Herdecke. Lernen lässt sich auch außerhalb der Schule. Was das Koepchenwerk am Hengsteysee der Realschule und der FHS in Herdecke bringen kann.
Es sind nur ein paar hundert Meter von der Realschule am Bleichstein, und doch haben Marie, Jolina, Julie und Luke das historische Koepchenwerk noch nie von innen gesehen. Jetzt trotten sie zusammen mit dem Leistungskurs Physik der Q2 an der Friedrich-Harkort-Schule den Weg am Ufer des Hengsteysees entlang: Das Koepchenwerk wird außerschulischer Lernort für die beiden weiterführenden Schulen der Stadt.
Vergangenheit und Zukunft am Seeufer in Herdecke
Im Unterricht am Morgen hat Julie (15) bereits über Turbinen geredet. Gleich soll sie sehen, wie so etwas in echt aussieht. Turbinen, Generatoren oder auch die Produktion von Strom, das sind Themen, die im Technikkurs der Stufe 10 der Realschule behandelt werden. Und da lässt sich am und vor allem im historischen Koepchenwerk eine Menge lernen.
1930 wurde die Maschinenhalle in Betrieb genommen, zusammen mit dem Pumpspeicherbecken oben auf dem Berg. „Das ist wie eine Talsperre“, erklärt Peter Gerigk, „nur ohne eigenen Zufluss“. Stattdessen wurde Wasser vom Hengsteysee ins Becken gepumpt und bei Bedarf zur Stromproduktion wieder abgelassen. Er sei früher selbst einmal Lehrer an der FHS gewesen, stellt sich Gerigk dem Leistungskurs vor. Jetzt ist der Pensionär Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Koepchenwerk.
Gerade hat er mit Anke Lohscheidt und Andreas Joksch an einem Metalltisch gestanden, ausgebreitete Dokumente vor sich. Die Leiterin der Realschule und der Leiter der Friedrich-Harkort-Schule haben eine Partnerschaftsvereinbarung mit der Arbeitsgemeinschaft unterzeichnet, die das historische Werk zum außerschulischen Lernort macht.
Die Schülerinnen und Schüler sollen „durch die Partnerschaft Möglichkeiten zur Energiegewinnung früher und heute sowie Speichermöglichkeiten von Strom kennen lernen“, so steht es in der Vereinbarung.
Dazu werden Mitglieder der AG unter anderem Führungen für Schülergruppen durchführen. Die Schulen sollen aber auch die Räumlichkeiten des Koepchenwerks etwa im Rahmen einer Projektwoche oder eines MINT-Camps nutzen können.
„Das Koepchenwerk bietet eine hervorragende Möglichkeit, Schule in einer spannenden Umgebung praxisnah zu gestalten und dabei ein wichtiges Herdecker Denkmal auch im Bewusstsein der heranwachsenden Generation zu verankern. Gleichzeitig ist das Koepchenwerk ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Technik aus der Vergangenheit auch für die Zukunft von großer Bedeutung ist. Denn durch den Ausbau der erneuerbaren Energien wird Stromspeicherung zum Beispiel durch Pumpspeicherkraftwerke immer wichtiger“, sind sich alle Beteiligten einig.
Ludger Gochermann, Vorstandsmitglied der AG, führt die Schülerinnen und Schüler an den riesigen Maschinensätzen vorbei und nimmt sie auch mit nach draußen. Hier ist das neue Koepchenwerk zu sehen, aber den Blick beherrschen immer noch die beiden großen Rohre am Hang hinauf bis zu den drei markanten Buchstaben RWE. Lehrer Sebastian Schulze kann sich noch daran erinnern, wie er als Kind mit seinen Eltern mit der Standseilbahn neben den Rohren hoch gefahren ist. Für ihn mag das Vergangenheit sein. Für Peter Gerigk und Ludger Gochermann ist das zugleich eine Aufgabe für die Zukunft: Als touristische Attraktion mit Rundwanderweg und Seilbahnfahrt könnte das Koepchenwerk verstärkt nicht nur Lernort für Schulklassen sein.
Mit Stiftung abgestimmt
Eigentümerin des Koepchenwerks ist die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur.Mit ihr wurde die Vereinbarung abgestimmt. Die Stiftung begrüßt die Kooperation ausdrücklich. Kosten entstehen für die Schulen und die Schülerinnen und Schüler nicht. Die Mitglieder der AG Koepchenwerk üben ihre Tätigkeit alle ehrenamtlich aus.