Herdecke. Werden Straßen in Herdecke im Bedarfsfall zu gezielt leitenden Wasserstraßen? Bisher hat die Idee des Kreises kaum verfangen

Viele Berge, schmale Täler: Die Herdecker müssen weiter damit rechnen, dass der Herdecker Bach unter den Wassermassen wie beim Starkregen im vorigen Sommer anschwellen wird. Der Kreis hat jetzt erneut an seinen Vorschlag noch aus der Zeit vor dem Jahrhunderthochwasser erinnert, es doch mit bei Bedarf aufstellbaren Flutklappen zu versuchen. Die Begeisterung in Herdecke hält sich weiter in Grenzen.

Auf Wunsch von CDU, Grünen und FDP waren zwei Vertreter der unteren Wasserbehörde jetzt im Ausschuss für Umwelt und Klima zu Gast. Leiter Wolfgang Flender hatte schlechte und gute Nachrichten im Gepäck. Zu den schlechten gehört diese: „Probleme durch den Klimawandel wie Hochwasser oder Starkregen werden an Schärfe zunehmen.“ Dabei habe Herdecke ja bereits 2010 und 2013 und dann natürlich im Vorjahr bittere Erfahrungen mit unkontrollierbaren Wassermassen gemacht.

Für den Chef der Unteren Wasserbehörde war es eine „bittere Erkenntnis“, dass es im Juli 2021 allein in NRW 40 Tote durch das Hochwasser gegeben hat, „in einem hoch industriealisierten Land“, fügte er hinzu. In Herdecke und auch in Wetter waren die Schäden durch die Fluten beträchtlich, Tote aber waren zum Glück nicht zu beklagen, ebenso in der hart betroffenen Nachbarstadt Hagen.

Auch künftig sieht Wolfgang Flender unmittelbare Überflutungsgefahren in Herdecke mit einer kurzen Reaktionszeit. „Das vorhandenen System an Rückhaltebecken ist viel zu klein“, stellte er fest. Ergeben will sich der Kreis aber nicht: Eine kreisweite Starkregenkarte ist in Auftrag gegeben. Wenn klar ist, welchen Weg genau die Wassermassen gehen, soll eine Risikoanalyse folgen. So soll geklärt werden, wo etwa kritische Infrastruktur gefährdet ist. In Herdecke war im Juli vorigen Jahren die Feuerwache regelrecht abgesoffen. Aber Flender denkt auch in die Breite: „Jeder einzelne Bürger kann sich für sein eigenes Objekt Gedanken machen“.

Pilotprojekt in Wetter

Die besondere Not in Herdecke ist beim Kreis erkannt. Die Stadt stehe bei geplanten Maßnahmen ganz weit oben. Das gilt vor allem für die Übernahme von Erfahrungen aus Wetter. Hier gibt es im Bereich von Schmalenbecke und Elbsche als Pilotprojekt ein Messnetz. Pegel wurden installiert. Die Ergebnisse helfen bei der Vorwarnung. Zwei Stunden Reaktionszeit seien in Wetter geblieben. „In Herdecke wird das deutlich weniger sein“, warnte Wolfgang Flender vor den besonderen Folgen der Topografie. Erste Planungen für ein Messnetz auch in Herdecke solle es noch in diesem Jahr geben, so die Ankündigung.

Nicht vom Tisch ist für die untere Wasserbehörde die Idee eines so genannten „Bypasses“ im Bereich der Hauptstraße. Bei starkem Regen sollen vorinstallierte Schutzwände aufgeklappt oder eingesteckt werden, die die Wassermassen über die Fahrbahn lenken. Damit, so Wolfgang Flender vor den Mitgliedern im Ausschuss für Umwelt und Klima, „lässt sich das Wasser einigermaßen schadlos durch die Stadt leiten.“ So hatte das die Untere Wasserbehörde bereits vor der schlimmen Flut im vorigen Jahr angeregt. Im September 2020 hatte die Behörde bei der Stadt ein Hochwasserschutzkonzept und Sofortmaßnahmen angemahnt. Favorisierter Vorschlag: Die Anbringung der Schutzwände für den Notfall.

Die Stadt blieb auch nach den Fluten im Juli 2021 bei ihrer ablehnenden Haltung: „Ein Einbau von mobilen Hochwasserschutzwänden hätte nicht funktioniert, sondern ganz im Gegenteil die Situation wahrscheinlich noch verschlimmert“, hieß es vor gut einem Jahr in der Antwort auf Fragen der Redaktion. Die CDU denkt stattdessen über Stauräume unter der Fahrbahn nach. Die Parteivorsitzende Doris Voeste zeichnetet im Ausschuss das Bild von einem „reißenden Fluss auf den Straßen“ und war wenig angetan davon, die Innenstadt entlang der Barrieren zum Flußufer zu machen. Wolfgang Flender erklärte, er sehe das „leidenschaftslos“, und schob nach: „Aber reichen die Stauräume aus?“

Millionenschaden

Knapp 2,5 Mio. Euro lautet eine Schadensbilanz des Starkregens aus dem September 2021.

Mehr als eine halbe Millionen Euro betragen Schäden im Bereich Schulen und Kultur.

Bei 360.000 Euro liegen Schäden im Bereich Sicherheit und Ordnung in Herdecke, insbesondere bei der Feuerwehr.

Am größten sind die Schäden im Bereich Infrastruktur.

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