Wetter/Herdecke. Hartmut Ziebs, CDU-Kandidat auch für Wetter und Herdecke, hat Lust auf Bundestag. Das will er bewirken.
Dass der Katastrophen- und Bevölkerungsschutz sein Steckenpferd ist, verwundert bei Hartmut Ziebs wahrscheinlich niemanden. Welche Themen den ehemaligen Feuerwehr-Präsidenten sonst noch beschäftigen, welche Ansichten er hat und warum er sich als Bundestagskandidat für die CDU aufstellen ließ, verrät er im Interview.
Warum kandidieren Sie für den Bundestag? Haben Sie Angst vor zu viel Freizeit?
Hartmut Ziebs (lacht): Ich habe Berlin kennengelernt und bin der Meinung, dass man, wenn man es richtig macht, viel bewegen kann. Ich habe als Feuerwehrpräsident ja nicht nur Feuerwehr-Themen bearbeitet, sondern hatte auch mit der Familien- und Wirtschaftspolitik zu tun. Und ich weiß, dass man sich da nicht nur Freunde macht. Bei der Kommunalwahl habe ich mich bereits engagiert, und als die Anfrage für die Bundestagswahl kam, habe ich das mit meiner Frau besprochen, und die Entscheidung stand schnell fest.
Ihr Steckenpferd als großes Thema im Wahlkampf ist der Bevölkerungsschutz...
Ja, wobei der Bevölkerungsschutz mehr als nur Blaulicht beinhaltet. Es ist ein Querschnittsthema, darunter fallen beispielsweise auch Corona und Hochwasser. Man muss ganzheitlich denken, und es muss möglich sein, sich auf undenkbare Situationen einzustellen. Ein Beispiel ist ganz aktuell das Hochwasser und die Warnungen davor. Es macht meiner Meinung nach keinen Sinn, dass der Deutsche Wetterdienst uns die möglichen Regenmengen nennt. Ich muss wissen, wie sich das auswirkt. Die Bundeswehr beispielsweise hat Daten und kann genau sagen, wie gesättigt die Böden und wie voll die Flüsse und Bäche sind. Damit könnten mögliche Auswirkungen vorausgesagt werden. Es muss aber nicht nur in Bezug darauf mehr passieren. Die nächste Pandemie wird kommen. Wir kümmern uns viel zu wenig um Cyberangriffe. Und wie gehen wir eigentlich mit Fake News um?
Glauben Sie, dass in Bezug auf die Corona-Pandemie richtig gehandelt wurde, beziehungsweise wird?
Wir haben eine Vielzahl an unterschiedlichen Regeln, beispielsweise für Schulen, Arbeit und Freizeit. Jedes Ministerium macht sein eigenes Ding. Das darf so nicht sein. Ich glaube, wir werden eine vierte Welle kriegen, aber sie wird nicht mehr so heftig sein wie die anderen, und wir werden auch nicht mehr in den Lockdown gehen. Wichtig ist, dass wir einen höheren Impfdurchsatz bekommen.
Wie sehen sie die Bundesregierung bezüglich der Inneren Sicherheit aufgestellt?
Wir müssen mehr mit den Menschen arbeiten und sie für Themen sensibilisieren. Ein Beispiel ist der Kindesmissbrauch. Wir müssen lernen, Signale der Kinder frühzeitig zu erkennen, und die Menschen müssen die Möglichkeit haben, ihre Beobachtungen zu melden, ohne dass wir ins Denunziantentum abrutschen. Es gibt viele Menschen, die sagen, dass die Strafen, zu denen solche Täter verurteilt werden, zu lasch sind.
Meinen Sie, dass unsere Gesetzeslage ausreicht, um die Täter zu bestrafen?
Ich bin in Bezug auf Straftaten generell für null Toleranz, aber im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Mit null Toleranz meine ich, dass jede Straftat, egal von wem sie begangen wurde, geahndet werden muss. Das Strafmaß muss dann mit Augenmaß verhängt werden, für jede Personengruppe aber gleichsam gelten. Und es sollte die Möglichkeit zur Resozialisierung gegeben werden.
Kommen wir zur Wirtschaft und damit auch zum Problem der Ausbildung. Viele Lehrstellen sind derzeit noch unbesetzt. Woran liegt das?
Zum einen gibt es weniger Jugendliche, die sich auf eine Lehrstelle bewerben. Anderseits ist es auch heutzutage nicht mehr so attraktiv, sich die Hände schmutzig zu machen. Das Image des Handwerker ist nicht mehr das Beste. Viele Menschen denken bei einer Baustelle daran, dass die Arbeiter Bier trinken oder dort nur doofe Leute arbeiten. Das ist nicht der Fall. Ich kann das sagen, weil ich selbst Handwerker bin. Die Jobs sind sehr zukunftssicher und inzwischen auch gut bezahlt. Uns muss wieder bewusst werden, dass der Mittelstand der große Bereich ist, der unsere Wirtschaft trägt.
Stichwort Wirtschaft – während der Pandemie sind viele Unternehmen und auch Verwaltungen ins Homeoffice gewechselt. Digitalisierung wurde ein Stück weit voran getrieben. Wie sehen sie beispielsweise die Ämter in Bezug auf die Digitalisierung aufgestellt?
Vieles, was heute als Digitalisierung gilt, ist kein echter Fortschritt. Da müssen wir dringend dran arbeiten. Sich ein pdf auf der Seite einer Stadtverwaltung herunterladen zu können, um es auszufüllen, zu unterschreiben, wieder hochzuladen und dann zu verschicken, ist keine echte Digitalisierung. Das muss alles online gehen.
Das Hochwasser hat in den vergangenen Wochen die Nachrichtenlage bestimmt. Viele Unternehmen sind betroffen und werden noch monatelang mit den Aufbauarbeiten beschäftigt sein. Wie kann dort unterstützt werden?
Da gibt es mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen. Zum einen müssen die Bauämter schneller arbeiten, nicht nur beim Hochwasser. Es kann nicht sein, dass es bis zu zwei Jahren dauert, ehe ein Bauantrag genehmigt wird. Ich bin dafür, die Firmen dort wieder aufzubauen, wo sie bereits über viele Jahre ihren Standort haben, sofern es Wunsch der Betreiber ist. Damit einhergehende Risiken müssen aber klar sein. Ich sage auch, dass wir an diesen gefährdeten Stellen keine neuen Firmen ansiedeln sollten. Das wäre Selbstmord mit Ankündigung.
Wo sollen diese neuen Firmen denn ihrer Meinung nach hin? Gewerbeflächen gibt es kaum noch vor Ort.
Vielfach werden Gewerbeflächen einfach nicht ausgewiesen, weil dort salopp gesagt, ein Frosch wohnt. Aber hat vielleicht schon mal jemand diesen Frosch gefragt, ob er nicht vielleicht umziehen möchte? Es ist durchaus möglich, einige Tierarten schonend und artgerecht an einem anderen Ort anzusiedeln. Dann geht es dem Frosch gut und wir haben Gewerbeflächen. Man kriegt beides unter einen Hut.
Damit wären wir schon beim Umwelt- und Klimaschutz. Da spielt auch der Hochwasserschutz mit hinein...
Der Hochwasserschutz fängt dort an, wo das Hochwasser entsteht. Wasser braucht Platz und Zeit. Wir müssen dem Wasser die kinetische Energie entziehen. Beispielsweise muss auch mal wieder ein großer Stein ins Wasser gelegt werden, um den Fluss des Wassers zu verlangsamen. An dem Stein werden sich dann auch wieder Tiere ansiedeln. Ziel muss es sein, das Wasser zu verlangsamen, damit es nicht zu einem reißenden Strom werden kann. Da gilt es auch städtebaulich umzudenken. Hochwasser ist aber nicht das einzige Problem des Klimawandels.
Wie wollen Sie die Menschen dazu bringen, umzudenken?
Klar ist, dass wir den Klimawandel schnell, aber intelligent bremsen müssen. Den Menschen dabei nur mit Verboten zu kommen, halte ich für den falschen Ansatz. Wenn ich jemandem etwas verbiete, wird er es erst recht tun. Die CO²-Bepreisung halte ich beispielsweise auch für falsch. Damit kaufe ich mich nur frei, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Ich bin davon überzeugt, dass wir innovative Ideen entwickeln, wie wir den Klimawandel stoppen. Dabei muss aber auch klar sein, dass „Grün“ auch sozial verträglich gestaltet werden muss. Ein Beispiel ist die Mobilität. Dort sind wir auf dem besten Weg, unsozial zu werden. Viele Menschen werden sich weiterhin nur ein gebrauchtes Fahrzeug leisten können. Deshalb ist es wichtig, weiterhin alternative Kraftstoffe anzubieten.
Sehen Sie die Zukunft in E-Autos?
Nein, ich bin für den Wasserstoffantrieb. Die Batterien der E-Autos binden Rohstoffe, die sowieso schon selten sind. Zudem wissen wir nicht, wie wir die recyceln können. Davon abgesehen gibt es zu wenig Lademöglichkeiten. In einem Einfamilienhaus kriege ich den Anschluss wahrscheinlich noch hin. Aber wie soll ich in einem Mehrfamilienhaus mit 11 Parteien für genügend Ladestationen sorgen, sodass jeder genau dann Zugriff haben kann, wenn er ihn benötigt? E-Autos sind nicht der goldene Weg. Wir sollten Wasserkraftwerke als Energiequelle nutzen.
Noch zwei Fragen zum Abschluss. Wer ist eigentlich der Mensch Hartmut Ziebs? Was macht ihn besser oder anders als seine Mitbewerber?
Eigentlich bin ich ein alter weißer Mann, wie es heute so schön gesagt wird. Aber mein Alter bringt mir Vorteile, denn ich bin lebenserfahrener als diejenigen, die frisch von der Uni in den Bundestag gehen. Die müssten meiner Meinung nach alle erst noch einmal aus der Berlin-Blase raus, um zu wissen, wie es an der Basis wirklich zugeht. Ich gehe den Dingen auf den Grund und will wissen, wie sich Entscheidungen von heute in vielen Jahren auswirken könnten, denn nur so kann ich nachhaltig etwas verändern. Ich bin nahbar und gehe gerne auf Menschen zu. Ich will wissen, wo der Schuh drückt und habe auch kein Problem, für meine Entscheidungen verhauen zu werden. Ich bin bereit, für meine Meinung Konsequenzen zu tragen.
Welche Parteienkonstellation und Koalition könnten Sie sich nach der Wahl vorstellen?
Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und sage, dass es eine schwarz-grüne Koalition wird. Es könnte auch Jamaika werden. Aber ich bin überzeugt davon, dass schwarz-grün den Klimawandel bremsen und die Wirtschaft voran treiben wird.
>>> Steckbrief Hartmut Ziebs
Hartmut Ziebs ist 62 Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
Er ist nach wie vor in der Feuerwehr engagiert und selbstständiger Unternehmer. Egal, wie die Bundestagswahl ausgeht, soll danach die Firmenübergabe an seinen Sohn erfolgen.
In seiner Freizeit spielt er gerne mit seinem Enkel.
Der Samstagmittag gehört dem Einkaufsbummel mit seiner Frau, mit der er auch gerne durch Städte wandert.
Sollte Ziebs gewählt werden, wird er gemeinsam mit seiner Frau eine kleine Wohnung in Berlin suchen, in der er während der Arbeit in Berlin wohnen kann. Aber eines ist klar. Sein Hauptwohnsitz bleibt in Schwelm. „Heimat ist hier“, betont er.