Herdecke. Nicht offen für Neues, verbissen gegenüber den anderen Parteien - warum Pia Blothe die SPD in Herdecke in Richtung Die Partei verlässt.

Die jüngste Frau im Rat der Stadt Herdecke wechselt von der SPD zu der Partei. Diese hatte bei der letzten Kommunalwahl nur einen Sitz erringen können. Durch die Verstärkung mit Pia Blothe kann Nico Fischer nun eine Fraktion bilden. Hauptgründe für die Veränderungen bei Pia Blothe: Die SPD sei nicht offen für Neues und für Junges, sie verbeiße sich im Umgang mit anderen Parteien und sei auch nicht fair mit ihr umgegangen.

Nico Fischer freut sich, „das junge Zugpferd der SPD“ an seiner Seite zu wissen. Pia Blothe war im September 2020 mit 21 Jahren in den Rat eingezogen. Nur Enric Tange von der FDP war noch jünger. Hätte Pia Blothe nur ihr Mandat behalten, sich aber nicht mit einer anderen Ratsperson oder Fraktion zusammen getan, wären ihre Möglichkeiten künftig ebenso beschränkt geblieben wie die von Nico Fischer bisher. Nun aber können Beide eine Fraktion bilden und sind nicht mehr auf Änderungsanträge begrenzt, sondern können eigene Anträge für ihre Ideen einbringen.

Pia Blothe findet es „schwierig, in der SPD Themen für junge Menschen durch zu bekommen.“ Sie habe sich „ein bisschen belächelt gefühlt, aber nie richtig ernst genommen.“ In politisch anders tickenden Menschen habe die SPD „nur Gegner gesehen“, dabei gehe es doch darum, zu einem konstruktiven Miteinander zu finden, so Pia Blothe. Schließlich: Als sie sich aus privaten Gründen ein wenig zurück gezogen habe, hätte es bei den Parteigenossen an Verständnis gefehlt. Die SPD wurde bezüglich des Wechsels von Pia Blothe ebenfalls von der Redaktion angefragt. Bis Redaktionsschluss gab es jedoch keine Reaktion.

Blothe und Fischer weisen auf eine Reihe inhaltlicher Übereinstimmungen. „Wir ergänzen uns sehr gut und haben viele Gemeinsamkeiten“, so Nico Fischer, „das fängt bei mehr bezahlbarem Wohnraum für junge Leute in Herdecke an und geht über diverse Ideen, den Tourismus in Herdecke nachhaltig zu fördern.“ Verbindend sei aber auch die Überzeugung, „dass generell mehr für junge Menschen in Herdecke getan werden muss.“

Bei der SPD hatte Pia Blothe das Gefühl, sie solle rausgedrängt werden aus dem Rat. Sie aber will weiter Politik machen, „um Herdecke nach vorne zu bringen“. Sie wolle etwas bewegen, sagt sie, und fügt an: „Das war schon im Kinder- und Jugendparlament so..“

>>> Für eine Fraktion braucht es zwei Mitglieder

Fraktionen haben besondere Rechte, sind aber an eine Mindeststärke gebunden. Im Herdecker Rat liegt diese bei zwei Mitgliedern. Bisher war Nico Fischer von der PARTEI als Einzelkämpfer im Rat unterwegs, mit Pia Blothe zusammen kann er eine Fraktion bilden.

Zunächst war auch Dieter Kempka nach der letzten Kommunalwahl im September 2020 als einzelnes Mitglied für den Herdecker Rat gestartet. Dann bescherte das Los-Glück der Linken ein zweites Mandat, und die Linke konnte wie auch zu Beginn der Ratsperiode zuvor eine Fraktion bilden.

Fraktionen steht es zu, Anträge zur Tagesordnung zu stellen. Das gibt ihnen mehr Gewicht. Außerdem erhält der Vorsitzende einer kleinen Fraktion den zweifachen Satz der Aufwandsentschädigung. Zudem gibt es für eine Zwei-Personen-Fraktion pro Monat gut 160 Euro zusätzlich.

Die Mitnahme eines Mandates zu einer anderen Partei führt nicht unbedingt zu einer Neuordnung der Ausschussbesetzungen, wie sie zu Beginn einer Ratsperiode vorgenommen werden. Das Gesetz, so die Stadtverwaltung auf Anfrage, „enthält keine Regelung, die eine ,Umbesetzung’ der Ausschüsse aufgrund eines Fraktionswechsels bedeuten würde.“

Fraktionswechsel hat es in Herdecke häufiger gegeben. In der letzten Ratsperiode hatte sich die Grüne Fraktion vollständig gespalten. Aus ihr ging als Ableger die Fraktion Herdecke plus hervor. Die SPD bekam Zuwachs von Ex-Linken.