Wetter. Stadtkämmerer Andreas Wagener erklärt, wie das Kulturangebot der Stadt finanziert wird und warum das Seefest nicht in den Produktbereich fällt.
In Wetter ist doch nichts los. Diese pauschale Aussage ist immer mal wieder im Gespräch zu hören. Doch ein Blick in den städtischen Haushalt belegt etwas ganz anderes: Unter dem Produkt 04 Kultur und Wissenschaft sind die Finanzmittel aufgelistet, die die Stadt Wetter jedes Jahr für kulturelle und wissenschaftliche, also außerschulische Bildungsangebote, aufwendet.
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886.054 Euro stehen dort als ordentliche Aufwendungen verzeichnet. Viel Geld für eine klamme Kommune in der Haushaltssicherung. „Im Vergleich zu anderen Kommunen in der gleichen Größenordnung stehen wir aber mit unserem breitem Angebot günstig da“, weiß Stadtkämmerer Andreas Wagener. Und das liegt vor allem an der pfiffigen Planung der Stadt.
Kein Geheimtipp mehr
Etwas mehr als 89.000 Euro steckt die Stadt Wetter derzeit in die Kulturförderung. Kulturförderung? Ein Großteil der Kulturförderung besteht aus dem Kulturdienstleistungsvertrag mit der Lichtburg. Gerade einmal grob 72.000 Euro bekommt die Lichtburg über diesen Vertrag von der Stadt Wetter, dafür nennen jedoch Größen wie Herbert Knebel, Jochen Malmsheimer oder auch Stefan Keim die wettersche Bühne schon fast ihr Wohnzimmer. Ilja Richter, Thomas Reis und Mirja Boes – die Namenliste derer, die sich in den vergangenen zwölf Monaten in der kleinen Ruhrstadt die Ehre gaben, ist lang. Hinzukommen Produktionen des Koffertheaters oder des Heartchoirs, die inzwischen nicht mehr nur ein Geheimtipp unter Wetteranern sind. Und nicht zu vergessen das Kino in der Lichtburg. Das alles kostet die Stadt gerade einmal 72.000 Euro plus einen Zuschuss zum Stadtsaal. Die Aufstellung des kulturellen Angebots sowie die laufenden Kosten, trägt die Lichtburg indes durch Mitgliedsbeiträge, Veranstaltungen und Sponsoren selbst. Und da war doch noch etwas: „Eigentlich sind es nur 62.000 Euro, die an die Lichtburg gehen. Die 10.000 Euro mehr, die im Haushalt eingeplant worden sind, waren für die Extraschicht vorgesehen“, erklärt Stadtkämmerer Andreas Wagener. Ein weiterer Posten, der ebenfalls unter die Kulturförderung fällt, ist das Henriette-Davidis-Museum. 2500 Euro sind dort jährlich von der Stadt eingeplant. Hinzukommen noch Personalauszahlungen von etwas über 14.000 Euro. Fertig ist das Kulturförderungsprogramm.
Wer sich weiter durch den Haushalt blättert, wird auf den nächsten Seiten unter dem Punkt kommunale Veranstaltungen verwundert feststellen, dass dort ein Ansatz von 0 Euro eingeplant ist. „Früher waren darunter das Blues- und Jazzfestival oder auch die Treppenhauskonzerte in der Villa Vorsteher eingepreist“, erinnert sich Wagener. Nun könnte eingewendet werden, dass es doch trotzdem Stadtfeste wie das Seefest oder auch das Oldtimer-Treffen gibt. „Stadtfeste fallen unter den Produktbereich Wirtschaft und Tourismus“, erklärt der städtische Zahlenguru. Das sei eine haushaltsrechtliche Zuordnung. Das Seefest falle aus diesem Grund unter den Kurzzeittourismus. Dafür würde jährlich rund 63.000 Euro veranschlagt, erläutert der Kämmerer der Vollständigkeit halber.
Weiter geht es im Thema. Da der behandelte Produktbereich nicht allein Kultur, sondern auch Wissenschaft heißt, muss da doch auch ein gewisser außerschulischer Bildungsort dabei sein. „Wir sind Mitglied im Zweckverband der Volkshochschule Witten-Wetter-Herdecke“, erinnert Wagener. Das kostet die Stadt jährlich 72.500 Euro. Aber das war noch lange nicht alles an Bildung. Schließlich gibt es in Wetter auch eine Musikschule. Aber Moment – die wird doch von der Lichtburg betrieben. Genau. Und deshalb bekommt die Lichtburg dafür von der Stadt 62.000 Euro im Jahr. Zuzüglich der Raumkosten und den Personalaufwendungen. „Insgesamt zahlen wir rund 190.000 Euro für unsere Musikschule, und das ist vergleichsweise günstig. Vergleichbare andere Städte kommen in dem Bereich gut und gerne auf 300.000 Euro“, weiß Wagener.
Archive gehören zur Wissenschaft
Zwei weitere große Ausgaben stehen bei der Stadt noch unter dem Produktbereich. 155.000 Euro fallen jährlich für das Stadtarchiv an, zusätzlich werden 185.000 Euro an das Kreisarchiv abgeführt. Bei letzterem fließt allerdings immer wieder Geld zurück an die Stadtkasse, so dass am Ende ein Defizit von rund 15.000 Euro einzurechnen ist.
Bleiben noch weitere 211.000 Euro, die die Stadt für ihre Bücherei ausgibt. „Da haben wir rund 20.000 Euro Ertrag jährlich und rechnen somit mit einem Defizit von 191.000 Euro“, rechnet Wagener vor. Darin enthalten sind beispielsweise Personalaufwendungen, Bücherbeschaffungen und die Unterhaltung der Bücherei im schönen Bahnhofsgebäude. Allerdings, muss Wagener zugeben, dass die Nutzerzahl des Angebots vergleichsweise gering ist. Von den knapp 28.000 Einwohnern in Wetter nutzten 2020 gerade einmal 637 das Angebot, davon 149 die sogenannte Onleihe, also das digitale Angebot der Bücherei. Insgesamt gab es in dem Jahr 30.529 Medien, die ausgeliehen wurden.
„Verhältnismäßig gibt die Stadt eigentlich für dieses breite Angebot nur geringe Beträge für Kultur und Wissenschaft aus“, fasst Andreas Wagener zusammen. Aber er weiß auch, dass ohne die Lichtburg und die vielen Angebote aus Vereinen und Verbänden, aber auch den privaten Anbietern wie beispielsweise Günther Erdmann von der Earth Music Hall, das kulturelle Leben in Wetter nicht so vielfältig wäre. „Es gibt deutlich mehr Akteure als nur die Stadtverwaltung“, sagt er.