Herdecke. Nicht noch mal so viel Bier wegkippen wie bei ersten Lockdown wollte Wirt Nathaniel Stott aus Herdecke – und hatte eine Superidee.

Die Gastronomie und die Kulturbranche hat die Corona-Pandemie wohl am härtesten getroffen. Viele Restaurant und Bars sind seit Monaten zu. An Konzerte oder Festivals ist nicht zu denken. Um so schlimmer für das Lokal von Wirt Nathaniel Stott aus Herdecke, der den meisten wohl unter „Der Engländer“ bekannt ist, denn sein Lokal versucht seit Jahren genau diese beiden Bereiche – Gastronomie und Kultur – zu verbinden.

Inzwischen ist der Herdecker Altstadt-Pub „The Shakespeare“ erneut seit gut sechs Monaten geschlossen. Kein Bierausschank und keine Livemusik, keine Braukurse und keine Lesungen – Kultur und Kneipe verstauben. Doch der gebürtige Brite ist nicht untätig: Nach zwei eigenen Gin-Kreationen wurde aus der Not heraus nun der erste Herdecker Bierbrand geboren.

Die Einnahmen bleiben seit Monaten aus, und die Hilfszahlungen des Bundes kommen schleppend. Rechnungen und Miete müssen jedoch weiterhin bezahlt werden – der Pachtvertrag wurde gerade erst für weitere fünf Jahre unterschrieben. Eine schwere Situation: „Das geht langsam an die Substanz. Aber wir geben nicht auf,“ so Stott. Dabei geht es dem „Engländer“ nicht nur um das fehlende Geld, auch die Gäste fehlen ihm: „Der Pub ist auch mein Wohnzimmer. Mir fehlen die Gespräche und die vielen Freunde, die ich über die Jahre dazugewonnen habe,“ sagt der Wirt.

Und so geht es sicher auch vielen Herdeckern: Im letzten Sommer – zwischen den beiden Lockdowns – wurden die Monate, die Stott öffnen durfte, von vielen ausgiebig genutzt. „Ich erinnere mich an viele schöne Abende mit Live-Musik in einer vollen Fußgängerzone. Die Stimmung war super und alle haben auf die Hygieneregeln geachtet,“ erinnert sich Stott.

Nicht noch einmal Bier wegkippen

Seit November ist der Pub nun wieder geschlossen. Eine Aussicht auf Öffnung gibt es aktuell nicht. Damals, als The Shakespeare im ersten Lockdown schließen musste, war der Wirt gezwungen, etliche Liter Bier wegzukippen. „Das tat weh. Bier ist für mich mehr als nur ein Genussmittel oder Alkohol. Bier ist Leben. Bier ist systemrelevant,“ sagt der ausgebildete Biersommelier. Das sollte sich auf keinen Fall wiederholen. Also überlegte Stott vor dem Lockdown im November,was er mit den Resten anstellen könnte. „Mir kam die Idee einen Bierbrand aus den Bierresten zu brennen,“ so der studierte Biochemiker. Kurzerhand wurden mehrere hundert Liter verschiedenstes Bier, die im Normalfall wieder den Weg in den Ausguss gefunden hätten, zusammengekippt und in Zusammenarbeit mit Klaus Wurm von der Märkischen Spezialitätenbrennerei destilliert.

The Shakespeare.Pub ist weit über die Grenzen von Herdecke für seine große Auswahl an verschiedensten Craft-Bieren bekannt. Und diese Auswahl findet sich nun auch in dem Destillat wieder. Deswegen ist jeder Bierbrand ein Unikat und so sicher nie wieder zu bekommen: „In den Bränden sind bis zu 50 verschiedene Biere enthalten. Sie spiegeln auch ein Stück weit das Herz des The Shakespeare.Pub wider,“ so Stott. Von Pale Ale und IPA über Pils bis hin zu verschiedensten dunklen Bieren findet sich eine Vielzahl an Aromen im Brand wieder. „Der erste Brand ist fruchtig-aromatisch und dezent würzig, die verschieden Hopfen und Malze geben eine spezielle weiche Note,“ sagt Stott.

5000l Bier aus Dänemark erwartet

Die ersten Proben kamen so gut an, dass Stott das Projekt nun weiter fokussiert. „Viele andere Wirte und Brauereien können ihre Biere auch nicht mehr verkaufen. Ich versuche diese Biere nun auch vor dem Ausguss zu retten,“ erklärt er. So kam es, dass Stott mittlerweile mit zwei Großhändlern zusammenarbeitet und die dem Tode geweihten Biere aufkauft. Demnächst erwartet er eine Bier-Lieferung aus Dänemark, die es in sich hat: „Da kommen noch einmal 200 Fässer mit insgesamt 5000 Litern internationalen Craft-Bieren,“ freut sich der Brite. Mittlerweile sind aus den anfänglichen 2000 Litern Bier, die im Shakespeare übrig waren, 12.000 Liter geworden, und aus dem geplanten einem Brand wurden bis jetzt fünf verschiedene. „Es sind noch mehr Brände geplant. Demnächst wird ein sehr hopfiger Bier-Brand fertig. Andere reifen gerade noch bei optimalen Verhältnissen im Fass in einem Stollen in Hagen-Dahl,“ erklärt Stott.

Die nötige Reife kommt bald

Bereits erhältlich: Nr. 1 100% Reiner Edelbrand 40,4% Vol. - 30 Euro

Folgende Brände befinden sich noch im Reifeprozess und werden in Zukunft zu kaufen sein:
• Nr. 2 Ex Bourbon Rye Select Fass 38,6% Vol. Reift noch nach im Stollen in Hagen-Dahl.
• Nr. 3 Ex Bourbon Clermont Springs Fass 39,1% Vol. Reift noch nach im Stollen in Hagen- Dahl
• Nr. 4 100% Reiner IPA Edelbrand 40,1% Vol. Bald im Pub The Shakespeare erhältlich
• Nr. 5 Ex Jack Daniels Bourbon Fass 40 % Vol. Reift noch nach im Stollen in Hagen-Dahl