Herdecke. Eine Familie aus der Ukraine gilt nur als Familie, wenn die nötigen Unterlagen übersetzt vorliegen. Was eine geflüchtete Mutter fassungslos macht

Reißt das deutsche Melderecht ukrainische Familien auseinander? Eine Mutter mit drei Kindern hat das im Herdecker Sozialamt so verstanden und würde jetzt am liebsten schleunigst zurück in die Heimat. Was ist passiert?

Drei Kinder hat die Mutter aus der Ukraine auf der Flucht mit nach Deutschland gebracht. Die älteste ist 20. Dazu kommen ein neunjähriger Junge und ein 14-jähriges Mädchen. Um diese beide Kinder geht es. Bei der Stadt sind sie als „unbegleitete Minderjährige erfasst, obwohl die Mutter doch gleich neben ihnen stand“, empört sich eine Patin, die die Geflüchteten zum Amt begleitet hat. Die Stadt bestätigt im Prinzip: Die mitgeführten Urkunden waren nicht übersetzt, damit fehlen die Nachweise, „die zweifelsfrei erkennen lassen, dass Menschen zueinander gehören.“ Die Stadt weiter: So lange diese Übersetzung nicht vorliegt, „werden minderjährige Kinder melderechtlich als unbegleitete Minderjährige erfasst.“ Nicht nur in Herdecke.

Die Patin ist mehr als schockiert, sagt sie. Diese Familien seien keine Touristen: „Die sind vor dem Krieg geflohen und hatten gerade mal zehn Minuten Zeit zu packen. Manche von denen werden gar keine Geburtsurkunde dabei haben.“ Schmerzlich auch für die Mutter aus der Ukraine: Als Familienstand sei „unbekannt“ eingetragen worden, berichtet die Patin. Dabei habe der Mann während des Amtsbesuchs die Papiere übermittelt.

Übersetzung ist noch beizubringen

Die Stadt bittet um Verständnis, dass sie nur nach Melderecht handeln könne. Beim Sozialamt seien Mutter und Kinder aber als Familie erfasst worden. Und auch mit dem Bürgerbüro als Meldebehörde habe sich das Sozialamt schnell kurzgeschlossen. Selbst im Bürgerbüro sei mittlerweile hinterlegt, dass Mutter und drei Kinder einen Familienverband bilden würden. Nur offiziell durch die Übersetzung bestätigt sei das eben noch nicht. An der gemeinsamen Unterbringung oder den sozialen Leistungen für die Vier ändere das ohnehin nichts. Die Mutter solle „in angemessener Zeit Übersetzungen nachreichen.“