Herdecke. Die Stimmung an der Langen Tafel zum Jahrestag des Hochwassers war durchweg positiv. Auch wenn es einigen noch schwer fällt, darüber zu sprechen.

Am 14. Juli 2021 sorgte die Jahrhundertflut im Herdecker Bachviertel für große Zerstörung und viel Leid bei den Anwohnern. Knapp ein Jahr später haben Bewohner zusammen mit der Bürgerstiftung Herdecke anlässlich des Jahrestages eine „Lange Tafel“ organisiert, bei der Betroffene und Helfer zusammenkommen konnten, um sich gemeinsam zu erinnern.

Schwieriges Thema

Trotz der schrecklichen Ereignisse, von denen etliche Herdecker mehr oder weniger stark betroffen waren, herrschte nun im Bachviertel aber äußerst gute Stimmung. Die Resonanz auf die Einladung war bemerkenswert. „Es ist ein schwieriges Thema, und vielen fällt es noch schwer, darüber zu reden. Aber es war sehr entspannt, und die Leute waren sehr positiv gestimmt“, zieht Annette Brincker, Vorsitzende der Bürgerstiftung Herdecke, Bilanz.

Bilder immer noch vor Augen

Kristina Mellentin, die stark vom Hochwasser betroffen war, konnte sehr offen über das Geschehen sprechen. „Ich denke immer wieder an die Flut“, so die Herdeckerin. Dass die Jahrestag-Veranstaltung stattfindet, freue sie sehr, auch wenn sie das Thema Flut am liebsten verdränge. „Doch das“, gibt sie zu, „ist nicht ganz so einfach.“ Auch heute, ein Jahr später, habe sie noch die Bilder vom Wasser vor Augen, das ihre ganze Wohnung geflutet hat. „Damals hatte ich den ersten Nervenzusammenbruch meines Lebens“, berichtet Kristina Mellentin. Wenn die Herdeckerin heute das Wort „Starkregen“ irgendwo aufschnappt, werden die Erinnerungen besonders intensiv. Von diesem Wort habe sie ein Trauma davongetragen. „Immer wenn ich das Wort höre, schaue ich minütlich aus dem Fenster“, sagt sie.

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Trotzdem überwiegt bei der Herdeckerin am Jahrestag des Hochwassers die positive Stimmung. Die Erklärung dafür liefert sie gleich hinterher: „Genau ein Jahr später habe ich meine Enkeltochter bekommen. Das ist ein schöner Ausgleich für damals“, erzählt sie freudig über den Familiennachwuchs.

Wasser stoppt kurz vor der Haustür

Während Musikeinlagen, ein Koch und das gute Wetter die „lange Tafel“ im Bachviertel zu einem gelungenen Abend machen, erzählen die Eheleute Hufer von ihren Erlebnissen. „Wir hatten bei der Flut großes Glück“, berichtet Wilfried Hufer. Denn das Wasser stoppte kurz vor seiner Haustür. Ein Segen, da sie zu dem Zeitpunkt frisch ins Bachviertel gezogen waren. „Unsere Nachbarn waren sehr besorgt und haben immer gefragt, ob auch wirklich alles in Ordnung ist“, weiß Ehefrau Gisela noch. Und: „Besonders berührt hat mich, als ein Nachbarssohn uns gesagt hat, wie sehr er sich freut, dass wir verschont geblieben sind.“ Inzwischen, so bekräftigt Gisela Hufer, hätten sie und ihr Mann sich auch sehr gut eingelebt.

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