Wetter. Es sollte ein harmloser Ausflug werden. Aber drei Männer sollen stattdessen in die Demag-Ruine eingestiegen sein und Kabel gestohlen haben.
Einen nur vermeintlich harmlosen Ausflug nach Wetter sollen drei junge Männer genutzt haben, um in das ehemalige Demag-Verwaltungsgebäude einzudringen und Kupferkabel zu stehlen. Nun standen sie in Wetter vor Gericht. Mitangeklagt war die Freundin eines Beteiligten. Sie soll den Fluchtwagen gefahren haben. Die von ihnen, die bereit waren, zu reden, stellten den Vorwurf aber in Abrede. Vergeblich, wie sich am Ende einer langen Verhandlung herausstellte.
Freundin im Auto
Im Juni 2020, so zumindest die Anklage, schlichen sich die Männer im Alter zwischen 24 und 29 Jahren über eine offene Tür in das leerstehende Gebäude, packten Kabel ein und verschwanden mit ihrer Beute, als sie gestört wurden. Allerdings, so der Vorwurf, ließ einer von ihnen Blut am Tatort zurück, als er sich beim Hantieren mit Kupfer und entsprechendem Werkzeug verletzte. Derweil saß die Freundin (26) abfahrbereit in dem Auto auf dem nahe gelegenen Parkplatz.
Ausflug geplant
Nun saß das Quartett aus Bochum im hiesigen Amtsgericht auf der Anklagebank. Während sich zwei Angeklagte nicht äußern wollten, waren die 26-Jährige und der Jüngste im Bunde bereit, zu der Anklage Stellung zu nehmen. Sie sprachen von einem vollkommen harmlosen Ausflug nach Wetter, wo sie lediglich mit Hund am Wasser spazieren gegangen seien. Die Gegend und insbesondere das leerstehende Demag-Gebäude, so der 24-Jährige, kenne er, weil er sich für „Lost Places“ interessiert habe. Einmal sei er auch im Innern gewesen und bei der Gelegenheit habe er sich verletzt. „Natürlich nicht“, wies er die Frage, ob er dabei auch Kabel mitgenommen habe, von sich. Allerdings: „Des Hausfriedensbruchs bin ich mir auf jeden Fall bewusst.“ Auf seine frühere Leidenschaft für „Lost Places“ angesprochen, listete er mehrere dieser Orte im Ruhrpott auf. Damals habe er sogar einen Instagram-Account mit Bildern gehabt. Der sei mittlerweile aber gelöscht. Am Tattag habe keiner von ihnen das Gebäude betreten. „Es war ja zu“, erklärte er und fügte hinzu, dass nun kaputte Fenster und Türen mit Brettern verschlossen worden seien. Er habe seinen beiden Freunden den Ort nur zeigen wollen. Deshalb seien sie einmal drumherum gegangen. Mehr nicht. Und auch die Angeklagte wusch ihre Hände in Unschuld und versicherte, dass sie nichts mitgenommen hätten, als sie sich auf den Rückweg begeben hätten.
Verdächtiges am Tattag
Nach den beiden Einlassungen wurden mehrere Zeugen gehört – unter ihnen der Mann, der am Tattag Verdächtiges beobachtete und die Firma Demag informierte. Der 65-jährige Mann erinnerte sich, an dem Tag drei Männer beobachtet zu haben, die aus einem Nebeneingang gekommen seien. Erkannt habe er sie nicht – unter anderem deshalb, weil er sie nur von hinten gesehen habe. Das Trio, allesamt deutlich jünger als er, habe etwas getragen. Ob sich eine vierte Person im Auto befunden habe, könne er nicht sagen. Auch wisse er nicht, ob an dem besagten Tag mehrere Fahrzeuge auf dem Parkplatz gestanden hätten. Und er könne auch nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich bei den Leuten, die dann an ihm vorbeigefahren seien, auch um die gehandelt habe, die aus dem Gebäude gekommen seien. Zwischen den Angaben, die er nun vor Gericht machte, und dem, was damals im polizeilichen Protokoll vermerkt wurde, gab es jedoch einige Widersprüche. So erklärte er im Zeugenstand, die Männer hätten Sachen auf den Armen getragen – damals war von unter den Armen die Rede. Im Protokoll stand, dass es sich um kabelartige Dinge gehandelt habe. Nun gab er an, nicht mehr zu wissen, worum es sich drehte. Auch betonte er, bei der Befragung nicht von einem Fluchtwagen gesprochen zu haben. Und, bei der vermerkten Cargo-Hose wisse er gar nicht, was das denn bitte sei. Andererseits war er sich nach wie vor sicher: „Die sind aus dem Gebäude gekommen.“
Strafrichter ohne Zweifel
Während der Anklagevertreter nicht gänzlich von der Schuld der Angeklagten überzeugt war und Freisprüche beantragte, hatte der Strafrichter keine Zweifel. Er wertete die beiden Einlassungen der Angeklagten als widersprüchlich und die Angaben des Zeugen indes als keinesfalls unergiebig, auch wenn es bei dem Mann etwaige Unsicherheiten und Erinnerungslücken gegeben habe. Überhaupt: „Wer soll es sonst gewesen sein?“ Die Konsequenz: Zwei Angeklagte wurden zu jeweils neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, der dritte Mann erhielt sechs Monate mit Bewährung und die junge Frau kassierte 30 Tagessätze à 30 Euro Geldstrafe wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Diebstahl.
Nachdem die Verteidiger aller vier Angeklagten erwartungsgemäß Freisprüche für ihre Mandanten forderten und unter anderem darauf hinwiesen, dass gar nicht feststehe ob und wenn was geklaut worden sei, wurde das Urteil nicht rechtskräftig. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Anwälte Rechtsmittel einlegen werden.