Kirchende. . Öko-Landwirtschaft: Johannes Röbbecke-Niermann und seine zwei Kinder ziehen auf dem bekannten Bauernhof in Kirchende Hühner groß.
Die Diskussion um Medikamentenreste im Fleisch, um Tierhaltung und das Klima, das unter unserem Fleischkonsum leidet – sie wird seit Jahren geführt. Immer mehr Menschen handeln nun aber auch, verzichten komplett auf Fleisch oder reduzieren ihren Verbrauch und achten dann auch noch auf regionale Herkunft. „Und auf biologische Herstellung“, setzt der Herdecker Öko-Landwirt Johannes Röbbecke-Niermann auf eben diese Kundschaft. 146 Hühner scharren seit ein paar Tagen auf einer Wiese unweit des Hofes in Kirchende. Ein alter Karren spendet Schatten, in einem gut gegen Wärme und auch Kälte isolierten Stall verbringen die Tiere die Nacht.
Für den Bauern ist es ein Experiment, wie gut sich das Fleisch der Tiere vermarkten lässt. Aber es ist auch ein Start in eine intensivere Bewirtschaftung des Hofes, denn Johannes Röbbecke-Niermann hat Verstärkung bekommen. „Es war lange nicht klar, wie die Zukunft unserer Landwirtschaft aussieht“, sagt der 56-Jährige. Um den Öko-Standard seiner Flächen nicht zu verlieren, hatten die Niermanns auf Pferde gesetzt und vor allem Pensionstiere aufgenommen. Nun hat aber Sohn Lukas (25) die Fachschule für Ökolandbau in Kleve abgeschlossen und will in den Betrieb einsteigen. Tochter Pia (24) hat Umweltmanagement studiert und hängt derzeit noch eine Gartenbaulehre hinten dran. Beste Voraussetzungen also, dass in Kirchende auch wieder Öko-Landwirtschaft betrieben werden kann.
Nach der Wärmelampe auf die Wiese
Doch zurück zu den „Willis“, wie Röbbecke-Niermann seine Hühner liebevoll nennt. Die Tiere kamen als Küken auf dem Hof an und haben ihre ersten Wochen in einem kleinen zum Stall umgebauten Gartenhaus verbracht. Unter einer Wärmelampe im mitwachsenden Nest. Als es nun so warm wurde, hat Bauer Röbbecke-Niermann den Wechsel ins Freiland vorgezogen. Und ist mit seinen Gedanken seitdem weit mehr bei dem Federvieh als zuvor.
Denn draußen lauern zahlreiche Gefahren. Zwei verspiegelte Glaskugeln sollen zum Beispiel Habichte abhalten, die sich selbst im Anflug in der Kugel sehen. „Da wird ihr Spiegelbild immer größer, das soll sie abschrecken“, sagt Johannes Röbbecke-Niermann. Ein Tarnnetz der Bundeswehr schützt die Hühner ebenfalls vor Greifvögeln. „Nur die Krähen vom Friedhof machen uns noch Sorgen“, sagt der Landwirt.
Gefahr durch den Fuchs
Und natürlich der Fuchs. Davon gebe es inzwischen so viele, dass sie nachts über den Hof schleichen. Also haben Röbbecke-Niermann und sein Sohn den mobilen Hühnerstall mit einer besonderen Fuchssicherung versehen. „Normalerweise wird ein solcher Stall ohne Boden auf die Wiese gestellt“, erklärt er. „Wir hatten aber Angst, dass sich der Fuchs unten durchgräbt.“ Also hocken die Hühner nun im Stroh oder auf ihrer Stange, sicher geschützt vor einem für sie gefährlichen Räuber.
Sehr lange währt das Hühnerglück aber nicht. Siebzig Tage braucht es, bis die Tiere schlachtreif sind. Immerhin dürfen die Bio-Hühner und Hähnchen damit fast doppelt so lange scharren und picken wie ihre konventionell aufgezogenen Artgenossen. Gut zwei Kilo bringen die Tiere schließlich auf die Waage, wenn sie nach Fröndenberg zu einem zertifizierten Schlachtbetrieb gebracht werden. Kehren sie zerlegt und vakumiert wieder in die Fleischtheke des Bio-Ladens zurück, soll schon eine zweite Generation Küken im Stall hocken. „Das gehört dazu“, sagt Bauer Röbbecke-Niermann. Und denkt schon weiter. Man müsse vor allem bei der Züchtung in Zukunft darauf schauen, dass zum Beispiel nicht mehr so viele männliche Küken sinnlos getötet werden. „Wir brauchen Rassen, die vielleicht nicht so viele Eier legen, aber dafür auch als Fleischlieferant taugen“, formuliert er seine Wünsche nicht nur an die ökologische Landwirtschaft.
Bewusster Fleischkonsum, eine verantwortliche Tierhaltung und regionale Vermarktung – das sollte am Ende der Diskussion stehen. Die kleine Hühnerschar in Ende könnte ein Anfang sein.