Herdecke. Die Theatermacherin und Künstlerin Rosi Reiß wird am 15. Januar 80 Jahre alt. Ein Blick auf ihr Lebenswerk.

Die Frau mit dem Fahrrad, so kennt sie in Herdecke (fast) jeder: Am Freitag, 15. Januar, wird Rosi Reiß 80 Jahre alt. Und obwohl sie gern feiert, wird es bei Rosi Reiß, Intendantin des Theaters am Stiftsplatz, zu diesem runden Geburtstag keine Party geben. Gratulanten dürfen, wenn überhaupt, nur solo ihre Geschenk abgeben und mit ihr auf Gesundheit und weitere gute Jahre anstoßen. "Ich fühle mich wohl, bin glücklich und zufrieden. Außerdem habe ich sonst immer toll gefeiert, da ist es nicht schlimm, dass es diesmal nicht geht", sagt die Herdeckerin mit Blick auf den Lockdown.

1969 nach Herdecke gekommen

1941 in Meerane in Sachsen geboren, kam die Wahl-Herdeckerin 1949 mit ihren Eltern nach Braunlage (Harz), wo sie den Studenten Alfred Reiß kennenlernte. 1963 schlossen sie den Bund fürs Leben und zogen 1969 in die Ruhrstadt. Rosi Reiß leitete - gemeinsam mit Freundin Ulla Biermann - zehn Jahre lang das Kinderturnen beim TSV und knüpfte durch sie erste Kontakte zum Stiftsplatztheater. Ihre ersten Schritte machte sie dort als Kulissenmalerin, sie schneiderte, kümmerte sich um Requisiten - kurz: Rosi Reiß war das Mädchen für alles. Aber sie stand auch als Schauspielerin auf der Bühne - u.a. als Martha in dem Edward-Albee-Ehedrama "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?". Im Jahr 2006 bekam sie schließlich von Anne Eileen Plümer, der Gründerin des Theaters, die Intendanz übergeben.

Passionierte Malerin

Neben ihrer Leidenschaft fürs Theater hat Rosi Reiß sich auch als Malerin einen Namen gemacht. Schon seit Kindertagen malt sie, nahm später an Workshops des Hagener Künstlers Uwe Nickel teil, besuchte Vorlesungen von Prof. Peter Schubert an der Uni Dortmund sowie einen Lehrgang von Reinhard Minkewitz an der Kunsthochschule Leipzig. Erst Ende der achtziger Jahre hatte sie sich unter dem Einfluss von Uwe Nickel in das Abenteuer der "freien Malerei" vorgewagt, was ihr eine gehörige Portion Mut abverlangte - so hat sie es jedenfalls einmal formuliert. Bis sie schließlich erkannte, dass gerade die Abstraktion völlig neue Wege eröffnete, Stimmungen und Gefühle zu verarbeiten, auszudrücken und dem Betrachter zu vermitteln. Viele ihrer Bilder haben eine Entstehungsgeschichte, die die Künstlerin bei Ausstellungen gern erläutert. Schemenhaft tauchen beim Betrachten gelegentlich Menschen, Personen in den Farbkompositionen auf, die sich dann wieder verlieren. Die Malerei von Rosi Reiß lässt Deutungen zu, legt den Betrachter nicht fest. Auch deshalb verzichtet die Herdeckerin darauf ihre Arbeiten zu benennen. Die Bilder sind schlicht und einfach numeriert.

Vorbereitung auf den Sommer

Auch das Stiftsplatztheater befindet sich derzeit im Lockdown: Weil in dem Zimmertheater bekanntermaßen die Bühne sehr klein ist, die Theatermacher aber ihre Hände nicht in den Schoß legen wollten, fiel ihre Wahl zuletzt auf ein Zwei-Personen-Stück, für das seit Herbst einmal in der Woche geprobt wurde. "Gut gegen Nordwind" von Daniel Blatthauer passe in die heutige Zeit, so Rosi Reiß. Es ist so etwas wie die moderne Version eines Briefromans über eine E-Mail-Liebe. Die Rollen sind besetzt mit Jürgen Mühl und Lili Requardt. Einmal in der Woche dienstags liefen die Proben, teilweise auch nur mit einem Darsteller. Dann kam Mitte Dezember der Lockdown. Und damit wurde der Premierenplan für Ende Februar im Ruhrfestsaal hinfällig. Zudem bereite sie aktuell drei Einakter für die Werdringer Schlossspiele im Sommer vor. "Denn wenn dann irgendwann wieder etwas möglich ist, wollen wir auch etwas anbieten können", sagt Rosi Reiß, die derzeit vieles mit ihren Darstellern am Telefon bespricht. Dann schmunzelt sie und sagt: "Auch eine Art Homeoffice."+++ Keine Nachricht aus Wetter und Herdecke verpassen: Hier für den täglichen Newsletter anmelden! +++ https://www.wp.de/staedte/herdecke-wetter/immer-die-neusten-nachrichten-aus-wetter-und-herdecke-id228405613.html