Herdecke. Schweigeminute für die ersten Toten und Worte der Solidarität: Wie in Herdecke gegen den Krieg in der Ukraine eine Zeichen gesetzt wird
Es scheint kein Zufall gewesen zu sein, dass nach vielen grauen Tagen mit Regen, Graupel und Wind sich gerade am letzten Samstag die Sonne in ihrer vollen Pracht zeigte. Unter wolkenfreiem und blauem Himmel fanden sich gut 250 Menschen aus Herdecke und den Nachbarstädten auf dem Rathausplatz ein, um für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie – vor allem aber, um gegen den Krieg in der Ukraine – zu demonstrieren. Nur wenige werden sich an eine derartig große und bunte Demonstration in Herdecke erinnern können, bei der die Parteifarben mal keine Rolle spielten. Ein starkes Zeichen einer bunt gemischten Herdecker Bürgerschaft!
Von Anfang an lag eine ganz besondere Atmosphäre in der Luft. Dabei hatte wohl keiner mit so vielen Teilnehmern gerechnet. Bei der offiziellen Anmeldung der Mahnwache hat man mit etwa 50 Menschen kalkuliert.
Aus diesem Grund hatten die Veranstalter auch kein Megafon geschweige denn eine Lautsprecheranlage organisiert. Auch der Lokalpolitiker, Enric Tange, der zwei Tage zuvor die Idee der Versammlung in den Rat einbrachte, war sichtlich ergriffen: „Mit so vielen Menschen hätte ich nicht gerechnet. Ich war kurz davor zu weinen, als ich da oben stand. Das hat mich sehr berührt“, so Tange.
Schweigeminute für die ersten Opfer
Berührt zeigten sich auch viele der Menschen auf dem Rathaus-Vorplatz. Die dominierenden Farben unter den vielen bunt gemischten Menschen aus jung und alt waren Blau und Gelb, die Nationalfarben der Ukraine. Die Menschen brachten ihre selbstgebastelten Plakate mit, schwenkten Friedensfahnen oder zeigte ihre Anteilnahme durch die bloße Teilnahme an der Mahnwache. „Wir wollen hier heute ein Zeichen setzen, für Frieden und Demokratie. Wir Herdecker stehen der Ukraine bei“, sagt Tange von der Treppe zum Ratssaal zu den vielen Demonstranten. Er verurteilt den Angriff Putins, dieser allein sei „der Aggressor“. In einer Schweigeminute gedachten die Bürger den vielen bereits Gefallenen Menschen und all jenen, die noch in Zukunft ihr leben in einem sinnlosen Krieg lassen werden.
Nach Tange, der als Initiator die Begrüßung übernommen hatte, kamen auch weitere Bürger zu Wort. Dabei hatten alle folgenden Redner eines gemeinsam: Alle bekundeten ihre Fassungslosigkeit über Putins Angriffskrieg in der Ukraine, zeigten sich aber gleichzeitig auch entschlossen im Kampf für den Frieden und in ihrer Solidarität: „Ich könnte stundenlang heulen“, sagt der Herdecker Rainer Beck, der auch schon gegen den Vietnamkrieg auf die Straße gegangen sei.
Respekt für Demos in Russland
Christoper Huck lobte vor allem die Demonstranten in Russland, die sich gegen ihren Machthaber auflehnen. Ihn beeindruckten die Menschen in Moskau und St. Petersburg, die sich selbst in große Gefahr begeben würden, sobald sie öffentlich den Krieg in der Ukraine und damit Putin kritisieren.
Die Ernsthaftigkeit der Veranstaltung zeigte sich auch darin, dass sich von Anfang an alle Fraktionen des Herdecker Rates einig gewesen sind, für diesen besonderen Tag das Parteibuch in der Schublade zu lassen. „Wir wollen das hier heute nicht parteipolitisch ausschlachten. Wir stehen hier heute alle gemeinsam, um ein Zeichen zu setzen“, sagt die Landtagsabgeordnete Dr. Nadja Büteführ. „Wir müssen für Freiheit kämpfen“, pflichtet ihr die Landespolitikerin, Verena Schäffer, bei. Es werde in Zukunft auch darum gehen, schutzsuchende Menschen aufzunehmen: „Wir müssen auch da Solidarität zeigen,“ so Schäffer.
Zum Ende der Versammlung hatten alle Teilnehmer noch die Möglichkeit, sich auf zwei blau-gelben Plakaten zu verewigen. Die in den Farben der Ukraine unterschriebenen Plakate sollen dann dem Rathaus zur Verfügung gestellt werden. „Das war eine spontane Idee. So hat man aber etwas, das man hinterher zur Schau stellen kann, um zu zeigen, dass Herdecke gegen den Krieg ist“, erklärt Enric Tange, der nach der Veranstaltung von allen Seiten und über alle Parteigrenzen hinweg nur positives Feedback für die Veranstaltung bekam.
Pfadfinder mit Kontakt
Auch die Pfadfinder des Herdecker Pfadfinder-Stammes „Marcel Callo“ waren mit unter den gut 250 Demonstrierenden am Samstag in Herdecke.Für Pfadfinder seien das Engagement und der Frieden zwei Hauptthemen in ihrer Arbeit, erklärt die Vorsitzende des Stammes, Anna Wanders.Inzwischen gebe es über den Ring Deutscher Pfadfinder bereits Kontakte zu ukrainischen Pfadfindern, so Pfadfinder Steffen Lidtner.Über die sozialen Medien halte man Kontakt mit dem ukrainischen Pfadfinderverbund und versuche die Menschen in der Ukraine zu unterstützen.