Herdecke/Wetter. Die Initiative Foodsharing will Genießbares vor dem Müll retten und breitet sich hier aus. In Wetter und Herdecke läuft es noch etwas schleppend.
Lebensmittelverschwendung ist ein großes Problem. Weltweit werden jedes Jahr Millionen Tonnen noch genießbarer Esswaren weggeworfen. Neben einer Menge an Hilfsorganisationen wie der Tafel und Ehrenamtsnetzwerken wie dem heimischen Brotkorb versucht auch die Bewegung Foodsharing Deutschland, diesem Problem entgegenzuwirken. In Herdecke und Wetter sollen bald mehr Lebensmittel vor dem Mülleimer gerettet werden.
Keine Konkurrenz zum Brotkorb
In vielen größeren Städten längst an der Tagesordnung, soll nun auch in den beiden hiesigen Ruhrstädten eine organisierte und kostenlose Weitergabe von Lebensmitteln betrieben beziehungsweise weiter ausgebaut werden. Dabei werde noch Genießbares aus Supermärkten und anderen Einrichtungen ehrenamtlich abgeholt und verteilt. Sogenannte Foodsaver gehen dafür zu Aldi, Lidl und Co., aber auch zu kleinen regionalen Märkten oder Bäckereien und fragen nach übrig gebliebener Ware, die sie dann vor der Mülltonne bewahren.
„Dabei sind wir keine Konkurrenz zu den großen Organisationen wie der Tafel. Wir sammeln da, wo beispielsweise die Tafel nicht sammelt“, erklärt Sabine Prattes, Foodsharing-Botschafterin aus Witten, die sich auch um Herdecke und Wetter kümmert. Mit der Tafel habe man in Witten beispielsweise sogar eine Kooperation zur Lebensmittelsicherung vereinbart.
Weitere Mitstreiter gesucht
Dabei spielt es keine Rolle, ob das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist oder die Gurken nicht genug gekrümmt sind – als Foodsaver übernimmt die jeweilige Person die Verantwortung für die Genießbarkeit der Waren. „Es geht bei uns nicht um Bedürftigkeit, wie es bei der Tafel oder dem Brotkorb der Fall ist. Wir holen nur das ab, was die anderen nicht schaffen“, so Prattes. Das sei nämlich häufig zu Unrecht ein Kritikpunkt am Foodsharing, doch die Initiative wolle anderen eben nichts wegnehmen.
In Herdecke gibt es aktuell sechs (in Wetter zwei) Foodsaver, die zu Betrieben fahren und Lebensmittel einsammeln. Danach bringen sie diese zu Verteilstationen oder geben die Waren im privaten Rahmen ab.
Anlaufstelle in Witten
Interessierte können sich online auf www.foodsharing.de oder via Mail an witten@foodsharing.network wenden.
Jeden dritten Sonntag gibt es ein regelmäßiges Treffen im Wittener „Lokal“ in der Wiesenstraße 26. Auch eine Online-Teilnahme ist möglich. Das nächste Foodsharing-Treffen findet dort am 16. Oktober statt.
In Herdecke und Wetter läuft es insgesamt aber noch schleppend. Noch gebe es zu wenige ehrenamtliche Helfer in den beiden Ruhrstädten, um den Betrieben eine zuverlässige Abholung zu versprechen. „Um Kooperationen mit Betrieben aufzubauen, brauchen wir mehr Leute, die helfen, die Lebensmittel abzuholen, damit wir sicherstellen können, dass die Sachen immer abgeholt werden“, erklärt Pattens.
Sandra Kröger aus Herdecke will nun mithelfen, das Projekt auch in Herdecke bekannter zu machen. „Ich finde es einfach nicht in Ordnung, wie viele Lebensmittel verschwendet werden“, sagt die zweifache Mutter aus Herdecke. Man müsse dafür sorgen, dass sowohl bei den Konsumenten als auch bei den Betrieben ein Umdenken stattfindet. „Aufklärungsarbeit ist neben dem aktiven Abholen ein wichtiger Punkt“, erklärt Pattens, dabei gehe es nicht nur um die Privatpersonen, auch die Betriebe wüssten oft gar nicht, dass es auch andere Möglichkeiten gebe, als die Lebensmittel in die Tonne zu werfen. „Das steht und fällt mit den Helfern. Aber es kommen immer mehr dazu“, so Prattes.
Kooperationen in Arbeit
In Herdecke gibt es bereits zwei Kooperationsbetriebe, bei denen Lebensmittel von den Foodsavern abgeholt und gerettet werden. Zwei weitere seien in Arbeit und könnten zügig umgesetzt werden. „Wir sind die Kooperationen noch nicht eingegangen, weil wir noch zu wenig Helfer in Herdecke und Wetter haben“, sagt Prattes. Es braucht mehr Leute, die beim Retten der Lebensmittel helfen.
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Diese Verpflichtung schreckt eventuell einige ab. Dabei sei der Aufwand nicht groß. „Auch interessierte Abnehmer der geretteten Lebensmittel helfen. Es ist auch leichter für mich, wenn ich weiß, ich kann drei Mal die Woche Lebensmittel abholen und dann genau weiß, wer dafür Bedarf hat und mir diese abnimmt“, erklärt Kröger. Häufig wüssten es die Betriebe nicht besser und werfen deswegen Genießbares weg. Durch Erzählungen an Infoständen bekommen die Ehrenamtlichen einiges zu hören: „Eine Dame erzählte mir neulich, dass sie beobachtet hätte, wie ein Bäcker einige Bleche Backwaren aus dem Laden räumte. Als sie nachfragte, was damit passiert, wurde ihr gesagt, dass alles weggeworfen wird,“ sagt Kröger, „denen fehlt häufig das Wissen um Foodsharing.“
Bis jetzt werden die in Herdecke gesammelten Lebensmittel an Privatpersonen und an Abgabestellen wie zum Beispiel Flüchtlingsunterkünfte in Witten abgegeben. Herdecke und Wetter haben noch keine eigenen Verteilstationen: „Das wäre dann der nächste Schritt, aber dafür muss einiges an Struktur gewährleistet sein“, so Prattes. Vorab geht es vor allem erst einmal darum, die Abholung in den Betrieben sicher zu stellen – und dafür braucht es weitere Helfer.