Herdecke. Ausführlich hat die Stadt Herdecke die Ereignisse vom Juli Revue passieren lassen. Erste Schutzmaßnahmen sind im Blick.

Auch acht Wochen nach der Jahrhundertflut zeigen die Bilder eigentlich Unvorstellbares: Wassermassen wälzen sich die Hauptstraße hinunter, am Bachplatz werden Menschen über Drehleitern aus ihren Häusern gerettet. Unten an der Ruhr steigt der Pegel fast auf Höhe der Promenade. Dr. Lars Heismann, Justiziar der Stadtverwaltung, hat die Bilder im Umweltausschuss aufgerufen. Eine geschlagene Stunde dauert sein Bericht über den 14. Juli und die Folgen. In der Diskussion danach wird Jan Schaberick (SPD) sagen: „Wir haben uns hier zwei dicke, blaue Augen geholt – aber es hätte schlimmer kommen können.“

Extrem hohe Niederschläge

Mit der Wetterlage fängt Lars Heismann an, und seine Zuhörer haben es noch von den Nachrichtensprechern in den Ohren: „Tief Bernd gerät über Mitteleuropa zwischen die Hochdruckfronten. Das Tief führt feuchtwarme Mittelmeerluft mit, die sich gegen den Uhrzeigersinn über Deutschland dreht. Extrem hohe Niederschläge in NRW (teils über 200 Liter in 24 Stunden)“ kommen vor allem zwischen Wupper und Lenne runter. Heismann war in Urlaub, als sich dieses Wetter zusammenbraute. Sonst hätte er den örtlichen Krisenstab geleitet. Jetzt zeichnet es ruhig das Bild einer äußerst unruhigen Lage.

Viel Arbeit danach: Vom Dauerregen besonders betroffen war der Bachplatz.
Viel Arbeit danach: Vom Dauerregen besonders betroffen war der Bachplatz. © Steffen Gerber

Eine Karte zeigt die Niederschlagsmengen in Nordrhein-Westfalen. Zwischen Hagen und Dortmund setzt sich Herdecke etwas heller ab. Ja, Hagen und vor allem den Stadtteil Hohenlimburg hat es viel härter getroffen. Aber auch in Herdecke tun sich die himmlischen Schleusen auf: Fast eine Monatsmenge fällt in vier Stunden auf die Böden in Herdecke, die ohnehin schon mit Feuchtigkeit gesättigt sind. Flüsse schwellen über, auf den Straßen steht das Wasser, gegen 18 Uhr gibt es die ersten Überflutungen auf der Ender Talstraße und am Herdecker Bach. Teils haben Drohnen die Schreckensbilder aufgezeichnet.

Die Opfer gerieten in Heismanns Vortrag nicht aus dem Blick: Zur Flut gehört auch die Soforthilfe für Geschädigte der Hochwasserkatastrophe. Stand 25. August hatten 75 Privatpersonen Anträge gestellt, allerdings wurde fast die Hälfte abgelehnt. 83.000 Euro sind für die 41 bewilligten Anträge ausgezahlt worden. Bei den Unternehmen, beziehungsweise der Landwirtschaft, gab es bei 14 Anträgen nur zwei Ablehnungen. 60.000 Euro wurden hier ausgezahlt.

„Es gibt manchmal Ereignisse, für die gibt es keine juristisch Verantwortlichen“, sagt der Jurist Lars Heismann. „Das ist höhere Gewalt, halt eine Naturkatastrophe.“ Amtshaftung komme höchstens ins Spiel, wenn „gebotene, zumutbare Maßnahmen“ nicht ergriffen worden seien. Für eine Katastrophe dieses Ausmaßes „wird es keine Haftung geben“, zeigt sich Heismann am Ende seines einstündigen „Ritts durch das Naturkatastrophengeschehen“ (Originalton Heismann) überzeugt. Und doch gibt es schon jetzt Lehren: Das überörtliche Krisenmanagement ist aus Sicht der Herdecker Krisenmanager „stark verbesserungsfähig“, und unter den 52 Folien des Vortrages gibt es auch zwei zu Maßnahmen wie die Erneuerung der Ufermauer an der Bachstraße.

Politiker danken der Feuerwehr

Für CDU-Fraktionschef Patrick Wicker ging das Flutereignis von Mitte Juli „weit über das Kalkulierbare hinaus.“ Umso erfreuter zeigte er sich, dass den Wassermassen in Herdecke eine breite Welle der Hilfsbereitschaft gegenüber stand. „Herdecke kann in Krisen gut zusammenstehen“, stellte Wicker fest, die Stadt habe Grund, stolz auf sich zu sein. Dennoch sei natürlich zu fragen, was sich künftig besser machen ließe. Für Wicker ist es aber „fehl am Platz, wenn man versucht, vermeintlich Verantwortliche zu finden.“ Jan Schaberick (SPD) befand ebenfalls: „Die Frage nach früher zu ergreifenden Maßnahmen hilft uns nicht weiter.“

Ein großer Dank ging an die Feuerwehr für ihren enormen Einsatz. Die Spitze der Wehr war in der Sitzung des Umweltausschusses vertreten und kann den Dank in die Einheiten weiter tragen.

Erste Schadensbilanz liegt bei 2,5 Millionen Euro

Auf 2.487.040 Euro beläuft sich eine erste Schadensbilanz.

Im Bereich der Gesundheit und Pflege, zu dem auch Krankenhäuser zählen, hat die Stadt 400.000 Euro Schaden notiert.

Fast so viel kommt im Bereich Sicherheit und Ordnung zusammen 360.218 Euro stehen hier in der Liste. Besonders die Feuerwache nah am Herdecker Bach war von den Wassermassen beschädigt worden, während die Feuerwehr im Einsatz blieb.

569.422 Euro sind im Bereich Bildung und Kultur mit den Schulen und Kirchen eingesetzt.

Der Bereich Jugend und Soziales mit Jugendzentren kommt auf 147.300 Euro.

Der größten Betrag aber kommt in der beschädigten Infrastruktur zusammen, also bei Wasser, Energie, Gewässern, aber auch Straßen, Wegen, Brücken, Grünflächen und Sportstätten. Bei 855.600 Euro liegt hier der Schaden durch Regen und Flut.