Herdecke. Aufwärtstrend nach Krisenzeit setzt sich fort: Das Cuno-Kraftwerk in Herdecke läuft seit Frühjahr 2020 im Vollbetrieb, Mark-E schuf neue Jobs.

Totgesagte leben länger. Und in Herdecke sogar zunehmend besser. So lässt sich die Entwicklung am traditionsreichen Kraftwerksstandort im Zillertal zuspitzen. Im Schatten des Cuno-Schornsteins hatte der Versorger Mark-E 2007 eine teure Anlage mit Gas- und Dampfturbinen (GuD) in Betrieb genommen. Diese hatte das Enervie-Tochterunternehmen mangels Vermarktung 2013 zur Stilllegung angemeldet. Trotz wirtschaftlicher Verluste ging es in Absprache mit dem Anteilseigner Statkraft dann im Reservebetrieb weiter.

In der Folge stieg aber die Stromnachfrage wieder. Die Marktsituation sei mittlerweile so gut, dass Mark-E das GuD-Kraftwerk Herdecke nach dem Geschäftsjahr 2020 als „unverzichtbaren Baustein der Energiewende“ bezeichnet.

„Das Jahr 2020 zeigt die große Bedeutung von effizienten GuD-Anlagen in einer Phase der Energiewende, in der immer mehr gesicherte Kraftwerksleistung vom Netz geht. Wir können mit unserer Anlage Leistung verlässlich und emissionsarm zur Verfügung stellen, diesen Bedarf sehen wir auch in Zukunft“, sagt Enervie-Vorstandssprecher Erik Höhne erfreut zu den Entwicklungen in Herdecke am Harkortsee.

Der Hagener Unternehmensverbund sieht GuD-Anlagen als einen wesentlichen Faktor zur Stabilisierung des Stromnetzes, da sie vergleichsweise schnell zum Einsatz gebracht werden können. Damit lasse sich die unbeständige Einspeisung von erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind ausgleichen.

Aufgrund der schwierigen Marktsituation hatte Mark-E das Betriebskonzept für Herdecke in den vergangenen Jahren angepasst und die Anlage zwischenzeitlich in einen Reservebetrieb überführt. Seit Frühjahr 2020 läuft das GuD-Kraftwerk an der Wetterstraße nun wieder rund um die Uhr im „24/7“-Betrieb, also durchgehend. „Hierfür wurde die Belegschaft am Standort Herdecke entsprechend aufgestockt und insgesamt sechs neue Mitarbeiter eingestellt“, sagt Erik Höhne.

Traditionsreicher Standort seit 1908

Seit 1908 wird am ältesten Kraftwerksstandort der Mark-E Strom erzeugt. Nach der Kohle-Zeit in Herdecke errichtete Mark-E ab 2005 zusammen mit dem norwegischen Energieunternehmen Statkraft eine umweltfreundliche Gas- und Dampfturbinen-Anlage.

Das Kraftwerk ging im Herbst 2007 in Betrieb und zählt mit einem Wirkungsgrad von rund 59 Prozent immer noch zu den weltweit effizientesten Anlagen seiner Art, teilt Mark-E mit.

Für die Stromerzeugung am Ufer des Harkortsees gebe es ein besonders effektives Verfahren: In einem kombinierten Prozess wird in einer 270-Megawatt-Gasturbine mit einem nachgeschalteten Abhitzekessel sowie einer 147-MW-Dampfturbine die Energie in Elektrizität umgewandelt.

Im Vergleich zu Kohlekraftwerken erspart die GuD-Anlage der Umwelt bei der Stromerzeugung jährlich mehr als eine Million Tonnen Kohlendioxid, so Mark-E.

Die erfreuliche Entwicklung für den Energiestandort Herdecke lässt sich anhand der Betriebszeit verdeutlichen. Mehr als 3900 Stunden liefen 2020 die Gas- und Dampfturbinen. Im Vorjahr waren es rund 2700 Stunden. Der Wert aus der Anfangszeit (5769) ist damit zwar noch nicht erreicht, doch setzt sich die 2016 eingetroffene Trendwende weiter fort. Zur Erinnerung: 2014 konnte Mark-E nur 49 Betriebsstunden vom Cuno-Werk vermarkten.

Der anhaltende Anstieg im vergangenen Jahr sei auch deshalb bemerkenswert, da die GuD-Anlage im ersten Quartal 2020 aufgrund eines technisches Defektes an der Dampfturbine sowie einer geplanten Revision länger stillstand. Doch auf zwölf Monate gerechnet, erhöhte sich die Stromproduktion im Vorjahresvergleich sogar um fast 50 Prozent: von knapp über 1000 Gigawattstunden (GWh) in 2019 auf annähernd 1500 GWh in 2020.

Hauptgrund hierfür ist demnach eine weiter verbesserte Marktsituation. Das liege an mehreren Faktoren: schrittweise Abschaltung von Kernkraftwerken, deutlich höherer CO2-Preis, niedriges Gaspreisniveau und der starke Rückgang der Kohleverstromung.

Umweltschonend Energie erzeugen

Mark-E ist der Kraftwerksbetreiber in der Enervie-Gruppe und hat seinen Erzeugungs-Mix nach eigenen Angaben zuletzt deutlich „vergrünt“, dazu trug auch die Stilllegung der beiden Steinkohle-Blöcke im Kraftwerk Werdohl-Elverlingsen erheblich bei. Der deutliche Ausbau erneuerbarer Energien gehöre zur „Strategie 2025“.

Aktuell verfügt Mark-E laut Mitteilung über ein Kraftwerksportfolio von rund 600 Megawatt (MW) Leistung: Mit 417 Megawatt steht die stärkste Anlage in Herdecke. Hinzu kommen das Pumpspeicherwerk Finnentrop-Rönkhausen (140 MW), die größte Biomasseverstromungsanlage der Region (20 MW) in Hagen-Kabel, die Klärschlammverbrennungsanlage in Werdohl-Elverlingsen, drei Laufwasserkraftwerke, eine Windkraftanlage in Lüdenscheid sowie diverse Photovoltaikanlagen.

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Abschießender Hinweis von Mark-E: „Auch der Betrieb der GuD-Anlage Herdecke als ‘sauberste’ konventionelle Energieerzeugung im Vergleich zu Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken verbessert die Erzeugungs- und damit Klimabilanz.“