Herdecke. Die Ruhrgalerie in Herdecke ist ohne Galeristen. Werner Karmiol (77) hat aufgehört. Das hat er den Besuchern und einem Nachfolger zu sagen.
Acht Jahre lang hat Werner Karmiol (77) die Ausstellungen in der Ruhrgalerie in Herdecke organisiert. Als Galerist hat er aufgehört, seine Kontakte in die Kunstwelt und das eigene Interesse an Bildern und Skulpturen aber sind geblieben. Im Gespräch sagt der Herdecker, wie es für diesen kleinen Ort der Kunst weiter gehen kann.
Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Werner Karmiol: Bevor ich 1995 von Kamen nach Herdecke gewechselt bin, sind wir mit einem festen Kreis in Kamen einmal jährlich mit dem Schiff in Holland und Frankreich gefahren. Wir waren sechs Leute, darunter ein Künstler, der damalige Kulturreferent des Kreises Unna und ein Galerist. Wenn man dann abends noch im Salon sitzt und den letzten Schluck nimmt, steht das Thema fest. So bin ich zur Kunst gekommen. Diese Verbindung hat auch gehalten, als wir nach Herdecke gezogen sind. Damals auch habe ich in Italien einen Maler kennen gelernt, Bruno Gorlato. In Herdecke ging ich in einen Sprachkurs mit Helga König – der Galeristein der Ruhrgalerie. Ich habe sie gefragt, ob sie nicht einmal Arbeiten von Molato ausstellen möchte. Diese Ausstellung habe ich dann gehängt. Ich habe 2007 also als Helfer angefangen, und auch die Ausstellung Otmar Alt 2010 habe ich gehängt. Als Helga König 2011 aufgehört hat, habe ich mir gedacht: Das kann man doch machen.
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Welchen Stellenwert hat eine – so kleine – Galerie für Künstler?
Die Künstler haben alle ihre Sachen anliefern und auch wieder abholen müssen. Folglich muss schon ein Interesse an dieser Ausstellungsmöglichkeit bestanden haben. Die „richtigen“ Galerien zahlen meist einen der beiden Wege. Wenn also ein Künstler trotzdem in die Ruhrgalerie kommt, zeigt das schon einen gewissen Stellenwert. Die Ausstellungsgelegenheiten sind begrenzt. Von einem Künstler habe ich mal gesagt bekommen, dass selbst „so eine Galerie“ die Chance gibt, mal ein bisschen über den eigenen Tellerrand hinaus zu kommen. Das war auch mein Bestreben, immer über den Tellerrand hinaus zu sehen und Künstler aus der weiteren Region zu zeigen. Foren für heimische Künstler gibt es in der Stadt ja durchaus genug.
Welchen Stellenwert hat die Ruhrgalerie fürs Publikum?
Das Publikum war sehr gemischt, was auch daran lag, dass das Angebot sehr gemischt war. Einige Ausstellungen waren gut besucht, zumindest bei den Vernissagen. Was danach kommt, ist bei den Galerien überall eigentlich zum Verzweifeln. Das Feedback insgesamt war gut.
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Was war Ihre Lieblingsausstellung in diesen acht Jahren?
Meine liebste Ausstellung war die mit Frau Donié und die mit Professor Linke, der den Gauklerbrunnen in Dortmund gemacht hat. Ich bin mal an diesem Brunnen gewesen und konnte an dem Schild erkennen, von wem er stammt. Das könnte etwas sein, habe ich mir gedacht, zumal ich auch für Skulpturen eine kleine Schwäche habe. Dann habe ich ihn in Rheinhessen ausgemacht. Er ist kurz vor der Ausstellung sehr unglücklich in seinem kleinen Skulpturenpark von einer Leiter so zusagen in den Rollstuhl „gefallen“. Er war dann auf den Rollstuhl angewiesen, als die Ausstellung in Herdecke eröffnet wurde. Und Frau Donié hat diese Unterwasserbilder gemalt, die ein wenig an Aquarien erinnern. Beide Künstler waren so unkompliziert...
Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie für einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin?
Ich würde den Blick immer nach außen richten, auf Künstler von außerhalb. Ich habe dazu das Bestreben gehabt, immer Beides, Skulpturen und Malerei, zu zeigen. In letzter Zeit haben mich selbst besonders Zeichnungen angesprochen.
Was machen Sie jetzt mit Ihren vielen Kontakten?
Ich habe alle gebeten, mir von ihren Aktivitäten zu berichten. Letzten Sonntag war ich mit meiner Cousine und meinem Cousin in Essen im Offenen Atelier „Kunstspur“. Der Künstler von damals vom Schiff ist unterdessen Kunstprofessor in Reutlingen, auch mit dem habe ich noch Kontakt. In der Rolle des Kunstbetrachters bin ich weiterhin gerne.
Ist Kunst in Herdecke etwas Junges?
Die meisten Besucher haben ein gewisses Alter, vielleicht 40 plus. Irgendwann habe ich damit begonnen, meine Ausstellungszeiten von den Tagen her auszudehnen und nach hinten hin bis zum Beginn der Kinovorstellungen im Onikon gleich neben der Galerie. Aber deswegen ist das Publikum nicht unbedingt jünger geworden.
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Hatte die Kunst in der Ruhrgalerie etwas Politisches?
Nein. Das denke ich nicht. Politik und Kunst sind zwei verschiedene Dinge. Die Organisation der Kunst, wer das macht und wie das gemacht wird, könnte etwas Politisches sein, aber die Kunst an sich ist sozusagen in einem vollkommen freien Raum. Die Kunst an sich ist unpolitisch, obwohl manchmal versucht wird, sie für die Politik zu instrumentalisieren.
Wo sehen Sie den Platz der Ruhrgalerie in Beziehung zur Dörken-Galerie oder auch zu den Ausstellungsmöglichkeiten im Salon von Rani Sensen?
Rani hat ein bestimmtes Publikum und einen bestimmten Kreis von Ausstellern. Das sehe ich für die Ruhrgalerie nicht. Die Dörken-Galerie ist sehr speziell. Dazwischen verorte ich die Ruhrgalerie. Ich denke, dass sie genau in der Mitte liegt, aber mit dem Blick nach außen.