Herdecke. Kinderkliniken schlagen Alarm. Auch im Gemeinschaftskrankenhaus muss abgewogen werden, ob Kinder zwingend in der Klinik behandelt werden müssen.
Aus den Kinderkliniken werden immer mehr Fälle mit dem RS-Virus gemeldet, einem Erreger für Infektionen von Atemwegserkrankungen, der hauptsächlich Babys befällt. Zum Teil reichen die Betten nicht aus. Zuletzt meldete sich auch die Kinderklinik Wuppertal und schlug Alarm. Wie sieht es jedoch am heimischen Gemeinschaftskrankenhaus aus? Das Kinderhaus dort verfügt über 35 Betten. Die kleinen Patienten werden dort gegen sämtliche akuten und chronischen Krankheiten behandelt. Die Redaktion hat mit dem Leitenden Arzt, Prof. Dr. Alfred Längler, gesprochen.
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„Ja, auch bei uns sind die Betten und das Personal knapp. Auch wir kämpfen jeden Nachmittag und Abend mit Triagierung, ob ein Kind aufgenommen werden muss oder nicht“, gibt Längler unumwunden zu. Derzeit sind allein 80 Prozent der Betten mit jungen Patienten belegt, die sich mit dem RS-Virus infiziert haben oder unter Verdacht stehen. „Ein Kind ist derzeit auf der Intensivstation“, berichtet Längler. Alle Kliniken im Umkreis seien derzeit im regen Austausch miteinander, um zu erfahren, wo eventuell noch ein Bett frei ist.
Der Leitende Arzt hat auch für die kommenden Monate eher eine düstere Prognose. „Wir haben jetzt zwei komplette Jahrgänge, die durch die Corona-Schutzmaßnahmen keinerlei Kontakt zu dem Virus hatten und dementsprechend keine Grundimmunisierung aufbauen konnten. Im vergangenen Spätsommer gab es nach der Lockerung der Schutzmaßnahmen bereits eine kleine RSV-Welle, die aber schnell wieder abgeebbt ist“, erklärt er. Allerdings prophezeit er, dass die Kliniken noch mindestens bis zum Winter Ende des nächsten Jahres mit den Problemen zu kämpfen haben werden, denn: „Das RS-Virus wird uns noch etwa zwei bis drei Monate aktuell beschäftigen und dann kommt die Influenza.“
Doch wie können Eltern dagegen vorgehen? „Kinder brauchen eine Grundimmunisierung, aber trotzdem sollten sie nicht unnötig einem Risiko ausgesetzt werden“, betont er und spielt auch auf sogenannte Masernpartys an, bei denen akut an den Masern erkrankte Kinder mit gesunden Kindern bewusst zusammengeführt werden. Das sei nicht der richtige Weg. Viel mehr sollten Kinder wieder ganz normal die Möglichkeit haben, in Spielgruppen zu gehen und mit gleichaltrigen zusammenkommen. „Aus Angst vor einer Ansteckung die Kinder wieder wie bei Corona zuhause zu halten, macht keinen Sinn“, sagt Prof. Dr. Alfred Längler.
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Sollte sich das Kind doch angesteckt haben, hat der Mediziner ebenfalls ein paar Ratschläge parat: Einreiben, wickeln und viel frische, möglichst feuchte Luft tut den Kindern gut. Und ganz wichtig: „Jeder Tropfen zählt“, meint Längler und weiß dabei auch, dass es den Kindern, die sich mit dem Virus infiziert haben, oft schwerfalle, viel zu trinken. So lasse sich aber die Krankheit erträglicher gestalten, denn sie heilt von allein wieder. „Wir können hier auch nicht mehr machen als dann noch Sauerstoff und Infusionen zu geben“, so der Arzt.
Und dennoch kämen derzeit viele Eltern in die Klinik, obwohl eigentlich die Arztpraxen die richtigen Ansprechpartner wäre. „Die werden momentan jedoch auch komplett überrannt, und viele Eltern wollen den langen Wartezeiten aus dem Weg gehen“, weiß Dr. Längler. Doch das führe in der Notfallambulanz zu langen Wartezeiten für Menschen, die wirklich in einer akuten Notlage sind.