Herdecke. Der Heimat- und Verkehrsverein Herdecke beklagt, dass das Hochwasser Mitte Juli viele Exponate in der Heimatstube an der Uferstraße zerstört hat.

Christian Münch erging es am späten 14. Juli und tags darauf so wie vielen. Die Auswirkungen des heftigen Dauerregens und der Flut offenbarten sich vielerorts erst beim zweiten Blick. „Ich war erstaunt, wie chaotisch es hier in unserer Heimatstube aussah und welche Kraft das Wasser im Bachviertel entwickelt haben muss“, sagt der Vorsitzende des Herdecker Heimat- und Verkehrsvereins.

Fotos erinnern an die Zerstörung in der Heimatstube. Im Erdgeschoss in der Uferstraße 13 stand das Wasser zwar nicht lange, dafür aber recht hoch (fast einen Meter). „Durch den Schlamm ging viel kaputt“, erklärt Münch. „Vieles war verdreckt und schlicht unbrauchbar geworden, das Holz war aufgequollen.“ Gleich am 15. Juli räumten vier Vereinsmitglieder das Herdecker Heimatmuseum leer. Zwölf Stunden lang. Sie entsorgten fast alle Möbel, die Vitrinen mit defekten Schlössern und feuchte Papierdokumente, auf denen nichts mehr zu erkennen war.

„Schnell war klar, dass es sich hier um keine Kleinigkeit handelt. Wir wollten damals alles retten, was zu retten war. Man hat an dem Tag einfach funktioniert und nicht groß nachgedacht, was das für eine Bedeutung haben könnte“, so Münch rückblickend. Er beziffert den Sachschaden auf 7000 bis 10.000 Euro. „Eine ganz andere Frage betrifft die ideellen Werte, die hier verloren gingen. Auch das gilt es beim Blick in die Nachbarschaft aber zu relativieren, dort ist manchen die Lebensgrundlage weggeschwommen.“

Das Hochwasser am Bachplatz Mitte Juli hat auch die Einrichtung und Ausstellung in der Heimatstube an der Uferstraße zerstört.
Das Hochwasser am Bachplatz Mitte Juli hat auch die Einrichtung und Ausstellung in der Heimatstube an der Uferstraße zerstört. © Christian Münch

Drei Monate später sitzt der Vorsitzende des Heimat- und Verkehrsvereins im Erdgeschoss des Hauses Uferstraße 13. Aufgeräumt sieht es hier aus, es riecht nach frischer Farbe an den Wänden. Klingt gut, doch die traurige Wahrheit ist: „Wir haben rund 30 oder 40 Prozent der hier präsentierten Ausstellungsstücke verloren. Wir konnten im Prinzip nur das retten, was oben auf Regalen stand und nicht mit Schlamm oder Wasser in Berührung kam, nur vereinzelt ließen sich Papierdokumente trocknen“, so Münch. „Das ist wirklich schade, weil manche Kulturgüter einzigartig waren, die bekommen wir nie wieder irgendwoher.“

In zwei Kategorien lassen sich die Heimatstuben-Exponate einstufen. Dazu gehören Ausstellungsstücke, über die sich generell das Leben von früher erklären ließ. Und dann sind da noch Gegenstände, die einen historischen Stadt-Bezug haben. „An denen hing unser Herz besonders. Auch deshalb, weil einige Herdecker uns spezielle Dinge treuhänderisch zur Verfügung stellten, da sie dachten, dass diese in der Heimatstube gut aufgehoben seien.“ Münch habe in den letzten Wochen nach Rückfragen und trauriger Auskunft verständnisvolle Reaktionen erhalten. „Es tut mir dennoch leid für die Leute, denn die Übergaben hatten ja auch mit einer Wertschätzung uns gegenüber zu tun.“

Das „Baby“ von Brunhilde Conjaerts

Wenn Münch „wir“ sagt, denkt er vor allem an Brunhilde Conjaerts. Die Heimatstube gilt als „ihr Baby“. Die agile und stadtbekannte Seniorin hat über Jahrzehnte Gegenstände gesammelt, diese dann zunächst am Stiftsplatz und zuletzt in der Uferstraße präsentiert, etliche Besucher empfangen und jenen vielfältige Einblicke in historische Zusammenhänge ermöglicht. Auch wegen dieser Leistung erhielt sie 2019 den ersten Heimatpreis der Stadt Herdecke.

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Gewissermaßen war damals die Welt noch in Ordnung. Im Jahr darauf breitete sich das Coronavirus aus. Folge: Die Heimatstube öffnete im März 2020 zum letzten Mal, seither ist der gemietete Raum für den Publikumsverkehr geschlossen. Nun die Hochwasser-Folgen. Und die Gewissheit: „Wir brauchen einen neuen Ansatz, wir öffnen hier nicht mehr wie vor der Pandemie.“ Derzeit sind Münch und Co. mit einer Bestandsaufnahme an drei Orten beschäftigt. Was lässt sich aus der Heimatstube, aus dem Lagerraum in Ende und aus den Akten, die der Verein im Rathaus aufbewahren kann, Neues anfangen?

Ohne Zeitdruck will der Verein ein anderes Heimatmuseum-Konzept erstellen. Derzeitiger Ansatz: eine Kombination aus aktuellen Bezügen mit geschichtlichen Ansätzen. Altes mit Neuem verknüpfen. Oder thematische Ausstellungen organisieren. Oder mit Partnern kooperieren. „Wir wollen weitermachen. Das nächste Mal öffnen wir hier in der Uferstraße zum Jahresende, wenn wir unsere neue Ausgabe der Herdecker Blätter verkaufen können“, meint Münch.

Rückblick auf 28 Jahre

Im April 2014 öffnete die Herdecker Heimatstube an der Uferstraße 13.

Gründungsort des Heimatmuseums ist der Stiftsplatz: 1993 gab es dort die erste Ausstellung der Heimatstube in einem Fachwerkhaus, ehe 20 Jahre später der Umzug zum heutigen Standort ins Viertel am Bachplatz erfolgte.

Im Internet auf der Seite www.heimatverein-herdecke.de gibt es weitere Infos.

In der Zwischenzeit will der Vorstand des Heimat- und Verkehrsvereins in dem Raum an der Uferstraße tagen. Auf neuen Stühlen, weitere Möbel sollen folgen. Um verbliebene Exponate wie Darstellungen des Sackträger(brunnen)s, historische Ideal-Spaten oder das große Steinbruch-Foto von der Rettelmühle würdevoll präsentieren zu können.