Wetter. Nahe gelegen, auf fernen Wegen anzusteuern: Was die diversen Einschränkungen bei Brücken in Wetter für Spediteur Wiedemeyer bedeuten

Es geht immer noch schlimmer. Fuhrparkausdünnung wegen des Lockdowns, Millionenschaden durch das Jahrhunderthochwasser, Kraftstoffpreise in ungeahnten Höhen – und jetzt auch noch Riesenumwege für so eine einfache Fahrt wie mit dem Lkw vom Schöntal nach Wengern. Und doch verlässt Spediteur Matthias Wiedemeyer aus Alt-Wetter nicht der Mut.

Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Flexibilität. Das verspricht die Spedition ihrer Kundschaft und kann es allen Widrigkeiten zum Trotz weiter halten, sagt der Firmenchef. Aber das Logistik-Unternehmen hat harte Zeiten hinter sich und auf absehbare Zeit noch vor sich: Über Monate wirkt die Betriebsstätte im Schöntal wegen der Brückenarbeiten im Knick der Kaiserstraße wie abgeriegelt von der Außenwelt. Was an Möglichkeiten bleibt, raubt Zeit und Geld.

Vorher schon viele Tiefschläge

Fünf Minuten konnte Wiedemeyer noch vor wenigen Jahren für eine Fahrt vom Hof nach Wengern einplanen. Raus aus dem Schöntal, rüber über die Overwegbrücke ging’s, und alles war gut. Dann kam eine Art Einbahnstraßenregelung für den Lkw-Verkehr, um die angeschlagenen Brücken in Wetter zu schonen. Raus nach Wengern blieb einfach, nur zurück konnten die Fahrer auf Höhe des Schöntals schon zu den Hallen winken, bevor sie ihr Gespann weiter die Volmarsteiner Straße bis zur Weststraße in Hagen und dann zurück über den Obergraben nach Alt-Wetter steuerten. Das alles aber ist nichts im Vergleich zur aktuellen Gängelei und der bevorstehenden, wenn die Friedrichstraße am Kreisel bald dicht ist.

Die Overwegbrücke hat sich als wenig belastbar herausgestellt. Für Busse und Lkw ist sie Tabu. Eine Fahrt vom Wiedemeyer-Firmensitz geht über die Ruhrstraße und den Kreisel Richtung Herdecke, wo zunächst eine Baustellenampel wartet und dann der enge Tunnel unter der Eisenbahn zu passieren ist. Bringt ein Gespann weniger als 44 Tonnen auf die Waage, geht es vergleichsweise flott über die Ruhrbrücke am Zweibrücker Hof zum Vorhaller Kreisel und dann von der Weststraße über die Volmarsteiner Straße erst mal bis zur Höhe des Schöntals - und dann kann endlich Wengern angesteuert werden.

Verzögerungen einrechnen

So leicht machen es die Vorschriften Matthias Wiedemeyer aber längst nicht bei allen Touren. Drückt mehr Last auf die Achsen, müssen die Gespanne in Herdecke Richtung Wittbräucke abbiegen und dann über A45 und A1 bis zur Ausfahrt Hagen-West fahren, um dann wieder in Richtung Weststraße und Volmarsteiner Straße Kurs auf Wengern zu halten. Weil das aber nur ein Beispiel ist und natürlich nicht alle Fahrten nach Wengern führen, ist der Druck nicht bei allen Fahrten so groß. Was dem Spediteur ebenfalls in die Hände spielt: Vielfach wird Wetter gar nicht angesteuert, bevor ein entladener Lkw für eine neue Tour wieder aufgeladen wird.

35 Fahrzeuge sind es aktuell, die für die Traditions-Spedition unterwegs sind. Das sind zehn mehr als unmittelbar vor dem Ausbruch der Pandemie. „Corona war eine Katastrophe“, sagt Matthias Wiedemeyer. Im Lockdown stockte die Produktion fast überall, „es gab nur minimal zu fahren“, erinnert sich der Firmenchef. Zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte gab es Kurzarbeit, Mitarbeiter wurden nicht entlassen, aber Fahrzeuge verkauft. Dann ging es wieder aufwärts - aber die Fluten des 14. Juli 2021 richteten im Lager im Schöntal einen Millionenschaden an.

Einen Meter fünfzig standen die Hallen unter Wasser, 20.000 Quadratmeter Lagerfläche waren zu reinigen. Wiedemeyer lobt die „Höchstleistung“ seiner Mitarbeiter. Ein eigener Lastwagen war hin, ebenso ein gemieteter. Unbrauchbar waren auch alle Stapler und die Privatwagen der Beschäftigten, die auf dem Hof abgestellt waren. „Wie im Mittelalter war’s“, sagt Matthias Wiedemeyer, „so ganz ohne Strom.“ Ein halbes Jahr hat es gedauert, bis wieder klar Schiff war in den Hallen. Und nun das Brücken-Drama.

Viel machen kann er nicht, sagt der Unternehmer. Manche Fahrten ins Schöntal lassen sich vermeiden. Zum Tanken muss jedenfalls kein Lkw im großen Bogen zum Betriebshof fahren. Das geschieht ja unterwegs auch anderswo, wenn auch nicht immer zum günstigen Firmeneinkaufstarif. Die Gespanne so einfach andernorts stationieren gehe jedenfalls nicht. „Die Betriebsstätte liegt nun mal in Wetter“, findet sich Wiedemeyer ab. Seine Fahrer preisen die Zeiten ein, die sie auf dem Weg zur Arbeit am Baustellen-Kreisel über der Bahn im Permanent-Stau stehen. Auch er muss bei Angeboten schon mal die Wartezeit und Umwege einplanen. Aber Staus und Verzögerungen gebe es auf den langen Fahrten ja auch anderswo.

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