Herdecke. Monatelang keine Kulturveranstaltungen – das hat vielen Menschen zugesetzt. Im Shakespeare Pub gab es nun ein erstes Konzert.

Plötzlich geht alles Schlag auf Schlag: Vor drei Wochen noch waren die Kneipen und Restaurants in Wetter und Herdecke in Gänze geschlossen. Am vergangenen Freitag erlaubten es die niedrigen Inzidenzzahlen schon wieder – getestet oder geimpft – im Innenraum Platz zu nehmen. Und wer sein Getränk im Biergarten zu sich nehmen will, braucht seitdem nicht mal mehr einen aktuellen negativen Test. „Ganz wie früher,“ dachten sich wohl viele Besucher vom ersten Open-Air-Konzert des Shakespeare-Pubs in Herdecke.

Rund 100 gut gelaunte Musikfans feierten bei bestem Wetter und auf teilweise mitgebrachten Stühlen und Kissen in der Herdecker Innenstadt ein Stück zurückerlangte Normalität und das Gefühl von Freiheit.

Bestes Wetter zum Start

Genesen, mit einem negativen Test oder dem Nachweis einer vollständigen Impfung war es bereits seit zwei Wochen wieder möglich, in der Außengastronomie Platz zu nehmen. Da es aber seit gut drei Wochen in einer Tour geregnet hatte, wurde dieses Angebot wenig genutzt. Aufgrund niedriger Inzidenzen im EN-Kreis, traten am Freitag nun neue Lockerungen in Kraft. Und pünktlich dazu, spielte dann auch das Wetter mit: Über 20 Grad und strahlendem Sonnenschein bis in die Abendstunden. „Es ist toll, dass das Wetter so mitspielt,“ sagt Eric Richards, der später am Abend die Klassiker aus den 60er, 70er und 80er Jahren in die Tasten hauen wird. Zum ersten Mal seit über sieben Monaten wieder Live-Musik, dort wo vor Corona vier bis fünf Bands die Woche spielten. Für den Wirt des Shakespeare Pub, Nathaniel Stott, eine große Freude: „Das war sehr schön, endlich wieder aufhaben zu dürfen und die Freude der Leute zu sehen. Alle haben sich den schönen Abend bedankt.“

Herdecker warteten lange darauf

Die Stimmung unter den vielen Besuchern war trotz der langen Schlangen vor der Getränkeausgabe sehr gut. Viele brachten sich ihre eigenen Klapp- oder Campingstühle mit, wohlwissend, dass es an diesem Abend voll werden könnte. Zu lange mussten die Besucher auf solche lauen Sommerabende warten. Jetzt wollte jeder dabei sein: „Darauf haben wir lange gewartet. Das Wetter passt zu diesem schönen Start,“ sagt Claudia Rötzel aus Herdecke, die noch ein Plätzchen auf einer Bank ergattern konnte. „Das ist einfach unbeschreiblich. Live-Musik bei dem Wetter, das ist der Wahnsinn,“ sagt Pablo Yanez-Mejias, „unabhängig von Corona und der Wiedereröffnung ist das Shakespeare ein toller Laden.“

Regeln mussten eingehalten werden

Trotz der überschwänglichen Freude, mussten natürlich die Regeln und die Abstände eingehalten werden. Auf dem Weg zur Bar und zum WC herrschte die Pflicht zum Tragen eines medizinischen Mund-Nasen- Schutzes. Bei den vielen inzidenzabhängigen Regeln kommt selbst Christopher Cassidy, der Sänger der Band, durcheinander: „Dürft ihr eigentlich mitsingen? Ist das erlaubt,“ fragt der Ire sein Publikum bei dem Song „Imagine“ von John Lennon. Auch für die Berufsmusiker, die seit Jahrzehnten zusammenspielen, war es ein besonderer Abend. „Wir warten auch so lange. Wir freuen uns sehr, endlich wieder Live spielen zu können,“ sagt Cassidy. Der Australier David Minchin, der an dem Abend die Gitarre spielt, ergänzt: „Music is good for mental Health“, zu Deutsch: Musik ist gut für mentale Gesundheit. Und die Drei verstehen ihr Handwerk: Ein Hit nach dem anderen animiert das Publikum zum Mitsingen. „Das war die genau richtige Band mit zeitloser Musik,“ sagt Stott, der die drei Musiker kurzerhand für den folgenden Samstag wieder arrangierte.

Deckel wurden nicht bezahlt

Die vielen Besucher in der Innenstadt waren am vergangenen Wochenende ein ungewohntes Bild. Die letzten kulturellen Veranstaltungen im Herdecker Traditions-Pub fanden im vergangenen Sommer statt. Die neugewonnene Lebensfreude teilten aber wohl nicht alle Menschen in der Stadt: Nach knapp 30 Minuten rückte die Polizei an, ein Nachbar hatte sich wegen zu lauter Musik beschwert. „Die Polizei war kurz da, aber nicht wegen der Menge der Leute, sondern wegen Klagen der Nachbarschaft,“ sagt Nathaniel Stott, „Wir haben dann leiser gemacht und pünktlich um 22 Uhr aufgehört. Wir wollen auch auf die Bedürfnisse unserer Nachbarn achten,“ so der Wirt. Bei aller Freude, blieb aber auch ein Wermutstropfen: Einige Besucher hatten wohl vergessen ihre Deckel zu zahlen, wie sich bei der Abrechnung am Abend zeigte. Sehr zum Ärger des Wirtes: „Beim allem Verständnis für die Freude der Menschen. Dass Deckel nicht bezahlt wurden, ist bedauerlich,“ so Stott, „wir werden demnächst wohl bei solchen Veranstaltungen ausschließlich Vorkasse nehmen müssen.“