Ende. Eigener Anbau, zugekaufte Bio-Produkte: Familie Niermann hat auf dem Hof in Ende Kuhställe umgebaut und 2020 einen modernen Bauernladen eröffnet.

Tradition auf der einen, moderne Ausrichtung auf der anderen Seite: Seit mehr als 500 Jahren existiert der Bauernhof Niermann. Der setzt auf ein Motto: alles Bio. Wobei sich auch die Landwirte in Ende oft die Frage gestellt haben: Wie lassen sich die Produkte vermarkten? „Bei meinen Schwiegereltern war es so, dass die Kunden eine Kanne mitbrachten und hier frische Milch erhielten“, berichtet Johannes Röbbecke-Niermann, der mit seiner Frau Elke den Betrieb am Kirchender Dorfweg führt.

Fuhren Familienvertreter in den 1970-er Jahren noch zum Eier-Verkauf durch Herdecke, sollte 1987 ein neues Zeitalter beginnen. Da übernahm Elke Niermann als Vertreterin der 19. Generation mit ihrem Mann den Hof. Bis 1996 verkaufte das Paar noch an der Haustür selbst angebautes Gemüse und manches mehr. Dann richteten die beiden Diplomingenieure für Landbau den alten Kuhstall, ein denkmalgeschütztes Gebäude, als Bauernladen mit 70 Quadratmetern Fläche her.

Seither setzen sie auf Bio-Lebensmittel, aus eigenem Anbau oder zugekauft. Umso verstärkter, da sie zur Jahrtausendwende die Milchtankstelle schlossen und die 13 Kühe abschafften. „Wegen des Ehec-Virus, bis dahin hat sich Rohmilch hier gut verkauft“, sagt Röbbecke-Niermann.

Moderne Technik: Kunden erhalten Produktinformationen oder auch Rezepte.
Moderne Technik: Kunden erhalten Produktinformationen oder auch Rezepte. © Steffen Gerber

Elke Niermann hat ihre studentische Abschlussarbeit dem Thema Umsetzung von Kundenwünschen gewidmet. „Daher legen wir unseren Schwerpunkt auf Bio, in diesem Sektor werden die Produkte nach einem festen Standard erzeugt.“Daher können die Landwirte aus Ende erklären, was es mit dem Sortiment auf sich hat. Gehörten dazu in der Anfangszeit rund 200 Produkte, sind es mittlerweile fast 1300. Wie das? Am 28. April 2020 eröffnete der neue Hofladen auf dem Gelände am Kirchender Dorfweg. Erneut hatte die Familie einen Kuhstall umgebaut. Seither stehen rund 140 Quadratmeter für Regale, Lagerung, Kühltheken, Kasse und digitale Technik zur Verfügung. Auf Bildschirmen erhalten Einkäufer Informationen zu den Produkten oder auch Rezepte. Grüne Schilder signalisieren, dass es sich um Lebensmittel hier aus Ende handelt. So sind Zukaufprodukte und eigene Erzeugnisse klar unterscheidbar.

Seit Anfang August schon früher geöffnet

Was der bekannte Landwirt Gustav mit seiner Frau Hannelore Niermann in Sachen Direktvermarktung begann, setzen Tochter Elke und ihr Mann Johannes Röbbecke-Niermann sowie deren Kinder Lukas, Pia und Klara nun fort. Die Familie hat die Öffnungszeiten des Ladens am Kirchender Dorfweg 26 erweitert: Los geht es wochentags um 8 Uhr (bis 18.30, samstags bis 13 Uhr). Info: www. bauernladen-niermann.de

Während manche für sechs Eier vorbeikommen, wollen andere im Bauernladen Niermann den Wocheneinkauf erledigen. Abgesehen von Feinkost oder Kosmetik finden sich in den Regalen verschiedene Lebensmittel für den täglichen Bedarf. Großhändler mit regionaler Ausrichtung liefern ebenso regelmäßig wie Landwirte oder Demeter-Höfe aus Herdeckes Umgebung. Zu Brot, Gemüse, Obst, Trocken- und Molkereiprodukten gesellt sich eine bemerkenswerte Theke mit fast 100 Sorten Biokäse. Fleisch oder Wurst dagegen gibt es nur in kleiner Auswahl. Wenn die Eheleute über ein Dutzend Kooperationspartner sprechen, erwähnen sie auch die Werkstätten Gottessegen vom Schnee, die Kaffee und Saft liefern. Oder den Brotkorb Wetter, der auch mal Ware aus Ende erhält und zu dem eine lange Bindung besteht.

Auch Asia-Abteilung integriert

„Wir wollen mit Frische punkten, wenig wegwerfen und auch individuelle Kundenwünsche erfüllen“, sagt Johannes Röbbecke-Niermann, als er über die Asia-Abteilung und japanischen Reisessig spricht. „Auch das wird in Bio-Qualität nachgefragt.“ Immer mehr Platz nehmen auch vegane und vegetarische Produkte ein. Gleiches gelte für Allergie-Fragen, also gebe es auch gluten- und laktosefreie Lebensmittel im Sortiment.

Neun Mitarbeiter, darunter sechs Festangestellte, gehören zum Hofladen. Dort tauchen auch viele fair gehandelte Waren auf. Der Zukauf von Gemüse ermöglicht es, zum Beispiel auch im Winter Paprika anzubieten. „Wir kennen die Erzeuger und könnten die Herstellung beispielsweise bis Spanien oder bis zum türkischen Rosinenanbau zurückverfolgen.“

Bald gibt es ein drittes Hühnermobil.
Bald gibt es ein drittes Hühnermobil. © Steffen Gerber

Wobei die Familie auch die eigenen landwirtschaftlichen Flächen im Blick behält. Eine neue Streuobstwiese haben die Niermanns angelegt, neuerdings verkaufen sie auch Bio-Blumen aus eigenem Anbau. Die Eier kommen aus zwei Hühnermobilen, in wenigen Tagen steht ein drittes in Ende (Platz für weitere 300 Hühner). „Seit Corona ist die Nachfrage noch einmal gestiegen“, sagt Elke Niermann und geht in das Gewächshaus, in dem aktuell Paprika oder Auberginen wachsen. Dreimal im Jahr steht hier eine Ernte an. Daneben gedeiht draußen Feldgemüse, vor allem Kohlsorten, Kartoffeln und Salate.

Extern verkauft Familie Niermann nichts mehr. Der Hofladen ist das zentrale Standbein der Direktvermarktung. Das will auch die nächste Generation so handhaben. Wie es dann in 500 Jahren aussieht, wird sich zeigen.

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