Ennepe-Ruhr. Wirte und Hoteliers beklagen Personalmangel. Im EN-Kreis sind mehr als 1000 Mitarbeiter in andere Branchen gewechselt. Wie geht’s weiter?
Die vierte Corona-Welle schlägt voll durch. Dazu kommt die Corona-Variante Omikron. Das sorgt für weniger Weihnachtsfeiern, für immer weniger Gäste in Restaurants, für leere Hotelbetten. Und das bedeutet mehr Kurzarbeit. Das sagt Isabell Mura von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Kaum eine andere Branche im Ennepe-Ruhr-Kreis bekomme die „Wucht der Welle“ wirtschaftlich so zu spüren wie das Hotel- und Gaststättengewerbe. Im Ennepe-Ruhr-Kreis würden hier immerhin rund 4.040 Menschen arbeiten, so Mura. Die Geschäftsführerin der NGG-Region Südwestfalen macht sich um deren Jobs Sorgen. Dabei rechnet sie nicht mit einem gravierenden Arbeitsplatzabbau. Ihr geht es vor allem um das „Durchhaltevermögen von Köchen, Kellnerinnen Co.“: „Das Geschäft wird nach der Welle weitergehen. Aber die Durststrecke bis dahin ist das Problem. Wer in Kurzarbeit geschickt wird und mit 60 Prozent seines Lohnes klarkommen muss, der macht das, was jeder machen würde: Der guckt sich woanders um“, sagt Isabell Mura.
Viele Gastronomie-Beschäftigte seien bereits in andere Branchen abgewandert. Besonders in den Handel und in die Industrie – oft in Drogeriemärkte oder in die Lebensmittelindustrie. „Servicekräfte aus der Gastronomie sind taff, eloquent, flexibel, und sie können zupacken. Mit diesen Qualitäten müssen sie nicht lange suchen“, so die NGG-Geschäftsführerin. „Dieser Trend wird sich fortsetzen. Denn die Gastro-Beschäftigten vermissen vor allem eines: eine Perspektive im Job. Da geht es insbesondere um einen ordentlichen Lohn. Aber auch um die Chance, sich im Job weiterentwickeln zu können. Und um eine bessere Ausbildungsqualität“, sagt Isabell Mura. Die Geschäftsführerin der NGG-Region Südwestfalen macht deutlich, dass die im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DeHoGa) zusammengeschlossenen Arbeitgeber jetzt am Zuge seien: „Sie haben es in der Hand, durch einen Lohn von ‚12 plus X Euro‘ die Branche für die Zeit nach der Pandemie deutlich attraktiver zu machen“, so Mura. Dann werde es ohnehin bundesweit den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde geben, den die Ampel-Koalition in Berlin beschlossen habe. „Wer meint, Beschäftigte in Hotels, Restaurants und Gaststätten mit einem ‚Lohn light‘ knapp oberhalb des Mindestlohnlimits halten zu können, der vertut sich gewaltig“, sagt die Gewerkschafterin.
Es komme jetzt bei der nächsten Verhandlungsrunde am kommenden Mittwoch darauf an, „gegen die ‚Pandemie-Delle‘ ein deutliches Zeichen der Job-Attraktivität in der Branche zu setzen“. Dazu gehöre auch, den Beschäftigten gute Chancen zu bieten, sich im Job weiterzuentwickeln. Ein flexibleres Lohnstufen-Modell würde hier die richtigen Anreize setzen – für mehr Qualifikation und Bindung an die Branche“, so Isabell Mura.
20 Prozent weniger
Vor der Pandemie – im Dezember 2019 – hätten im Ennepe-Ruhr-Kreis noch 5.050 Menschen im Hotel- und Gaststättengewerbe gearbeitet. Mittlerweile sei die Zahl der Beschäftigten allerdings um 20 Prozent zurückgegangen. Das gehe aus der aktuellsten Statistik der Arbeitsagentur hervor. Die Pandemie-Zahlen stammten aus dem Frühjahr und dürften sich inzwischen nochmals verschlechtert haben, schätzt die Gewerkschaft NGG die Lage ein.