Herdecke. In vierter Generation leiten Robin und Ariane Hagenkötter die Bäckerei, die 125-Jähriges Bestehen feiert. So fing es an, so geht es weiter.

Es ist das Jahr 1896. Die Bundesrepublik heißt Deutsches Kaiserreich. Wilhelm II. regiert. Wilhelm Conrad Röntgen stellt seine X-Strahlen vor. Es gibt den ersten Verkehrsunfall mit Todesfolge, an dem ein Automobil beteiligt ist. In London wird der erste, in Großbritannien gezeigte Film vorgeführt. Und: In Herdecke beginnt die Erfolgsgeschichte der Bäckerei Hagenkötter. 125 Jahre später gibt es den Familienbetrieb immer noch, in bereits vierter Generation.

Mehl von Bauern und Müllern

Und so hat die Bäckerei ihren Anfang genommen: Karl und Anna Hagenkötter eröffnen 1896 am Ahlenberg eine kleine Backstube. Dort gibt es aber nicht wie heute für jedermann Waren zu kaufen. Stattdessen bringen Müller und Bauern ihr Mehl. Gegen einen festgesetzten Betrag stellen Hagenkötters daraus Brot her. Irgendwann übernimmt der gleichnamige Sohn des Firmengründers – Karl Hagenkötter – mit seiner Frau Frida das Geschäft. Noch immer gibt es kein Verkaufslokal. Das Paar nimmt Bestellungen an und liefert diese mit der Kutsche aus. 1944 trifft es die Familie schwer. Eine Kriegsbombe zerstört Bäckerei und Wohnhaus. Alles brennt bis auf die Grundmauern nieder. Doch Hagenkötters lassen sich davon nicht entmutigen. Sie bauen alles wieder auf.

Große Veränderungen

Im Mai 1974 kann Karl Hagenkötter seine Bäckerei an Sohn Karl Wilhelm Hagenkötter und Ehefrau Silvia übergeben. Mit Übernahme durch die dritte Generation gehen große Veränderungen einher: Die erste Filiale in Kirchende wird eröffnet. 1977 folgt ein Verkaufsladen an der Hauptstraße. Von nun an erweitert sich das Sortiment stetig. Die Kunden freuen sich nicht mehr nur über Brot, sondern können auch hausgemachten Kuchen genießen. Denn schnell gehören auch Konditormeister zum Team der Bäckerei Hagenkötter. 1982 kommt Sohn Robin zur Welt. Im Alter von zwölf Jahren hilft er bereits im elterlichen Betrieb aus. Und so verwundert es nicht, dass er es seinem Vater gleichtut und Bäckermeister wird.

Vierte Generation tritt an

2005 wird Robin Hagenkötter während seiner Ausbildung zum besten Nachwuchsbäcker in NRW gekürt. Am 1. Januar 2019 tritt er endgültig in die Fußstapfen seines Vaters und übernimmt mit Ehefrau Ariane die Leitung des Geschäfts.

Robin und Ariane Hagenkötter vor dem Verkaufswagen, der seit Beginn der Renovierungsarbeiten neben der Filiale am Kirchender Dorfweg steht. Die Wiedereröffnung steht kurz bevor.
Robin und Ariane Hagenkötter vor dem Verkaufswagen, der seit Beginn der Renovierungsarbeiten neben der Filiale am Kirchender Dorfweg steht. Die Wiedereröffnung steht kurz bevor. © Elisabeth Semme

Sie halten treu an der Familientradition und damit verbundenen Backverfahren fest, gehen aber auch mit der Zeit. „Es ist immer Snack-lastiger geworden“, sagt Robin Hagenkötter. Und: „Die Leute halten sich immer mehr im Geschäft auf. Das hat in den letzten Jahren massiv zugenommen.“ Deshalb sei das Sortiment um etwa Kartoffelsalat und Bockwurst erweitert worden. Zudem gäbe es morgens frisches Rührei. Damit Kunden sich wohlfühlen, habe sich mit der Zeit das Ambiente in den Filialen verändert. Aktuell zählt die Bäckerei Hagenkötter drei Filialen: zwei in Herdecke und eine in Witten.

Rundum-Erneuerung der Ender Filiale

Seit November 1999 gibt es in der Filiale in Kirchende ein Café. Momentan ist dieses allerdings geschlossen. Ersatzweise werden die Backwaren aus einem Wagen heraus verkauft. Grund ist eine komplette Erneuerung. „Die Technik ist 22 Jahre alt. Das muss erneuert werden“, erklärt Bäckermeister Robin Hagenkötter. Seit Januar laufen die Planungen. Am 4. Oktober haben die Umbauarbeiten begonnen. Zu Zeiten von Corona kein leichtes Unterfangen. War es davor selbstverständlich, dass bestellte Waren innerhalb weniger Tag ankamen, sahen sich die Hagenkötters nun plötzlich mit langen Wartezeiten konfrontiert. Egal, ob Spülmaschine oder Fußbodenbeläge: Immer wieder musste länger gewartet oder sogar ganz umgeplant werden. „Gerade die letzten zwei, drei Wochen war es sehr stressig“, so Robin Hagenkötter. Aber mit dem Ergebnis ist das Paar zufrieden. „Die Klimageräte sind auf dem neuesten Stand. Mit Virusfilter und Frischluftzirkulation. Unsere Kunden sollen sich bei uns wohl und so sicher wie möglich fühlen“, erklärt Ariane Hagenkötter. Ein neuer Kaffeeautomat soll für mehr Genuss, dunkle Farben, Lampen und Raumteiler außerdem für eine gemütliche Atmosphäre sorgen. Decke und Tresen erstrahlen in frischem Glanz.

Parkplätze neu gepflastert

Im Außenbereich hat sich ebenfalls etwas getan. „Wir haben die Parkplätze neu gepflastert“, so Robin Hagenkötter. Der Bäckermeister gibt zu, dass schon etwas Wehmut dabei war, als das bisherige Inventar entfernt wurde. Aber jetzt sei er gespannt auf die Reaktionen der Kunden. Und noch etwas ist tröstlich: Über Möbel und noch brauchbare Geräte darf sich eine Kirchengemeinde als Spende freuen.

Die Wiedereröffnung ist für Mittwoch, 27. Oktober, geplant.

125-Jahr-Jubiläum

Als die Bäckerei Hagenkötter ihr 100-jähriges Jubiläum hatte, wurde dieses mit Rundgängen durch die Backstube gefeiert.

Auch das 125-jährige Bestehen hätte die Familie gern groß gefeiert. Doch Corona lässt das nicht zu.

Die Hagenkötters haben sich daher entschieden, das Ereignis zwar ohne Festakt, dafür aber mit vielen besonderen Angeboten zu begehen.

Vom 27. Oktober bis zum 7. November gibt es unter anderem das beliebte Vitalbrötchen im Angebot. Mehr wollten Robin und Ariane Hagenkötter nicht verraten. Die Kunden sollen schließlich überrascht werden.