Wetter. Wengern trifft das Hochwasser am stärksten. 100 Feuerwehrleute, 70 Einsätze, Keller teils bis zur Decke unter Wasser lautet die bisherige Bilanz.

Bei Starkregen und Hochwasser wurde der Ortsteil Wengern erneut am stärksten getroffen: Die Wasser der Schmalenbecke und Elbsche stieg durch den Starkregen am Mittwoch binnen Stunden und flutete am Abend wie schon 2013 den historischen Ortskern. Auf den Straßen war am Donnerstagmorgen davon zwar kaum noch etwas zu sehen, aber Sandsäcke, Geröll und Schlamm zeugen noch immer von dem, was sich dort Mittwochabend und -nacht abgespielt hat.

„Das Wasser rauskriegen“

In Geschäftsräumen und Büros der Sanitär- und Heizungsfirma Dittmer an der Kirchstraße steht das Wasser noch immer 20 Zentimeter hoch; es gibt keinen Strom. Inhaber Torsten Pfützenreuter und seine Helfer wissen nicht, was sie zuerst tun sollen. Nur eins ist klar: „Wir müssen erstmal sehen, dass wir das Wasser rauskriegen. Wir haben ja auch keinen Strom. Es war eine Seenlandschaft hier, und ich habe mir sagen lassen, dass es diesmal schlimmer war als 2013“, sagt Torsten Pfützenreuter. Derweil kehren Kollegen und Helfer in den Geschäftsräumen mit Flitschen das Wasser zusammen.

Einzigartige Dinge zerstört

Nur wenige Meter weiter im Elbscheweg hat es auch das kleine Henriette-Davidis-Museum schwer getroffen. Die komplette Familie Methler ist im Einsatz und versucht zu retten, was noch zu retten ist. „2013 hatten wir eher Glück; diesmal stand das Wasser über einen Meter hoch“, berichtet Eckehard Methler, dessen Vater Walter Methler das Museum einst gründete.

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Das Wasser sei diesmal durch die Fenster gekommen und im Inneren des Fachwerkhauses gestiegen, bis die Eingangstür dem Druck nicht mehr standgehalten habe. „Wir haben keine Erfahrung mit sowas und wissen gar nicht, wo wir anfangen sollen“, sagt Julia Methler, die mit Mutter und Töchtern Vitrinen, Stühle, Bücher und Ausstellungsstücke durch den Schlamm ins Freie schleppt. „Viele dieser Dinge gibt es ja nur einmal. Sie sind jetzt kaputt“, meint Julia Methler. Direkt gegenüber, vor der Gaststätte Wengerner Hof, zeugen Sandsäcke und Besen vor der Tür noch vom nächtlichen Einsatz.

Krisenstab im Rathaus

Im Rathaus kam am Morgen ein Krisenstab zusammen. Stadtbetrieb und Feuerwehr, die ohnehin die ganze Nacht im Einsatz waren, rückten noch einmal zu kritischen Bereichen aus, um weitere Hilfe zu leisten, Sperrungen einzurichten oder auch bestehende wieder aufzuheben. Für den stark in Mitleidenschaft gezogenen Ortskern Wengern stellte der Stadtbetrieb einen Container zur Verfügung. Dort können die vom Unglück Betroffenen unbrauchbare Gegenstände entsorgen. Ein Radlader beseitigte Schlamm und Schutt. Vollgelaufene Keller können erst dann ausgepumpt werden, wenn kein Wasser mehr nachläuft.

Sandsäcke am Strandweg

Zu insgesamt 70 Einsätzen rückten die Helfer der freiwilligen Feuerwehr Wetter während des Hochwassers aus. „Zu Spitzenzeiten waren 100 Kameraden im Einsatz“, berichtet Feuerwehrsprecher Patric Poblotzki. Der Dorfkern Wengern sei, das bestätigt er, am schlimmsten betroffen, aber auch am Strandweg und am Obergraben, wo Harkortsee und Ruhr über die Ufer getreten waren, hatte die Feuerwehr in der Nacht Sandsäcke verbaut, um die dort stehenden Gebäude zu schützen. Auch im Bereich Kaiserstraße, Einmündung zum Lidl, sei ein Einsatzschwerpunkt gewesen. „Um den Lidl zu retten, haben wir den Supermarkt evakuiert und geschlossen“, so Poblotzki. Auch die Verwaltung ist vom Unglück betroffen: In das Gebäude in der Wasserstraße, in dem Stadtbetrieb sowie Feuer- und Rettungswache untergebracht sind, steht der Keller unter Wasser. Weil im Schöntal der Strom ausgefallen war, war auch der Stadtbetrieb vorübergehend nicht erreichbar. Kellerräume in der Wilhelmstraße liefen voll, Akten wurden von Mitarbeitern gerettet.

Bis zur Decke voll gelaufen

Im gesamten Stadtgebiet waren Keller vollgelaufen, einige standen bis zur Decke unter Wasser. „Wir haben viele Häuser strom- und gaslos geschaltet“, so Poblotzki. Zwischendurch seien die ehrenamtlichen Helfer aus Wetter noch mit zwei Fahrzeugen nach Hagen ausgerückt, weil das Poco-Außenlager brennen sollte, was sich aber als Falschmeldung herausstellte. Eine Feuerwehrkraft hatte sich bei einem Einsatz leicht verletzt, als sie mit dem Oberschenkel in einen Gully gerutscht war. Am Nachmittag meldete die Pressestelle der Stadt Wetter, dass alle zuvor gesperrten Straßen wieder frei gegeben seien – mit Ausnahme der Wetterstraße. Sie bleibe vorerst gesperrt, weil Straßen NRW dort Untersuchungen plane.

Bürgermeister dankt Einsatzkräften

Bürgermeister Frank Hasenberg ließ sich regelmäßig über die Gefahrenlage unterrichten und zog Donnerstagabend ein erstes Fazit: „In erster Linie bin ich froh und dankbar, dass es keine Personenschäden gab. Jedoch fühle ich mit allen Betroffenen und insbesondere mit den Mitbürgerinnen und Mitbürgern aus Wengern, die erneut vom Hochwasser betroffen sind.“ Sein außerordentlicher Dank gelte allen Feuerwehrkräften: „Sie haben Großes geleistet.“

Wasserwerk Witten abgeschaltet

Da das Verbundwasserwerk in Witten, das die dortigen Stadtwerke und die AVU betreiben, abgeschaltet wurde, waren einige Wengeraner in höherer Lage von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten. Ersatzweise stand ein großer Behälter im Trienendorf, an dem sich Anwohner „bedienen“ konnten. Die übrige Bevölkerung von Wetter versorgt die AVU über die gewohnten Leitungen aus dem Werk Roland.

Kleinteilige Stromausfälle meldete die AVU im Schöntal sowie vereinzelt bei weiteren Hausanschlüssen in Wetter.