorthin war nicht gerade.

Eigentlich war es Britta Oehmke, die mit dem Job als Tagesmutter angefangen hat. Als gelernte Schwester fielen ihr nach dem zweiten Kind die Schichtdienste immer schwerer. „Ich wollte mehr Zeit für die eigenen Kinder haben.“ Beim Haus im Dortmunder Süden, dicht an der Stadtgrenze zu Herdecke, war drinnen und draußen genug Platz für den Kinderzuwachs durch die Tagespflege. Ihr Mann war da noch Versicherungsagent und hat ab und zu mal reingeschaut. „Das möchte ich auch haben“, hat er sich gedacht – und gehandelt.

Um gemeinsam mit seiner Frau eine Großtagespflege für bis zu neun Kindern anbieten zu können, musste er in Dortmund zwei Jahre Selbstständigkeit als Tagesvater nachweisen. Britta Oehmke rückte dafür an die Seite und entschied sich dann mit ihrem Mann für einen beruflichen Umzug nach Herdecke. Hier konnten die Beiden direkt die gemeinsame Großtagespflege ausmachen, in ehemaligen Büroräumen unter einer früheren Tennishalle.

Herdecke ist für Britta Oehmke kein unbekanntes Pflaster. Hier ist sie selbst in den Kindergarten und auf die Grundschule gegangen, hier hat sie ihr Abitur gemacht, Musikschule und Sportvereine lockten. Auch die eigenen Kinder sind in Herdecke zur Schule gegangen, das Jüngste tut es noch. Nur mit einem Kindergartenplatz hat es für das Mädchen aus der Nachbarstadt nicht gereicht. Herdecke hat einen bekannten Engpass bei der Kinderbetreuung. Großtagespflegestellen gelten als Ventil.

Eine Großtagespflegestelle gab es bisher in der Stadt. Betrieben wird sie vom Gemeinnützigen Verein für Sozialeinrichtungen (GVS). Der private Mini-Kindergarten ist im Oktober letzten Jahres hinzu gekommen. Auch wenn Großtagespflegestellen vorrangig nur für Kinder bis drei Jahren gedacht sind, gibt es einen Entlastungseffekt: Kindergärten könnten aus U3-Plätzen Ü3-Plätze machen, wenn die Jüngsten woanders unterkommen.

Britta und Bernd Oehmke haben aber nicht das Gefühl, von den Eltern als Notnagel gebraucht zu werden. Die Entscheidung für BriBers Abenteuerhöhle sei eine Bestätigung für das Betreuungskonzept der Beiden. Eine lange Beschäftigung mit den Kindern haben sie anzubieten am Morgen mit den Beiden und nachmittags (dann nur noch für fünf Kinder) mit Bernd Oehmke allein. Mehr als fünf Kinder sind für ein Tageselternteil nicht erlaubt.

Bernd Oehmke hat den Wechsel in die Betreuungsbranche nicht bereut. Die Zufriedenheit, mit der er nach Hause kommt, hat er als Versicherungsagent nie kennen gelernt. „Kinder geben so viel“, sagt er, sie seien fröhlich, freundlich, ehrlich und direkt. Kleine Persönlichkeiten dennoch, jedes anders und natürlich auch schon mal laut und anstrengend. Stolz sind er und seine Frau auf das kleine Reich, das sie aus eigenen Mitteln eingerichtet haben und das auch noch Wünsche offen lässt.

Finanziell haben sie in Herdecke nichts zu gewinnen, sagt die Beiden. In Dortmund würde es beispielsweise einen Mietkostenzuschuss geben. Stattdessen fühlen sie sich bei der Betreuung der Tageseltern durch die Stadt bestens aufgehoben. Noch läuft ein Zuschussantrag beim Landesjugendamt. Wird ihm stattgegeben, soll nicht nur die Snoesel-Ecke zum kindlichen Entspannen weiter ausstaffiert werden.

In der Nähe der Abenteuerhöhle gibt es mehrere Spielplätze oder Pferdekoppeln. Für Ausflüge dorthin würden Britta und Bernd Oehmke gerne einen Bollerwagen anschaffen, einen besonderen allerdings: Einen kleinen Motor soll der überdimensionierte Kinderwagen schon haben, allein um den kleinen Hang von der Kellerebene an der Halle entlang auf die Straße und damit mitten ins Leben zu kommen.

Neue Kita oder mehr Tagespflege?

In Herdecke gibt es einen großen Engpass bei der Betreuung von Kindern bis zur Einschulung.

In den vergangenen Monaten sind zahlreiche Kindergartenkapazitäten hinzu gekommen, beispielsweise durch die neue GVS-Kita an der Goethestraße oder die Erweiterung bei dem Evangelischen Kindergarten an der Spinngasse ober beim Waldorfkindergarten. Zusätzliche Kapazitäten soll in der Wallstraße auch ein Neubau des katholischen Kindergartens bringen.

In der Politik wird derzeit diskutiert, ob ein zusätzlicher Kindergarten in der Stadt angestrebt werden soll oder mehr Großtagespflegestellen.

Großtagespflege gibt es derzeit für je neun Kinder beim GVS und in BriBerS Abenteuerhöhle.

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