Wetter/Witten/Ennepe-Ruhr. Wahlkampf: Die Grünen wollen, dass S-Bahnen künftig in Volmarstein und Wengern halten. Der Ennepe-Ruhr-Kreis prüft das Entwicklungspotenzial.
Wer diesen Text liest, sollte stets im Hinterkopf haben: Der Landtagswahlkampf läuft auf Hochtouren. Das wissen natürlich auch die Grünen, die mit dem neuen Konzept S-Bahn Ruhr 2.0 eine Debatte anregen und aufzeigen wollen, welche Verbesserungen im Öffentlichen Personennahverkehr mit einem geringen Mitteleinsatz möglich sein können.
In einer kurz vor der Landtagswahl vorgestellten Broschüre stehen auch Vorschläge, die Wetter betreffen und den südlichen Stadtteilen Vorteile brächten. Wobei die Reaktivierung der Ruhrtalbahnstrecke, auf der aktuell Güterzüge und gelegentlich Nostalgieloks verkehren, in den vergangenen Monaten immer wieder ein Thema war. Dazu hat der Ennepe-Ruhr-Kreis bereits eine Potenzialanalyse erstellt.
Vorschlag 1: die S5
Die S5 soll im 15-Minuten-Takt zwischen Dortmund und Hagen verkehren, aktuell hält sie zweimal in der Stunde auch in Wetter.
Vorschlag 2: die S3
Die Linie S3 (Start in Wesel am Niederrhein) soll nach Ansicht der Grünen künftig alle 15 Minuten bis Hattingen und weiter über die reaktivierte Ruhrtalbahnstrecke mit Halt in Volmarstein und Wengern-Ost nach Hagen führen. Die Partei schlägt eine eingleisige Neubaustrecke von Hattingen über Sprockhövel nach Schwelm und im weiteren Verlauf nach Wuppertal vor.
Vorschlag 3: die S46
Auf einer neuen Strecke zwischen Hagen und Gelsenkirchen würde diese S-Bahn auch Volmarstein sowie Wengern ansteuern (Fahrt über das Wittener Ruhr-Viadukt).
Vorschlag 4: Neubaustrecke
Zusätzlich sieht das Konzept eine weitere Neubaustrecke für eine S-Bahn zwischen Witten und Schwelm vor, Bochum oder Dortmund besser an Wuppertal anzubinden. Die neue Strecke verliefe nahe der Elbsche-Trasse, die bekanntlich als Radweg dient. Jürgen Tannenfels, Mobilitätsplaner beim EN-Kreis, findet diese Idee bemerkenswert: „Das wäre eine echte Alternative zur A 43.“ Die Anbindung an Bochum und Dortmund sei gut, nach Wuppertal und zum südlichen Kreis klaffe eine sehr große Lücke.
Halt in Wengern
Dem Haltepunkt in Wengern käme eine besondere Aufgabe zu: Hier können die Passagiere umsteigen in eine weitere Linie (dies wäre nach VRR-Plänen die RB 40), die über den ehemaligen Bahnhof Bommern-Höhe und das Ruhrviadukt zum Wittener Hauptbahnhof führt. Eine direkte Anbindung von der Ruhrtalbahnstrecke könnte es nur geben, wenn der Zug seine Fahrtrichtung ändern würde, was aber sehr viel Zeit benötige.
Die Begründung der Grünen
Verena Schäffer, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag und Direktkandidatin für Witten/Herdecke, erläutert die Pläne für die Region: „Der ÖPNV-Anteil hier beträgt nur zehn Prozent.“
Sechs neue Haltepunkt am Südufer
Auf der Ruhrseite mit Wengern und Volmarstein sollen nach den Plänen sechs neue Haltepunkte entstehen. 1971 wurde auf der aktuellen Güterzugstrecke der öffentliche Personenverkehr eingestellt. Mittlerweile bearbeiten der VRR und EN-Kreis dieses Projekt zur ÖPNV-Reaktivierung, das die Kreis-CDU angestoßen hat. Eine Machbarkeitsstudie soll nun ermitteln, ob der „volkswirtschaftliche Nutzen“ (Tannenfels) größer ist als die Kosten in Millionenhöhe, um die Strecke herzurichten.
Laut EN-Kreis wird ein 30-Minuten-Takt auf dieser Strecke untersucht. Probleme bereite der Hagener Hauptbahnhof, zur Einfahrt stehen keine Bahnsteige für Fahrgäste zur Verfügung. Zudem seien alle Bahnsteige dort schon jetzt stark belegt.
Das derzeitige S-Bahn-Netz passe nicht zu einer Metropolregion mit mehr als fünf Millionen Einwohnern: zu schlechter Takt, zu wenige Stationen, zu viele weiße Flecken im Netz und zu lange Gesamtreisezeiten. „Damit das Konzept umgesetzt wird, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung“, sagt Schäffer.
So reagiert der EN-Kreis
Jürgen Tannenfels erinnert an den langen Atem, der für die Aktivierung einer neuen Bahnstrecke gebraucht wird. Beispiel: Die Verbindung zwischen Wuppertal zum Kreis Mettmann (S28) wurde Ende der 1990er Jahre angegangen und nimmt jetzt, 25 Jahre später, erst Fahrt auf. Nicht zu unterschätzen sei der Widerstand von Anwohnern, wenn aus stillen Gleisen plötzlich Bahnstrecken werden, auf denen der Nahverkehr im 15-Minuten-Takt pendelt. Gleichwohl sagt Tannenfels: „Das ist eine sinnvolle Diskussionsgrundlage für die nächsten Jahrzehnte.“